——. 278 eben durch dieſe ſchnelle Verbindung erfreuen, Charlottenburg gegenüber dieſen Vororten, daß dieſe Vorteile wieder genommen werden. Es iſt vorhin davon geſprochen worden, daß man im Herrenhauſe von einer goldenen Mittel⸗ ſtraße geſprochen hätte, die man einhalten würde. Ich bin überzeugt: das werden die Herren, die das jetzt geſagt haben, wohl auch denken; ſpäter, fürchte ich, wird es aber nur eine goldene Straße ſein; man wird das „Mittel“ weglaſſen, und es wird nur eine Straße ſein, die recht viel Gold in den Staatsſäckel führt, ganz unbekümmert darum, was die Bewohner der Städte dazu ſagen. Ich glaube, daß die Be⸗ wohner der großen Städte, die doch einen enormen Anteil der Steuern aufbringen, die der preußiſche Staat verbraucht, ein gewiſſes — und zwar recht großes — Recht haben, daß man in dieſer Beziehung auch auf ihre Erholungsbedürftigkeit Rückſicht nimmt, auf die Erholungsbedürftigkeit, die zum Teil durch dieſelben Umſtände ihnen genommen wird, die dem Fiskus Geld zuführen. Ich lege ganz be⸗ ſonderen Wert darauf, worauf Herr Kollege Stadt⸗ hagen zuletzt angeſpielt hat, daß gerade das, was unſerer märkiſchen Landſchaft das Charakteriſtikum gibt und ſie dafür entſchädigt, daß ſie Berge nicht beſitzt, die die Umgebung Wiens z. B. hat, daß die Verbindung von Waſſer und Wald ihr inſoweit erhalten bleibt, daß ſie nicht nur diejenigen erfreut, welche in der Kage ſind, ſich dort Villen zu bauen, ſondern auch diejenigen, die Wald und Waſſer auf⸗ ſuchen wollen, um ſich zu erholen, daß aber nicht die ſchiffbaren Flüſſe und Kanäle, die in Frage kommen, allein für induſtrielle Unternehmungen nutzbar ge⸗ macht werden und nicht über den Rahmen desjenigen hinaus, was den Aufenthalt im Walde durch Ge⸗ bäude und ſo weiter ungenießbar und unerfreulich macht. Man glaubt, das kann nicht ſo leicht paſſieren; aber ich möchte Sie auf den kleinen Wannſee hin⸗ weiſen, deſſen Weſtufer vor vielen Jahren, wie ich es aus eigener Beobachtung ſehr genau kannte, den Berliner Ausflüglern ein angenehmer Lagerplatz war, wo ſie im und am Waſſer ihre Erholungsſtun⸗ den zubringen konnten. Dieſes ganze Terrain gehörte einem prinzlichen Fideikommiß, und man glaubte, es würde nie verkauft werden können. Heute iſt es anders: es gehört einer Terraingeſell⸗ ſchaft, und ſoweit nicht ſchon Villen darauf ſtehen, iſt es durch große Zäune für das große Publikum abgeſperrt. Das eine Ufer des großen Wannſees iſt ſchon längſt von Villen eingenommen, und für das andere Ufer, wo heute das Freibad ſteht, ich fürchte, wird auch einmal die ſchwere Stunde für den Miniſter kommen, er wird dieſe ſchönen Terrains dem Baubedürfnis opfern, und dann würde dieſer, der ſchönſte See vielleicht, den wir in der Umgebung Berlins haben, für das große Publikum auch ge⸗ ſtrichen ſein. Das ſind alles Umſtände, die dafür ſprechen, daß wir alle Veranlaſſung haben, uns recht energiſch mit dieſer Frage zu beſchäftigen, und die beweiſen, daß wir im Intereſſe unſerer Bevölkerung handeln, wenn wir ſie recht ernſt nehmen. Ich glaube, jeder einzelne könnte aus ſeiner eigenen Erfahrung noch eine ganze Reihe von Beiſpielen anführen. Es handelt ſich