ſein werde. Sie hat ohne jede Rückſicht auf die Parteizugehörigkeit ſich für die Wahl des Herrn Kollegen Dr Borchardt in die Schuldeputation aus⸗ geſprochen. Dieſe Wahl hat die Beſtätigung der Königlichen Regierung nicht gefunden. Aus dem Schweigen des Magiſtrats nehme ich an, daß er dem kurzen Satze der Regierung, der einfach ſagt, die Wahl des Herrn Dr Borchardt wird nicht beſtätigt, weitere Mitteilungen nicht hinzuzufügen hat. Wir müſſen dann annehmen, daß die Gründe für die Regierung ausſchlaggebend geweſen ſind, die auf Grund der jetzt geltenden Beſtimmungen in Frage kommen. Inſofern bin ich mit dem Herrn Kollegen Zietſch nicht gleicher Meinung, als er ausführte, bezüglich der rechtlichen Lage beſtehe, zwiſchen dem Falle Pen⸗ zig und dem Falle Borchardt, wenn ich ſo ſagen darf, ein Unterſchied. Das iſt inſofern nicht richtig, als die Schuldeputationsmitglieder ſowohl im Jahre 1906 als auch im Jahre 1908 der Beſtätigung durch die Regierung bedürfen. Neu hinzugekommen im Rechtszuſtande iſt nur: was geſchieht, wenn die Regierung ein in die Schuldeputation gewähltes Mitglied nicht beſtätigt? (Stadtv. Stein: Sebhr richtig!) Sodann hat Herr Kollege Zietſch verſchwiegen, daß für den Fall Borchardt noch ein Miniſterialerlaß beſteht, der allerdings das iſt, was Herr Kollege Zietſch, nach meiner Meinung in nicht völliger Kenntnis der Verhältniſſe, als einen ungeſchriebenen Ausnahmezuſtand gegenüber der Sozialdemotratie bezeichnete. Es iſt kein ungeſchriebener, ſondern es iſt ein geſchriebener Ausnahmezuſtand, der durch den Erlaß (Stadtv. Zietſch: Aber nicht Geſetz!) des Kultusminiſteriums in Preußen, des damals amtierenden Kultusminiſters Boſſe, im Jahre 1898 feſtgelegt worden iſt. (Stadtv. Zietſch: Es iſt aber kein Geſetz!) Ich habe keine Veranlaſſung, Ihnen den Inhalt dieſes Miniſterialerlaſſes auch nur in extenso dar⸗ zulegen, da ich nicht die Abſicht habe, dieſen Miniſte⸗ rialerlaß irgendwie zu verteidigen oder in Schutz zu nehmen und mir die Gründe, die dort ausgeführt ſind, etwa zu eigen zu machen. Ich muß mit Herrn Kollegen Zietſch im Namen meiner Freunde viel⸗ mehr beklagen, daß man der ſozialdemokratiſchen Partei gegenüber auch in ſolchen Fragen eine ſolche Ausnahmeſtellung einnimmt. (Bravo! bei den Liberalen.) Ich gebe dem Kollegen Zietſch völlig darin Recht, daß es die Aufgabe einer weitblickenden Staats⸗ verwaltung nur ſein kann, allen Gliedern der Be⸗ völkerung, die mitarbeiten wollen, auch die Gelegen⸗ heit zu dieſer Mitarbeit zu geben. (Bravo! bei den Liberalen.) Das wäre nach meiner Meinung vom Standvunkt auch der Königlich Preußiſchen Staatsregierung nur klug gehandelt; denn ſie würde auf dieſe Weiſe die Sozialdemokratie, die ſich heute leider mit Recht ſo häufig auf Proteſte zurückziehen kann, hineinſchicken in eine Arbeitsſchule und dadurch in eine Erziehungs⸗ ſchule, (Stadtv. Zietſch: Hört, hört!) die vielfach das Ergebnis haben würde, daß die Herren Sozialdemokraten manche Dinge, an die ſie leider jetzt nicht herangelaſſen werden, mit ganz anderen Augen anſehen als vorher und den bürger⸗ 281 