kommen, daß beſoldete Stadträte mit ihrer Be⸗ zahlung nicht zufrieden geweſen ſind und ſich nach einer Verbeſſerung ihrer Lebenslage umgeſehen haben. Dieſelbe Möglichkeit muß auch dem Ar⸗ beiter offen ſtehen. Wenn der ſtädtiſche Arbeiter mit dem nicht mehr auskommen kann, was ihm die Stadt gibt, ſo muß es ihm ſelbſtverſtändlich frei ſtehen, von ſeinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen. 3 iet ft (Sehr richtig!) Das iſt aber keine Vertragsuntreue, Herr Bürger⸗ meiſter! Ihre Ausführungen deuten ſchließlich darauf hin, daß dieſe „Vertragsuntreue“ mit Streik und mit Ausſperrung zuſammenfallen muß. Herr Dr Crüger bezeichnet die Vertretung meines Standpunktes als die einſeitigſte Arbeiter⸗ politik. Das trifft umgekehrt auf Herrn Dr Crüger zu: einſeitig iſt er in der Beurteilung der Arbeiter⸗ fragen, und es ſcheint ihm ſehr gegen den Strich zu gehen, wenn man auch dem Arbeiter gewiſſe Rechte, gewiſſe Vorausſetzungen, die man auch anderen als Ehrenperſonen uſw. zuerkennt, zugeſtehen will. Hätte Herr Dr Crüger nicht mit beſonderer Verve verſucht, die Beamten gegen uns auszuſpielen und gegen uns ſcharf zu machen, ſo hätte ich gar nichts darüber zu ſagen gehabt. Sie haben mir aber direkt etwas interpretiert, was nicht zutrifft. Ich habe mit keinem Worte den Beamten irgend einen Vorwurf der Gierigkeit gemacht oder ihnen vor⸗ geworfen, daß ſie beſondere Intereſſen gegenüber den Intereſſen der Arbeiter verfolgten. Ich habe mich im Gegenteil auf den Standpunkt geſtellt und ſtehe noch heute darauf — meine ganzen übrigen Ausführungen zeugen davon, meine Freunde und ich ſtehen vollkommen auf dem Boden des erſten Teils des Antrags —, daß wir voll und ganz für die Forderungen der Beamten eintreten, das Höchſtgehalt früher zu erreichen, die Wartezeit abzukürzen. Herr Dr Crüger warf mir aber auch Selbſt⸗ verſtändlichkeiten, allgemeine Plattheiten in meinen Ausführungen vor. Dieſer Vorwurf iſt mir nicht neu; Herr Dr Crüger dürfte vielleicht Gelegenheit gehabt haben, das irgendwo anders auch zu leſen. Aber ich nehme lieber den Vorwurf in Kauf, etwas Nichtsſagendes geſagt zu haben, als daß ich mir den Vorwurf gefallen laſſen müßte, der Herrn Dr Crüger von verſchiedenen Seiten heut gemacht wurde: recht rückſtändige Anſchauungen vertreten zu haben. (Stadtv. Dr Crüger: Im Gegenteil!) Herr Dr Crüger ſtellt ſich auf den Standpunkt, es ſei eine ganz platte Selbſtverſtändlichkeit, daß wir den Arbeitern gegenüber unſere Verpflichtungen einlöſten, wenn die Arbeiter nur uns gegenüber ihre Verpflichtungen erfüllten. Das drückte er durch die Worte aus: die Arbeiter müſſen ihre Pflicht tun. Gewiß, ſie müſſen, ſoweit ſie Ver⸗ pflichtungen gegen die Stadt eingegangen ſind, dieſe ebenſo gut erfüllen wie die Beamten. Aber ich meine, es iſt nicht immer der Fall geweſen, daß die Stadt in entſprechender Weiſe den Arbeitern gegenüber ihre Verpflichtungen eingelöſt hat. Es liegen verſchiedene Petitionen der Arbeiter an den Magiſtrat vor, auf die bis heute noch nicht ge⸗ antwortet worden iſt (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das iſt doch kein entſprechendes Entgegenkommen gegenüber der Arbeiterſchaft, von der man quasi verlangt, ſie ſolle ihre Verpflichtungen gegenüber 257 der Stadt einſeitig einhalten. Es