—— 241 Unternehmungen ſein ſollen. Das ſollen ſie in zweiter Linie ſein. Unſerer Auffaſſung nach ſollen die ſtädtiſchen Betriebe vor allen Dingen gemein⸗ nützige Anſtalten ſein, in denen auch gegenüber der Beamtenſchaft und vorzüglich gegenüber der Ar⸗ beiterſchaft das Prinzip der anſtändigen Bezahlung und Behandlung durchgeführt wird. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Es kommt nun in zweiter Linie in Frage — und damit glaubte auch der Herr Bürgermeiſter im Ausſchuß vor allem ſeine, unſere Forderung auf Wochenlöhne ablehnende Haltung motivieren zu können —, daß er ſagte: Ja, wenn wir die Arbeiter⸗ löhne jetzt aufbeſſern, wenn wir den Arbeitern fünfjährige Lohnfkalen uſw. ſicherſtellen, dann werden ſie vielleicht momentan beſſer bezahlt ſein als in privatinduſtriellen Betrieben, aber ſpäter ändert ſich draußen die wirtſchaftliche Lage, in den Privatbetrieben werden vielleicht in zwei bis drei Jahren die Arbeiter beſſer bezahlt, dann kommen die ſtädtiſchen Arbeiter der Stadt gegenüber mit Mehrforderungen, und wenn ihnen die nicht be⸗ willigt werden, dann ſtreiken ſie. — Das iſt eine Be⸗ fürchtung, die durch Geſchehniſſe in Charlottenburg jedenfalls nicht begründet werden kann. Ich meine, es iſt ganz ausgeſchloſſen, und es wider⸗ ſpricht der bisherigen Haltung, namentlich der organiſierten Arbeiterſchaft, in dieſer Art und Weiſe ihren Kontrahenten gegenüber vertragsbrüchig werden zu wollen. Gerade die Vertragstreue der organiſierten Arbeiter iſt allgemein anerkannt, und es iſt gar nicht zu befürchten, wenn ein Kontrakt oder ein Tarif in Form einer derartigen Lohn⸗ ſkala zwiſchen Stadt und ſtädtiſchen Arbeitern geſchaffen worden iſt, daß dann die ſtädtiſchen Arbeiter durchaus jede für ſie günſtig erſcheinende Bewegung auf dem Arbeitsmarkt benutzen werden, um der Stadt die Piſtole auf die Bruſt zu ſetzen; das iſt meiner Kenntnis der Dinge nach hier in Charlottenburg bei der ſtädtiſchen Arbeiterſchaft vollkommen ausgeſchloſſen. Nun ſollte man aber die Streikgefahr der Arbeiterſchaft gegenüber nicht immer ſo ſtark unterſtreichen; man ſollte nicht immer ſagen: die Arbeiter ſtreiken, wenn ihren Wünſchen nicht genügend Rechnung getragen wird. Herr Kollege Otto hat ja Bezug genommen auf ein hieſiges Lokalblatt, das zu dieſer Frage der Teuerungs⸗ zulagen Stellung genommen hat. Auch ich finde da in jenem Artikel folgende mir ſehr intereſſante Stelle: Innerhalb der einzelnen Beamten⸗ gruppen kann die Teuerungszulage je nach der Höhe des Gehalts ſich um Beträge von über 100 ℳ unterſcheiden, und es er⸗ ſcheint uns fraglich, ob die Arbeitsfreudigkeit der Be⸗ amten nich t beeinträchtigt wird, wenn die Notlage der Beamten gerade nach dem je⸗ weiligen Gehalte des Beam⸗ ten und nicht nach den tatſäch⸗ 1 iſchen Verhältuni ſſen abge⸗ ſchätz t wir d. Meine Herren, wenn Sie nur ſehen und leſen wollen, ſo finden Sie darin auch eine gewiſſe An⸗ reizung zur paſſiven Reſiſtenz. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Es kommt auch darauf hinaus, daß ſelbſt unter wiſſe Streikluſt einziehen kann. Die Gefahr beſteht alſo nicht immer allein bei der Arbeiterſchaft. (Zuruf.) — Es wird geſagt: Der Redakteur der „Neuen Zeit“ iſt nicht immer maßgebend. Das nehme ich ohne weiteres an. (Heiterkeit.) Wenn aber die Gewißheit beſteht, daß der Artikel ſchließlich gar nicht aus der Feder des Redakteurs gefloſſen iſt, ſondern daß er vielleicht die Auffaſſung gewiſſer Kreiſe vertritt, dann hat dieſer Artikel hier eine weſentlich andere Bedeutung. Wenn wir uns alſo gegen die Unvollkommen⸗ heiten des erſten Abſatzes des Antrages wenden, dann noch vielmehr gegen den zweiten Abſatz gegen den Abſatz b. Da muß ich offen geſtehen daß er meinen Freunden und mir in keiner Weiſe genügt. Wir würden gegen dieſen Vorſchlag ſein. Einmal gibt uns der Umſtand zur weiteſten Be⸗ fürchtung Anlaß, daß es in dem Abſatz heißt: es ſollen auf der Grundlage der Verbeſſerung von 7¼o% der jetzigen Gehälter Teuerungszulagen ge⸗ währt werden. Nun hat ja der Herr Referent mit Nachdruck ſchon darauf hingewieſen, daß durchaus nicht die Gefahr beſteht, daß dieſe 7/ % wirklich die Grundlage für die Reviſion des Normaletats im allgemeinen ſein würden. Es iſt ja möglich, daß das nicht der Fall iſt; die Summe, die der Satz von 7¼% im Verhältnis zu den allgemeinen Be⸗ amten⸗ und Arbeiter⸗Gehältern und Löhnen in Charlottenburg ausmachen würde, würde ja auch abſolut gar nicht der verhältnismäßig großen Summe von 1 Million Mark entſprechen, die im Etat ſteht und welche ungefähr 25% der jetzigen Totalgehaltsſumme ausmachen würde. (Stadtv. Otto: Die Hälfte, 13,08% ) — Aber ſelbſt wenn es 13% ſind — ich habe mit ungefähr 5 Millionen Mark gerechnet — — (Stadtv. Otto: Das iſt eben der Fehler, 7 Millionen!) — 7 Millionen — dann würden es ungefähr 13% ſein. Immerhin würde dieſer Satz von 7% ſelbſt dieſen 13% durchaus nicht entſprechen. Aber was uns noch zu weiteren Bedenken Veranlaſſung gibt, das iſt überhaupt die ganze Art und Weiſe, wie man hier die Teuerungszulage regeln möchte. Geht man nämlich von dem eigent⸗ lichen Anlaß zur Gewährung von Teuerungszu⸗ lagen aus, dann kommt man ſchließlich zu der Auf⸗ faſſung, daß die Teuerungszulagen im gewiſſen Sinne eine Entſchädigung für die ſtärkere wirt⸗ ſchaftliche Belaſtung des einzelnen oder einzelner Familien ſein ſollen. Ich meine, dieſe ſtärker werdende wirtſchaftliche Belaſtung trifft den einen nicht ſo ſtark wie den andern, ſie wirkt ungleich⸗ mäßig im Verhältnis zu dem größeren oder kleineren Kreis der von dem einzelnen zu unterhaltenden Perſonen. Deswegen ſcheint uns dieſer Antrag die ganze Frage ſchematiſch zu behandeln. Denn hier nimmt man wohl Rückſicht auf die jeweiligen Gehälter, die die einzelnen haben, man nimmt aber nicht Bezug auf die ſtärkere wirtſchaftliche Belaſtung; die Bedürfnisfrage bleibt in dem An⸗ trag im allgemeinen vollkommen unberückſichtigt; man hat den Unterſchied zwiſchen Ledigen) und Haushaltungsvorſtänden — ich möchte ausdrücklich nicht ſagen: Familienväter; denn es kann ja auch jemand Haushaltungsvorſtand ſein, ohne daß er Familienvater im eigentlichen Sinne des Wortes dieſen Umſtänden bei der Beamtenſchaft eine ge⸗ iſt — hier nicht in entſprechender Weiſe beachtet.