274 Freunde zu ſprechen — dem Magiſtrat ſehr ans Herz legen, wenn die Bitte um Mitwirkung an ihn heran⸗ tritt, ſich mit vollem Herzen dieſer Mitwirkung zur Verfügung zu ſtellen. Die Außerung des Herrn Oberbürgermeiſters über die poſitiven Ergebniſſe die da gezeitigt werden würden, klang ja ein bißchen allgemein, etwas myſteriös. Nach meinen In⸗ formationen wird von ſeiten des Kammergerichts⸗ präſidiums verhandelt, und zwar unter Zuziehung auch eines Vertreters der Stadt Berlin. Es wäre alſo durchaus möglich, daß, wenn dieſer Gedanke greifbare Geſtalt annimmt, auch Vertreter der Magiſtrate der übrigen Städte herangezogen werden, und es wäre ſehr wünſchenswert, wenn der betref⸗ fende Vertreter unſeres Magiſtrats der ganzen Frage ſchon jetzt ſeine Aufmerkſamkeit zuwenden würde. Ich lege meinerſeits — ich glaube, das iſt ſo die Richtung, wie ſie in den letzten Monaten ſich herausgebildet hat — das allergrößte Gewicht auf die Bildung der ſogenannten Fürſorgeausſchüſſe. Dieſe Fürſorgeausſchüſſe ſtehen teilweiſe unter dem Magiſtrat; es ſchlägt in die Schulverwaltung hinein: teilweiſe ſind ſie in freierer Weiſe gebildet. Sie ſollen zuſammengeſetzt ſein aus verſchiedenen Per⸗ ſonen, die die Fürſorgevereine präſentieren, aus Lehrern, Arzten uſw., und ihre Tätigkeit wäre dann in hervorragendem Maße eine gutachtliche Tätigkeit. Wenn alſo eine Anzeige gegen einen Jugendlichen erfolgt und das Strafverfahren eingeleitet wird, dann ſoll ſofort die Sache an den Fürſorgeausſchuß gegeben werden: durch die Damen, die in dem Fürſorgeausſchuß ſitzen, werden die nötigen Re⸗ cherchen vorgenommen, und ehe es zur ſtrafrecht⸗ lichen Verfolgung kommt, ſoll der betreffende Staats⸗ anwalt bereits das volle Material über den Jugend⸗ lichen haben und ſich entſchließen, ob er öffentliche Klage erheben ſoll oder nicht, weil der jugendliche Täter die erforderliche Einſicht nicht beſitzt. Dieſe Tätigkeit des Fürſorgeausſchuſſes würde jedenfalls zum Teil wenigſtens in die Tätigkeit der ſtädtiſchen Verwaltung hineinfallen, und es würde möglich ſein — ich knüpfe an eine Unterredung an, die ich mit dem Herrn Stadtſchulrat gehabt habe —, wenn die Sache greifbare Geſtalt angenommen hat, daß die Schuldeputation ſich mit der Frage befaßt, wie 1 die Fürſorgeausſchüſſe in beſter Weiſe zuſammen⸗ etzen. Ich möchte nochmals meine Freude ausſprechen — ich war bei der Einbringung des Antrages nicht beteiligt —, daß die Sache aus unſerer Mitte zur Anregung gekommen iſt, und daß, wie ich geſehen habe, unter den Unterzeichnern des Antrages ſich Perſonen der verſchiedenen Parteien dieſes Saales befinden. (Bravo!) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Der Herr Vorredner hat geſagt, daß ich mich myſteriös aus⸗ gedrückt habe. Ich meine, ich habe mich nicht myſteriös, ſondern klar, aber vorſichtig ausgedrückt. Ich kann Ihnen nicht ſagen, wie der Magiſtrat ſich zu der Frage ſtellen wird, da er ſie noch nicht ge⸗ prüft hat. Ich kann Ihnen auch nicht ſagen, wie ich ſelbſt mich zu den praktiſchen Vorſchlägen ſtellen werde, die von den Staatsbehörden an uns herantreten werden, da ich die Vorſchläge noch nicht kenne. Sie werden ferner zugeben, es wird uns allen dieſe Materie ziemlich neu ſein; gehört haben wir ja alle davon, aber über die Ausführung der Gedanken ſind wir uns alle noch nicht klar. Man wird eine ſolche neue Sache genau prüfen müſſen; denn ſie iſt von weittragender Bedeutung. Des⸗ halb habe ich vorſichtig geſagt, daß ich perſönlich, wie der Herr Referent, prima vista der Sache mit Wohlwollen entgegentrete. Ich wünſche auch, daß die Auswüchſe des Verbrechertums gerade unter den Jugendlichen ſo viel wie möglich abnehmen, und werde ſehr gern — und ich bin überzeugt: mit mir der Magiſtrat — die Hand bieten, wenn nach dieſer Richtung praktiſche Vorſchläge an uns heran⸗ treten, ſie anzunehmen. Aber die Prüfung, ob dieſe Vorſchläge praktiſch ſind und die Dinge, die in Szene geſetzt werden ſollen, auch wirklich Erfolg verſprechen, muß ich natürlich dem Magiſtrat vor⸗ behalten. Infolgedeſſen habe ich mich vorſichtig ausdrücken müſſen. Aber ich habe noch e inmal das Wort genommen, um zu ſagen, daßich aus dieſer vorſichtigen Ausdrucksweiſe nicht geſchloſſen haben möchte, daß ich Gegner der Sache bin, oder daß ich fürchte, daß der Magiſtrat Gegner ſein könnte. Ich hoffe, daß auch wir, ebenſo wie der Herr Referent, durchaus bemüht ſein werden, die Dinge in prak⸗ tiſche Wege zu leiten. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Antragſteller Stadtv. Schwarz (Schlußwort): Ich möchte nur noch wenige Worte hinzuſetzen. Ich hoffe ja, daß die obligatoriſche Fortbildungs⸗ ſchule durch den ſittlichen Einfluß, den ſie auf die jungen Leute von 14 bis 18 Jahren ausübt, uns dazu helfen wird, das Verbrechen zurückzudämmen. Diejenigen Kinder aber, die erſt das 12. Lebensjahr vollendet haben, alſo vor den Jugendgerichtshof geſtellt werden, und die, weil ſie die zur Erkenntnis der Strafbarkeit ihrer Handlung erforderliche Ein⸗ ſicht beſeſſen haben, beſtraft worden ſind, werden, da ſie ja doch die Gemeindeſchule noch beſuchen müſſen, bis zum vollendeten 14. Lebensjahre wieder dahin zurückgeſchickt. Darin liegen für die anderen Schüler Gefahren, und da hier die geſetz⸗ lichen Handhaben nicht ausreichen, ſo iſt, um der Schule die Möglichkeit zu geben, einerſeits gerichtlich beſtrafte Kinder zu retten, anderſeits die übrige Kinder gegen einen ungünſtigen Einfluß jener zu ſichern, der Gedanke aufgetaucht, das Schulſtraf⸗ recht beſonders auszubauen, und das iſt eine An⸗ gelegenheit, die natürlich unſere neugebildete Volks⸗ ſchuldeputation in allerhöchſtem Maße intereſſieren muß. Es fiele ihr damit die Aufgabe zu, mitzu⸗ wirken bei der Löſung des Problems: „Inwiefern iſt die Gewalt, die die Schule der Jugend gegen⸗ über beſitzt, im Hinblick auf das zukünftige Glück ihrer Zöglinge zu verſtärken, damit ſie eine Schule fürs Leben ſei, die der Aufgabe gewachſen iſt, den größtmöglichen Prozentſatz der ihr anvertrauten Jugend vor gerichtlicher Beſtrafung zu 46 und damit für das Leben zu retten?“ Vorſteher⸗Stellvertr. Dr. nbatſch: Sie wün⸗ ſchen zur Geſchäftsordnung das Wort, Herr Kollege Vogel? Zur Sache kann ich es Ihnen nicht mehr Sie hätten ſich vorher melden müſſen. Stadtv. Bogel I: Zu den Ausführungen über Schulſtrafen hätte ich mir einige Bemertuugen erlaubt; aber es iſt ja zu ſpät.