läßt ſich natürlich ſehr ſchwer ſagen; Herren, Zufriedenheit und Unzufriedenheit bei einer Gehaltserhöhung laſſen ſich nicht ſtatiſtiſch ergreifen. Infolgedeſſen wird der Magiſtrat außer⸗ ſtande ſein, irgendwie authentiſches Material darüber herbeizuſchaffen, ob mit den Familienzulagen eine günſtige Wirkung erzielt iſt oder eine minder günſtige. Ich gehöre zu denen, die, wenn ſie Kennt⸗ nis davon bekommen, daß in einer andern Kom⸗ mune eine ſoziale Errungenſchaft ſich zeigt, dann eifrig beſtrebt ſind, auch in Charlottenburg ſie nach⸗ zumachen. Aber, meine Herren, was noch voll⸗ kommen in der Entwicklung iſt, was vielleicht nur die Idee eines ſozialen Gedankens hat, das nun auch gleich für uns in Beſchlag zu nehmen — ich meine, da ſollen wir doch etwas vorſichtig ſein und vor allen Dingen vorſichtig ſein bei der Reviſion des Normaletats, wo es mit dem Experimentieren hin und her nicht geht. Eine Sternwarte auf dem Reformrealgymnaſium können wir bewilligen; paßt ſie uns nach ein paar Jahren nicht, ſo können wir ſie wieder abbrechen; an dem Normaletat kann man nicht herumrütteln, nicht einzelne Stein⸗ chen herausbrechen. Wenn wir uns auf dieſe Familienzulagen feſtlegen, dann iſt es keineswegs möglich oder nur mit Überwindung der aller⸗ größten Schwierigkeiten und unter Hervorrufung der allergrößten Unzufriedenheit möglich, den Nor⸗ maletat wieder zurückzurevidieren und ihn auf einem anderen Fundamente aufzubauen. Es iſt daher die größte Vorſicht notwendig, ehe man dieſen Ge⸗ danken in dem Normaletat zu verwirklichen ſucht. Meine Herren, vielleicht iſt es heute auch ſchon eine ganz veraltete vorſintflutliche Anſchau⸗ ung, daß Gehalt und Lohn ein Entgelt für Leiſtungen iſt, die der Betreffende bietet. Ich halte aber daran noch feſt; ich meine, daß man in Gehalt und Lohn ein Entgelt zu ſehen hat für die Leiſtungen, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bietet. (Sehr richtig!) Sowie Sie aber mit den Familienzulagen kommen, geben Sie dem Gehalt einen ganz anderen Charakter. (Sehr richtig!) Dann wird das Gehalt nicht mehr bemeſſen nach den Leiſtungen des Betreffenden als Arbeiter, dann werden Imponderabilien in die Bemeſſung des Gehalts hineingebracht: die Größe der Familie uſw. Man iſt heute ja ſchon bemüht, an allen Ecken und Enden ſich in die Privatangelegenheiten hineinzumiſchen; daß man aber ſoweit gehen ſoll, nach den intimſten Privatangelegenheiten auch das Gehalt des Beamten zu bemeſſen — ich muß geſtehen, abgeſehen von ganz vereinzelten Fällen, iſt das doch tatſächlich ein vollkommenes Novum. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) — Wenn man hier von Familienzulagen ſpricht, ſo gibt man damit der Sache eigentlich den Charakter der Unterſtützung, (ſehr richtig!) und es kommt auch darauf hinaus. Man ſagt: wir haben das Gehalt nach einem gewiſſen Mini⸗ mum bemeſſen; mit dieſem Minimum kann der Ledige leben, vielleicht kann er noch gerade eine Familie gründen, wenn aber Familienzuwachs kommt, ſo kann er nicht mehr vom Gehalt leben, dann müſſen wir ihm eine Teuerungszulage geben. Nennen wir es doch auch Teuerungszulage, Kinder⸗ zulage, Familienbeihilfe — es gibt unendlich viele ſchöne Worte, die man dafür geben kann, und ich glaube, je draſtiſcher man dieſe Zulage bezeichnet, denn, meine deſto mehr iſt der ganzen Sache damit gedient. Meine Herren, die Zulage hat meines Erachtens alſo den Charakter der Unterſtützung und muß infolgedeſſen ſchon aus dieſem Geſichtspunkte ver worfen werden. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Aber tun wir einmal einen Blick in die Sta⸗ tiſtik, die vom Magiſtrat zur Verfügung geſtellt worden iſt. Meine Herren, die Zahl der Lehr⸗ perſonen, der Beamten, ausſchließlich der oberen, der auf Privatdienſtvertrag beſchäftigten Perſonen und der ſtändigen Arbeiter beträgt in Charlotten⸗ burg 2636, und die Zahl der hierunter begriffenen Beamten, Arbeiter uſw. mit Kindern beläuft ſich auf 1613, und von dieſen 1613 Perſonen haben nur 217 mehr als 3 Kinder und nur 96 mehr als 4 Kinder. Alſo ein verſchwindend kleiner Prozent⸗ ſatz! Und wegen dieſes verſchwindend kleinen Pro⸗ zentſatzes ſollen wir ein vollkommenes Novum für unſeren Normaletat ſchaffen, ſollen ihn auf einem ganz anderen Fundament aufbauen! Ich bin aber auch der Meinung, daß dieſe neue Gehaltsregelung nur dazu beitragen kann, die Un⸗ zufriedenheit in den Kreiſen der Arbeiter und der Beamten zu ſchüren. Es wird geſagt: wir appellieren an den Gemeinſinn der Beamten und der Arbeiter; der Beamte und der Arbeiter iſt von einem ſolchen Gemeinſinn erfüllt, daß er mit wahrer Herzens⸗ freude mit ſeinem geringen Gehalte zufrieden iſt, weil er ſich ſagt: dein Mitarbeiter hat eine große Familie und muß ein höheres Gehalt bekommen. Meine Herren, ich ſchätze auch den Gemeinſinn der Arbeiter und Beamten Charlottenburgs außeror⸗ dentlich hoch ein. Ob er aber ſoweit geht, wie hier angenommen iſt — da möchte ich mir doch erlauben, ein Fragezeichen zu machen. Und nun die Konſequenzen! Es kann ja geſagt werden: wir brauchen uns heut noch nicht darüber den Kopf zu zerbrechen. Mir liegt allerdings viel daran, heute ſchon, ſoweit möglich, Klarheit darüber zu gewinnen. Ich möchte Ihnen als Konſequenzen bloß ein paar Momente vortragen. Nehmen Sie einmal an, daß dieſe Teuerungszulage vom vierten Kinde ab bewilligt wird. Das Kind ſtirbt. Soll der Familie dann die Teuerungszulage wieder ge⸗ nommen werden, ſoll dann das Gehalt des Beamten in dem Momente wieder herabgeſetzt werden, wo der Haushalt möglicherweiſe gerade durch die Krank⸗ heit des Kindes erhebliche Verluſte erlitten hat? Und wiederum, wollen Sie dieſem Haushalt als Be⸗ lohnung dafür, daß einmal ein viertes Kind dort geweſen iſt, die Teuerungszulage belaſſen? Meine Herren, ein vollſtändiger Widerſinn! Oder nehmen Sie an: es kommt jemand auf den Gedanken, ein Kind zu adoptieren. Dann muß er erſt die Genehmigung des Magiſtrats dazu haben, denn ſelbſtverſtändlich würde er für das adoptierte Kind Anſpruch auf die entſprechende Teuerungs⸗ zulage erheben. Dann aber vor allen Dingen — das iſt ja in den Debatten heute hier ſchon berührt worden —: es ſind doch nicht immer bloß die un⸗ mittelbaren Familienangehörigen, die dem Fami⸗ lienſtande beſondere Unkoſten verurſachen. Es iſt, glaube ich, Herr Kollege Zietſch geweſen, der darauf aufmerkſam gemacht hat, daß es ſehr wohl denkbar iſt, daß ein Beamter, ein Arbeiter ſonſtige Ver⸗ pflichtungen hat, denen er gerecht werden muß, Verpflichtungen, die ihn vielleicht mindeſtens ebenſo drücken wie den Familienvater, der 3, 4 oder 5 Kinder hat. Ferner, meine Herren, halte man ſich