—— 244 — Herr Kollege Zietſch, glauben Sie das ſelbſt? (Stadtv. Zietſch: Ich ſage nichts, was ich nicht glaube!) Ich kann mir ein ſolches Verhalten der Arbeiter nicht vorſtellen und würde mich über Arbeiter wundern, die bei der Stadt ruhig billiger arbeiten, während ſie bei der Privatinduſtrie mehr ver⸗ dienen könnten. Ich glaube, die Arbeiter würden, wenn ſie bei der Stadt nicht eine Aufbeſſerung be⸗ kommen, zur Privatinduſtrie gehen. Und wenn Sie tatſächlich, Herr Kollege Zietſch, in einem ſo naiven Kinderglauben über die organiſierte Arbeiterſchaft befangen ſind, dann wundert mich das nur um ſo mehr bei Ihrer politiſchen Stellung, die Sie den Arbeiterklaſſen nahe bringt. Anſtändige Bezahlung der Arbeiter fordern wir nicht nur vom Magiſtrat, ſondern erwarten wir als etwas ganz Selbſtverſtändliches. Auf die gewinnbringenden Betriebe will ich nicht eingehen. Ob es allerdings gerade den Herren von dem linken Flügel der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung ſo außerordentlich angenehm ſein würde, wenn uns der Gasetat einmal mit 100 000 ℳ weniger vorgelegt würde und wir Umſchau halten müßten nach anderen Steuern, — ich glaube es nicht. Gewiß, unſere Betriebe ſollen keine reinen Erwerbsinſtitute ſein; aber daß auch darauf zu ſehen iſt, daß der Stadtſäckel ſich etwas füllt, ich meine, das liegt im Intereſſe der Geſamtheit Charlottenburgs. Ich weiß nicht, ob wir gerade in bezug auf Steuern der minder begüterten Klaſſen ſoweit gehen könnten, wie es tatſächlich der Fall iſt, wenn wir nicht auf der andern Seite durch ſtädtiſche Betriebe gewiſſe Überſchüſſe erzielen würden. Die Dinge liegen eben ſo: man kann nicht nur die Forderung ſtellen: das muß bewilligt werden, das muß gewährt werden —, ſondern man muß ſich auch fragen, woher die Mittel nehmen. Der Herr Vorredner hat ſich auf den einſeitigſten Klaſſenſtandpunkt geſtellt. Ich glaube nicht, daß das im Intereſſe der Kommune liegt, ich glaube auch nicht, im Intereſſe der Arbeiter. Ich möchte mich mit ein paar Worten zu dem Antrag Zietſch äußern. Der Antrag will die Teuerungszulage anders konſtruiert haben; er möchte die Teuerungszulage nach dem Grund⸗ gedanken bewilligt ſehen, der ſich in Poſition a findet, jenem Grundgedanken, den der Magiſtrat „ſtudieren“ ſoll: nämlich er will die Teuerungs⸗ zulage bemeſſen haben nach der Größe der Familie. Ich muß zugeben, daß, wenn dieſer Gedanke auf irgend einem Gebiete einen geſunden Kern in ſich hat, dann auf dem Gebiet der Teuerungszulage. Da wir aber zum Ausdruck bringen wollen, daß die Teuerungszulage in Anrechnung gebracht werden ſoll auf die ſpätere Gehaltszulage, ſo iſt meines Erachtens ſchon aus dieſer Erwägung heraus der Antrag Zietſch unannehmbar — es ſei denn, daß wir gleich mit dieſen Teuerungszulagen auch die Richtſchnur angeben für die Reviſion des Normal⸗ etats. Und da war es wiederum Herr Kollege Zietſch, der geſagt hat: nein, dieſe Teuerungs⸗ zulage ſoll kein Präjudiz ſchaffen, ſie ſoll nicht die Norm abgeben für den künftigen Normaletat. Dann hätte er ſeinen Antrag nicht ſtellen ſollen! Denn als er ſeinen Antrag ſtellte, betonte er ja gerade wieder, daß er mit dieſem Antrag die Richt⸗ ſchnur geben wollte für die Reviſion des Normal⸗ meiſter etats. Aus dieſen Erwägungen wird der Antrag! Zietſch für mich — und