— 302 — (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage Charlottenburg ſich wie ein eigennütziger, ſtrupel⸗ des Magiſtrats wie folgt: a2) Dem vorgelegten Bauentwurf für einen neuen Waſſerturm mit Pumpſtation und ein Magazingebäude wird zugeſtimmt. b) Die erforderlichen Mittel im Betrage von 370 000 ℳ ſind der neuen Anleihe zu ent⸗ nehmen.) Borſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Das Protokoll vollziehen heute die Herrenſbr Flatau, Dr Frentzel und Freund. Wir kommen zu Punkt 11 der Tagesordnung: Vorlage betr. Vertrag mit der Stadtgemeinde Spandan über Druckrohrleitungen nach dem Rie⸗ ſelfelde. — Druckſache 233. Berichterſtatter Stadtv. Meyer: Meine Her⸗ ren, als ich am Sonnabend voriger Woche aus der mir zugeſtellten Tagesordnung erſah, daß mir der Vorzug zuteil wurde, dieſes Referat zu halten, hatte ich ernſte Zweifel, ob ich imſtande ſein würde, auch nur einiges Verſtändnis für dieſe ſchwierige, mir durchaus fernliegende Materie zu gewinnen. Aber mein Zweifel hat ſich zur negativen Gewißheit verdichtet, als ich am ſelben Tage 6 dicke Aktenſtücke mit einem großen Kartenmaterial bekam, 6 Akten⸗ ſtücke, welche 1088 Blatt, alſo rund 2200 nicht immer einwandfrei geſchriebene Seiten umfaſſen. Meine Herren, wenn man bei dieſer Friſt von 2 ½ Tagen, den Arbeitstag nur für die Geſchäfte der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung zu 10 Stunden berechnet, ſo ergibt das auf die Stunde ein Aktenſtudium von rund 100 Seiten. Ich weiß nicht, ob das geiſtig und auch nur phyſiſch möglich iſt. Ich weiß jeden⸗ falls, daß iſch es nicht habe leiſten können, und ich werde Sie deshalb bitten müſſen, an den Bericht über die Vorlage die denkbar geringſten Anſprüche zu ſtellen. Meine Herren, Sie haben aus der Druckſache geſehen, daß wir einerſeits für die von der Stadt beſchloſſene Anlegung eines dritten Druckrohres zwiſchen den Pumpſtationen unſerer Kanaliſation Spandauer Terrain nötig haben; auf der anderen Seite haben die Stadt Spandau und die Königliche Staatsregierung ein Intereſſe daran, daß unſere beiden bisherigen Druckrohre, welche ebenfalls das Spandauer Gebiet in Anſpruch nehmen, verlegt werden: die Staatsregierung deshalb, weil ſie an der Stelle, an der unſere Druckrohre die Havel kreuzen, zur Erleichterung der Schiffahrt einen Durchſtich machen will; die Stadt Spandau deshalb, weil ſie das Gelände zwiſchen Havel und Durchſtich für Hafenzwecke ausnutzen will und ſich dabei durch unſeren Beſitz an unſeren Druckrohrparzellen und unterirdiſchen Leitungen geſtört ſieht. legung unſerer Rohrleitungen würde nach Angabe des Magiſtrats 250 000 ℳ erfordern, der Wert des an Spandau zu übereignenden Geländes 50 000 ℳ betragen. Unſer Magiſtrat hat es ſich angelegen ſein laſſen, bei dem Ausgleich der gegenſeitigen Intereſſen unſere Rechte nach Möglichkeit zu wahren. Hierbei iſt er bei der Regierung wie bei der Stadt Spandau auf wenig Gegenliebe geſtoßen. In der Stadtverordnetenverſammlung unſerer Nachbar⸗ ſtadt iſt uns gegenüber ein Ton angeſchlagen worden, gegen den etwa der Ton der franzöſiſchen Revanche⸗ preſſe anläßlich der Marokkoaffäre eine Friedens⸗ ſchalmei war. Man hat davon geſprochen, daß