kommt hinzu, daß ja auch die Arbeiterfreundlichkeit, von der Sie hier als einer ſelbſtverſtändlichen Anſicht der Mehrheit der Stadtverordnetenverſammlung und des Magiſtrats ſprechen, ſchon in verſchiedener Weiſe anders ausgelegt und bekundet worden iſt, wie es Herr Dr Crüger glaubte in den Vordergrund der Debatte ſchieben zu müſſen. Ich erinnere an die Arbeitszeitverkürzung, an die Durchführung des neunſtündigen Arbeitstages in den ſtädtiſchen Betrieben, an die Bezahlung der Überarbeitszeit uſw. Da hat die Mehrheit der Freunde des Herrn Dr Crüger — ich weiß nicht, ob er ſelbſt dabei war — einen weſentlich anderen, der Arbeiterſchaft un⸗ günſtigen Standpunkt eingenommen. Und nun ſagt Herr Kollege Dr Crüger: von ſchlechter Be⸗ handlung der Arbeiterſchaft könnte man nicht ſprechen, und in letzter Linie würden die Arbeiter ſelbſt das nicht unterſchreiben, was ich hier an⸗ ſcheinend in ihrem Intereſſe geſagt habe. Ich gebe ohne weiteres zu, der Begriff ſchlechte Be⸗ handlung oder ſchlechte Bezahlung der Arbeiter iſt ſehr relativ zu nehmen, er wechſelt je nach der ſubjektiven Auffaſſung des einzelnen. Darum ſteht auch für mich die Frage offen, ob das, was Herr Dr Crüger für die Arbeiter als gut bezeichnet, tatſächlich für die Arbeiter gut iſt und ob ſie ſelbſt es als etwas Gutes empfinden, was Herr Dr Crüger für die Arbeiter als gut anſieht. Ich weiß nament⸗ lich, daß das, was Herr Dr Crüger heute durch ſeine Rede hindurchblicken ließ, als wenn es etwas Gutes für die Arbeiter ſein könnte, von den Ar⸗ 24 nicht als etwas Gutes angeſehen werden wird. Endlich noch ganz kurz ein Wort über die Be⸗ fürchtung des Herrn Kollegen Dr Crüger gegenüber der durch die Erziehungsbeihilfe hervorzurufenden Topfguckerei in den einzelnen Familien, deren Ernährer bei der Stadt beſchäftigt ſind. Herr Kollege Dr Crüger ſteht da auch auf ſtreng man⸗ cheſterlichem Standpunkte, daß man in das Privat⸗ leben des einzelnen ſo wenig wie möglich eingreifen ſoll; das iſt ihm ein gewiſſer Greuel. Er drückte ſeine Antipathie gegen die Familienzulage oder Erziehungsbeihilfe dadurch aus, daß er ſagte: die Familienbeihilfe würde in letzter Linie eine Unterſtützung für die betreffenden Beamten oder Arbeiter ſein, d. h. eine Unterſtützung, die vielleicht nicht verdient wäre. Er ſagte, die Erhöhung und Verbeſſerung der Gehälter und der Löhne könnte ſich nur durch eine geſteigerte Tätigkeit des ein⸗ zelnen, durch eine erhöhte Verpflichtung gegenüber der Stadt begründen laſſen. Ich weiß nicht, ob Herr Dr Crüger dieſen Standpunkt immer ver⸗ fechten und aufrechterhalten wird. Der nächſte nach den Neuwahlen zuſammentretende preußiſche Landtag wird ſich auch mit der Erhöhung eines gewiſſen Gehaltes zu beſchäftigen haben; auch da wird man vielleicht die Erhöhung des betreffenden Gehalts mit dem Anwachſen der Familie und den größer werdenden Verbindlichkeiten in bezug auf Gewährung von größeren Apanagen uſw. be⸗ gründen. Dann würde es mich ſehr freuen, wenn Herr Kollege Dr Crüger als neu gewählter Land⸗ tagsabgeordneter den Standpunkt vertreten wird: keine Erhöhung der Zivilliſte, wenn ihr nicht ſeh größere perſönliche Mehrleiſtung gegenüber⸗ ſteht. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. — Stadtv. Dr Crüger: Alimentationspflicht!)