Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsordnung): Ich bitte Herrn Kollegen Crüger, ſobald es vorliegt, ſich Einſicht in den unkorrigierten ſtenographiſchen Bericht meiner bisherigen Ausführungen zu ver⸗ ſchaffen⸗ Er wird daraus erſehen, daß ich nicht geſagt habe, irgend ein Verhalten hier widerſpräche den guten Gebräuchen, die zu herrſchen haben, ſondern daß ich geſagt habe, es würde den guten Gebräuchen widerſprechen, wenn ein von mir be⸗ ſtimmt charakteriſiertes Verhalten eintreten würde, das eben bis jetzt nicht eingetreten iſt, f1 12 ( Lachen) nämlich wenn diejenigen Herren, welche an der Ver⸗ handlung auch nicht paſſiv teilnehmen, dann den Schluß der Diskuſſion herbeiführen. Weiter wollte ich noch folgendes bemerken. Es ſind einige Anträge, einige Amendements von dem Herrn Vorſteher verleſen und mit zur Debatte ge⸗ ſtellt worden, auf die noch mit keinem Worte in der Diskuſſion eingegangen wurde, von keinem der Herren Redner. Zwei dieſer Amendements ſind von mir geſtellt, und ich würde es allerdings für einen guten Gebrauch halten, wenn die Debatte nicht geſchloſſen wird, bevor dieſen Antragſtellern das Wort verſtattet iſt, und bevor dieſe Anträge eben auch etwas beleuchtet ſind. Stadtv. Vogel I (zur Geſchäftsordunng): Meine Herren, ich beantrage zweite Leſung der Druck⸗ ſache Nr. 193. Vorſteher Kaufmann: Die zweite Leſung iſt ja unſere heutige. (Widerſpruch bei den Sozialdemokraten.) Unſere Geſchäftsordung ſchreibt in dieſer Beziehung vor — Herr Kollege, Sie geſtatten, daß ich den § 17, ſoweit er ſich hierauf bezieht, vorleſe —: Abgeſehen von der durch die Einſetzung eines Ausſchuſſes notwendig werdenden zweiten Beratung — alſo heute iſt die zweite Beratung — findet eine ſolche nur dann ſtatt, wenn ſie von einem Mitgliede oder dem Magiſtrat vor Be⸗ ginn der Abſtimmung verlangt wird. Letztere darf jedoch in derſelben Sitzung nicht vor⸗ genommen werden, ſobald bei Beginn der. zweiten Beratung 10 Mitglieder Widerſpruch dagegen erheben. Erfolgt dieſer Widerſpruch, ſo findet die zweite Beratung in der nächſten Sitzung ſtatt. Eine zweite Beratung eines Ausſchußberichtes würde daher ausnahmsweiſe beantragt werden. Stadtv. Zietſch (zur Geſchäftsordnung): Ich möchte der Interpretation des Herrn Vorſtehers widerſprechen. (Vorſteher Kaufmann: Ich habe nicht interpretiert, ich habe vorgeleſen!) —Ich möchte dann der Auslegung des Paragraphen widerſprechen. Ich weiſe darauf hin, daß ja das nicht die zweite Leſung ſein kann, weil uns in der letzten Plenarſitzung eine Magiſtratsvorlage nicht vorgelegt worden iſt; es drehte ſich damals nur um eine Anregung, die bei Beratung des Kapitels All⸗ gemeine Verwaltung gegeben worden war. Dieſer Antrag des Ausſchuſſes iſt tatſächlich eine für ſich allein daſtehende und jetzt zum erſten Male im Plenum vorgebrachte Vorlage. Wir haben dem⸗ nach die zweite Leſung noch nicht vorgenommen, ſondern das iſt heute die erſte Leſung, und die zweite Leſung ſteht uns noch bevor. 