ich vermute, auch für einenſ eta großen Teil meiner Freunde — unannehmbar ſein, und wir werden uns über den Antrag des Aus⸗ ſchuſſes zu verſtändigen ſuchen. Nun, meine Herren, Teuerungszulagen nach einer wirklich idealen Gerechtigkeit zu bewilligen, iſt ebenſo ein Ding der Unmöglichkeit, wie Gehälter nach einer idealen Gerechtigkeit feſtzuſetzen. Wir können die Teuerungszulage bewilligen ſo oder anders; daß wir nicht allen Wünſchen werden ge⸗ recht werden, das wiſſen wir von vornherein. Wir können nur nach allgemeinen Geſichtspunkten vor⸗ gehen, und ich glaube, daß von dem Ausſchuß in der Beziehung das Richtige getroffen iſt. Ich möchte mich nun gleich mit ein paar Be⸗ merkungen zu dem äußern, was der Herr Bürger⸗ meiſter zu Poſition c ausgeführt hat. Sie bezieht ſich auf Penſionäre und Witwen; es ſollen da die gleichen Grundſätze angewendet werden wie bei Poſition b, bei den dort Bedachten, alſo 7½ %. Ich muß geſtehen, daß das, was der Herr Bürger⸗ meiſter vorgetragen hat, manches für ſich hat, und daß man zweifelhaft werden kann, ob tat⸗ ſächlich die Poſition o in ſolchem Umfange wird aufrecht erhalten werden können. Aber da ja auch der Herr Bürgermeiſter nicht in der Lage geweſen iſt, uns ganz klar zu ſagen: das und das wird der Effekt der Poſition « ſein, und das wird der Effekt ſein, wenn ſeinem Vorſchlage gefolgt wird, — ſo, meine ich, laſſen wir die Poſition c einmal als Forderung des Ausſchuſſes, und wir werden ab⸗ warten, was der Magiſtrat uns auf Grund der Poſition c unterbreitet. Wenn ſich tatſächlich die Dinge ſo entwickeln, wie der Herr Bürgermeiſter geſagt hat, dann werden wir wahrſcheinlich zu Abänderungen kommen. Aber zurzeit unſererſeits eine Abänderung vorzunehmen und an der doch wirklich wohldurchdachten Vorlage zu rütteln, dazu liegt keine Veranlaſſung vor. Herr Bürgermeiſter Matting hat uns dann eine Reihe ſchwebender Fragen hier vorgetragen, deren weitgehende Tragweite ich keinen Augenblick verkenne, und von denen ich mir ſagen muß, daß ſie für eine endgültige Reviſion des Normaletats von großer Bedeutung ſind. Ich habe mich bereits in voriger Sitzung nach der Richtung geäußert und darauf hingewieſen, daß hier eben das Übel ſich fortpflanzt, und zwar mit bedeutender Verſtärkung: daß das Reich nicht an die Reviſion gegangen iſt, hat auf Preußen gewirkt, und das wirkt wiederum auf die Kommunen zurück. Die Fragen, die der Herr Bürgermeiſter aufgeworfen hat, insbeſondere die Frage, die die Militäranwärter berührt, — ja, wann ſollen die ihre Erledigung finden? Sobald nicht! Und wenn der Magiſtrat bereit iſt, ſchleunigſt an die Reviſion des Normaletats zu gehen, ſpäte⸗ ſtens im Herbſt uns den Normaletat vorzulegen, — darüber wollen wir uns heute ſchon klar ſein, daß die ſchwebenden Fragen, die der Herr Bürger⸗ meiſter heute berührt hat, bis dahin ganz gewiß ihre Löſung nicht gefunden haben werden. Wir werden alſo ſehen, wie der Magiſtrat darüber hin⸗ wegkommen wird; denn unter keinen Umſtänden kann er abwarten, bis das Reich oder der Staat die Löſung der Fragen gefunden haben wird. Wir können nicht daran denken, zu warten, bis jene ſchwebenden Fragen dort ihre Löſung gefunden haben. Ich akzeptiere gern, daß Herr Bürger⸗ Matting ſeine und des Magiſtrats volle 4 41 zu ſchleuniger Reviſion des Normal⸗ erklärt hat. 2