lichen Parteien mehr Recht zu geben geneigt ſind, als das bisher geſchieht. (Bravo! bei den Liberalen.) Wir können aber an dieſem Standpunkt der Regierung zurzeit nichts ändern; wir können um ſo weniger daran etwas ändern, als freilich die Gefahr beſteht, die Herr Kollege Zietſch hier kurz angedeutet hat. Das Volksſchulunterhaltungsgeſetz beſtimmt: Wird eine Perſon, welcher die Beſtäti⸗ gung verſagt iſt, wiedergewählt, ſo iſt, falls die Stelle nicht unbeſetzt bleiben kann und eine Erſatzwahl binnen einer zu beſtimmenden Friſt nicht erfolgt, die Schulaufſichtsbehörde befugt, einen Erſatzmann zu ernennen. Meine Herren, die Stelle, die hier zu beſetzen iſt, kann nach meiner Meinung auf die Dauer nicht un⸗ beſetzt bleiben; denn die Stadtverordentenverſamm⸗ lung würde ſich dadurch eines Rechtes begeben, in⸗ dem ſie einen Vertreter weniger als der Magiſtrat, entgegen dem von uns beſchloſſenen Ortsſtatut, in die Schuldeputation entſenden würde. Ob die Regierung abſichtlich eine beſtimmte Friſt für die vorzunehmende Erſatzwahl nicht be⸗ ſtimmt hat, entzieht ſich meiner Kenntnis; ſie ſpricht in ihrem Beſcheide nur davon, daß die Erſatzwahl möglichſt bald vorgenommen werden möge, und ſie hat ſich jedenfalls vorbehalten, falls das nicht geſchieht, eine beſtimmte Fiſt zu ſetzen, binnen der die Erſatzwahl vorzunehmen ſein wird. Würden wir — Herr Kollege Zietſch hat ja einen Vorſchlag nicht gemacht, aber wir müſſen uns mit den Kon⸗ ſequenzen doch beſchäftigen — Herrn Kollegen Dr Borchardt, wie wir es im Falle Penzig getan haben, wieder wählen, ſo würde zweifellos der Schlußpaſſus der eben verleſenen Beſtimmung Geltung bekommen, daß die Regierung den Erſatz⸗ mann ernennt. Nun meint Herr Kollege Zietſch ſchon zu wiſſen, das würde dann ein Geiſtlicher ſein, (Stadtv. EZietſch: Im ſchlimmſten Falle!) und er hat weiter gemeint, es würde ja ſchließlich nicht darauf ankommen, ob ein Geiſtlicher mehr oder weniger in der Schuldeputation ſäße. Ob der Erſatzmann ein Geiſtlicher werden würde, weiß ich nicht; aber die Anſchauung, die Herr Kollege Zietſch ausgeſprachen hat, es komme nicht darauf an, ob ein Geiſtlicher mehr oder weniger in der Schul⸗ deputation ſäße, wird von meinen Freunden nicht geteilt. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Wir geben zu, daß die Selbſtverwaltungsrechte, die die Schuldeputation heute wahrzunehmen hat, bei weitem nicht den Umfang haben, den wir wünſchten; aber wir ſehen uns unter allen Umſtänden ver⸗ pflichtet, die Rechte, die wir beſitzen, zu verteidigen und ſie wahrzunehmen. (Bravo! bei den Liberalen.) Und darum können wir unter keinen Umſtänden darin willigen, daß wir der Regierung auch nur die Möglichkeit geben, ihrerſeits einen Erſatzmann zu beſtellen. Meine Heren, das iſt keineswegs ein Aus⸗ weichen unſererſeits vor einem Konflikte mit der Regierung. Wenn die ſachlichen Verhältniſſe uns in einen Konflikt mit der Regierung drängen ſollten, werden wir unſeren Mann ſtehen; darüber darf ſich Herr Kollege Zietſch vollkommen beruhigen. (Stadtv. Vogel I: Dann ſind Sie doch immer aus⸗ gewichen!)