255 — Vorſteher Kaufmann: Ich möchte darauf er⸗ widern: ich bin dem Herrn Kollegen dankbar, daß er — Interpretation oder Auslegung würde ich natürlich als dasſelbe betrachten — hier eine Inter⸗ pretation zuläßt, und da interpretiere ich unſere Geſchäftsordnung dahin, daß, da keine Magiſtrats⸗ vorlage vorliegt, überhaupt weder von einer erſten noch einer zweiten Leſung die Rede ſein kann, (Zurufe bei den Sozialdemotraten.) ſondern es iſt unſer Beſchluß der letzten Verſamm⸗ lung zur Beratung geſtellt worden. Der Wortlaut des § 17 bezieht ſich auf Vorlagen des Magiſtrats, und eine Vorlage haben wir zurzeit überhaupt nicht, die Verſammlung befindet ſich in einer Beratung außerhalb der Behandlung des § 17. Stadtv. Dr. Crüger (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren, ich muß geſtehen, ich begreife die Interpretation des Herrn Kollegen Zietſch gar nicht. § 17 bezieht ſich, ſoweit ich überſehen kann, auf alle Anträge und Vorlagen, über die die Stadtverord⸗ netenverſammlung zu beraten in die Lage geſetzt werden ſoll. Der erſte Teil handelt davon, wann die Beratung über Vorlagen des Magiſtrats oder ſelbſtändige Anträge von Mitgliedern erfolgen kann, und dann heißt es weiter: „Abgeſehen von der durch die Einſetzung eines Ausſchuſſes notwendig werden⸗ den zweiten Beratung . .“ Daraus kann ſich doch bei Anwendung einiger Logik nur ergeben, daß dann, wenn ein Ausſchuß eingeſetzt worden iſt, eine zweite Beratung unbedingt notwendig iſt. Das liegt hier vor. Wir haben eine Beratung hinter uns, denn es iſt ein Ausſchuß eingeſetzt geweſen, und heute haben wir die zweite Beratung. (Sehr richtig!) Alſo abgeſehen von den Fällen, in denen die zweite Beratung ganz von ſelbſt erfolgt, unvermeidlich iſt, „findet eine ſolche nur dann ſtatt, wenn dies von einem Mitgliede oder dem Magiſtrat uſw. verlangt wird“, nämlich dann, wenn ein Ausſchuß in der Zwiſchenzeit nicht getagt hat, (ſehr richtig!) ſondern wenn ſofort im Plenum die Angelegenheit weiter beraten wird. Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren, in bezug auf die Auslegung des § 17 teile ich die Auffaſſung, die der Herr Vorſteher und Herr Kollege Dr Crüger entwickelt haben. Ich kann zu meinem Bedauern die Auffaſſung meines Kollegen Zietſch nicht teilen, daß wir gegen⸗ wärtig in der erſten Leſung ſtehen, ſondern ich kann nach dem Inhalt des Paragraphen nur die Auffaſſung vertreten, daß wir gegenwärtig in der zweiten Leſung ſtehen. Ich gebe zu, daß man dar⸗ über ſtreiten kann, ob, wenn eine Vorlage und Anträge vom Ausſchuß erſt formuliert werden, dann nicht doch das erſt eine erſte Leſung der Aus⸗ ſchußanträge wäre, und eine zweite Leſung zu⸗ läſſig ſein würde. Aber, meine Herren, ein even⸗ tueller Streit darum ſcheint mir im gegenwärtigen Moment gar nicht angebracht, da wir vorläufig ja nicht am Schluſſe irgendeiner Leſung ſtehen. Ein Schlußantrag iſt zwar eingegangen, aber ein Schlußantrag iſt vorläufig nicht angenommen, und wenn dieſer Schlußantrag abgelehnt wird, dann fahren wir doch in der Beratung fort. Ein Antrag auf zweite Leſung würde doch nur dann einen Sinn haben, wenn die Beratung abgeſchloſſen wäre und wir nun zu einer Abſtimmung kommen