Die Ver⸗ loſer Privatmann verhalte; man hat dem Zweifel daran Ausdruck gegeben, ob unſer Verhalten ſich mehr erkläre aus grenzenloſer Überhebung oder aus mangelndem Verſtändnis, 6 *Sörtt br und man hat ſchließlich ſich vorgenommen, be⸗ ſonders mit Rückſicht auf die Unterſtützung, die man von der Staatsregierung erwartete, die Ge⸗ legenheit wahrzunehmen, uns einmal „die Daumen⸗ ſchrauben anzuſetzen“ Nun hat ſich aber doch wohl im weiteren Ver⸗ laufe der Angelegenheit herausgeſtellt, daß die Gelegenheit zum Anſetzen der Daumenſchrauben nicht ſo außerordentlich günſtig war, wie ſich das die Herren in Spandau vorgeſtellt hatten, und die Staatsregierung hat, indem ſie ebenfalls ihren uns anfangs ſehr ungünſtigen Standpunkt modi⸗ fizierte, die beiden Städte Spandau und Charlotten⸗ burg zu gemeinſamen Verhandlungen zuſammen⸗ geführt, deren Ergebnis Ihnen in dem „Neuen Vertrage“ vorliegt. Danach ſoll die Stadt Charlottenburg das Recht erwerben, neben den beiden vorhandenen Druckleitungen innerhalb des Spandauer Gebiets eine dritte einzubauen und die drei Leitungen, ſolange ſie gebraucht werden, unberührt und ohne Verpflichtung der Umlegung zu haben. Die läſtigen Beſtimmungen der alten Verträge über das Wider⸗ rufsrecht der Königlichen Staatsregierung hinſicht⸗ lich der beſtehenden Druckrohranlagen und unſerer Verpflichtungen zur Verlegung unſerer Anlage im Falle der Kolliſion mit Anlagen der Stadt Spandau ſind beſeitigt. Unſere Gegenleiſtung beſteht im weſentlichen darin, daß wir die beiden Rohrleitungen jetzt gemäß der vorhin geſchilderten Anſprüche des Staates und der Stadt Spandau umlegen, das vorerwähnte von der Stadt Spandau benötigte Terrain dieſer überlaſſen und eine Vergütung von 3500 ℳ jährlich zahlen, die im Falle der Ver⸗ ringerung des von uns in Anſpruch genommenen Terrains ſich in Zukunft, aber nicht vor Ablauf von 10 Jahren, ermäßigen würde. Als ein Vorteil für uns darf noch erwähnt werden, daß die Stadt Spandau ſich zugleich verpflichten will, für die in Zukunft noch erforderlichen weiteren Druckrohre die Döberitzer Heerſtraße auf der innerhalb ihres Gebietes liegenden Strecke ohne beſondere Ver⸗ gütung herzugeben. Der Magiſtrat empfiehlt uns die Annahme der Vorlage im Einverſtändnis mit der Kanaliſa⸗ tionsdeputation. Ich ſelbſt darf ſagen, daß ich in juriſtiſcher Beziehung an dem von unſerm Magiſtrat außerordentlich ſorgfältig bearbeiteten Vertrage nichts auszuſetzen gefunden habe. Trotzdem glaube ich mit Rückſicht auf die Bedeutung der Sache Ihnen eine definitive Beſchlußfaſſung heute nicht empfehlen zu ſollen. In der Vorlage iſt ausge⸗ ſprochen, daß die von uns zu übernehmenden Ver⸗ pflichtungen ſehr bedeutend ſind. Der Magiſtrat bekennt ſich zu der Auffaſſung, daß im Wege des Enteignungsverfahrens günſtigere Bedingungen zu erreichen ſind. Sein weſentliches Argument für den Vertrag iſt die nachbarliche Rückſicht auf die Stadt Spandau, welche in dem Falle, daß ein Ent⸗ eignungsverfahren nötig werden würde, in den Arbeiten aufgehalten und in ihren Intereſſen dadurch weſentlich geſchädigt würde. Ich halte dieſes Argument für richtig und bin der Meinung, daß wir nicht nur nicht die Unfreundlichkeiten, die