meiner Anſicht nach nicht allein um den Grunewald, ſondern auch um die Wälder im Oſten und Norden Berlins, die ebenſogut erhalten werden müſſen; da dort kleinere und ſchwächere Kommunen ſind, die nicht ſo viel durchzuſetzen vermögen wie die reiche Stadt Charlottenburg, ſo iſt es meiner Anſicht nach eine Pflicht der Kollegialität für wir dieſe Beſtrebungen, die ſich im Waldſchutzverein zuſammenfaſſen, recht eindringlich unterſtützen. Wir können es ſonſt wirklich noch erleben, daß die Anek⸗ dote zur Wahrheit wird, daß man irgendwo im Weſten der Stadt Charlottenburg an einer Tafel leſen wird: „Hier hat einſtens der Grunewald ge⸗ ſtanden!“ (Heiterkeit) Wir werden es nicht erleben; ich möchte es aber auch wünſchen, daß unſere Nachkommen dieſe ominöſe Tafel nicht zu Geſicht bekommen. Deshalb möchte ich an den Magiſtrat die Bitte richten, ſich dieſen Beſtrebungen ſo freundlich wie möglich gegenüber⸗ zuſtellen; ich bin feſt überzeugt: in der Stadtverord⸗ netenverſammlung wird er ſtets den beſten Reſo⸗ nanzboden finden. 6 (Lebhaftes Bravo.) Stadv. Flemming: Meine Herren, ich möchte mir zu dem eben Gehörten auch einige Worte erlauben. Gerade die große arbeitende Bevölkerung hat ein großes Intereſſe daran, daß ihr der Grune⸗ wald erhalten bleibt. Sie kann nicht im Sommer in die Bäder gehen, ſich nicht in den ſonſtigen Ver⸗ gnügungsanſtalten bewegen, wo ſich die beſitzende Klaſſe aufhält; aus dieſem Grunde iſt es für ſie not⸗ wendig, daß ihr ein Ort erhalten bleibt, wo ſie ſich des Sonntags austummeln kann, wo ſie friſche Luft findet und friſche Kraft für die Arbeit der nächſten Woche erlangen kann. Es iſt ein Charakte⸗ riſtikum unſerer modernen Induſtrie, daß immer mehr und mehr die großen Wälder, die wir früher hatten, verſchwinden und dadurch die Temperatur⸗ verhältniſſe recht beeinflußt werden; wir haben daher in Mitteleuropa gewöhnlich im Sommer eine große Wärme und im Winter große anhaltende Kälte. (Heiterkeit!) Das hatten wir früher nicht, als noch viele Wälder in Mitteleuropa waren; da war das Klima ge⸗ mäßigt! Ich will noch darauf hinweiſen, daß unſer Genoſſe Bürkli bei der Eröffnung des internatio⸗ nalen Arbeiterkongreſſes in Zürich erwähnte, daß der Kapitalismus auch neben anderem die Natur verwüſtet und bewirkt, daß die Wälder abgeholzt werden. Ich möchte alſo auch lebhaft den Magiſtrat bitten, daß er die Beſtrebungen des Berliner Wald⸗ ſchutzvereins mit allen Kräften unterſtützt. (Bravo!) (Die Beratung wird geſchloſſen. Der Antrag⸗ ſteller verzichtet auf das Schlußwort. Die Ver⸗ ſammlung nimmt dem Antrag der Stadtv. Dr. Stadthagen und Gen. einſtimmig an.) Vorſteher⸗Stellvertr. Dr. Hubatſch: Zu dem folgenden Punkte 15 der Tagesordnung haben die Herren Antragſteller den Wunſch ausgeſprochen, den Punkt von der Tagesordnung der heutigen Sitzung abzuſetzen und ihn auf die Tagesordnung der nächſten Sitzung zu ſetzen. Auch zu Punkt 16 bittet der Herr Berichterſtatter, den Punkt abzuſetzen und auf die Tagesordnung einer ſpäteren Sitzung zu ſetzen. Da die Sachen keine Eile haben, ſo iſt wohl kein Grund vorhanden, dem zu widerſprechen. Wir kommen zum letzten Puntt der Tagesord⸗ nung, Punkt 17: