—— 4305 vorliegenden Fall die Steifenwand nicht trotzdem beiter fleißig, weil ſie ſelbſt dabei intereſſiert ſind eingefallen wäre, ſelbſt wenn Knaggen darunter geweſen wären, kann ich nicht ſagen, weil ich ja die Sache vorher nicht geſehen habe und mir kein Urteil bilden kann, wie ſie geweſen iſt. Aber die Leute hätten dieſe Pritſche nicht anlegen und nicht hinauf⸗ treten dürfen, ſo lange die Steifenwand mit Knag⸗ gen nicht verfehen war. Nun, meine Herren, wen trifft die Schuld? Da hier Menſchenleben in Gefahr geweſen ſind, ſogar ein Menſchenleben zugrunde gegangen iſt, ſo iſt es ſelbſtverſtändlich, daß die Gerichte ſich der Sache annehmen werden und nun feſtſtellen werden, ob jemanden eine Schuld trifft, und daß ſie den Schuldigen beſtrafen werden. Ich glaube nicht, daß irgend jemand als ſchuldig wird befunden werden können. Die Bauverwaltung als ſolche kann eine Schuld nicht treffen. Es iſt eben ein Unglücksfall, wie er halt paſſiert, wenn unglück⸗ liche Zufälle zuſammenkommen. Ich möchte nun auf die Ausführungen des Herrn Anfragenden eingehen. Er ſagte: das Waſſer⸗ rohr, das Gasrohr hätte keinen Einfluß gehabt. Ich muß ſagen: ich habe dies ſofort ermittelt, als ich nach dem geſchehenen Unglück nach der Bau⸗ ſtelle kam, und kann ſagen, daß, wenn das Waſſer⸗ oder Gasrohr nicht geweſen wäre, der Unglücks⸗ fall nicht paſſiert wäre. Der Unglücksfall iſt lediglich darauf zurückzuführen, daß hinter der Steifenwand der noch loſe Boden von der Verlegung des Gas⸗ oder Waſſerrohres her vorhanden war. Auch die Akkordarbeit hat wohl keinen Ein⸗ fluß. (Widerſpruch bei den Sozialdemokraten.) Wenn es von den Arbeitern und Aufſehern über⸗ ſehen worden ſein ſollte, daß der Regen hohle Stellen hinter der Baugrubenwand geſchaffen hatte, würden die Stellen wohl geſehen worden ſein, wenn der Unternehmer im Tagelohn hätte arbeiten laſſen? Die fraglichen Stellen waren überhaupt nicht zu ſehen: ich kann dies beſtätigen. Die Trottoirplatten ragten ein klein wenig über die Steifenwand hinüber und verdeckten die Ein⸗ ſicht auf das, was hinter der Steifenwand paſſierte, Im Akkord wird bei derartigen Bauausführungen übrigens immer gearbeitet; (Stadtv. Zietſch: Leider!) Tagelohn iſt nicht üblich. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Und, meine Herren, wie wollen Sie die Akkord⸗ arbeit bei den Unternehmern abſchaffen? Dann müſſen Sie erſt die ganzen Arbeitsbedingungen, unter welchen die Unternehmer arbeiten und ar⸗ beiten müſſen, umändern! In allen Orten und zu allen Zeiten, werden Erdarbeiten im Akkord hergeſtellt. Das iſt nicht etwa eine Eigentümlichkeit des jetzigen Unternehmers, ſondern das iſt eine Eigentümlichteit aller Erdunternehmer. Ich will mich nicht darüber auslaſſen, ob Akkord in ſolchen Fällen beſſer iſt oder Tagelohn. Jedenfalls möchte ich aber darauf hinweiſen, daß der Wochenverdienſt doch keineswegs gering iſt, wenn, wie der, Herr Anfragende ſagte, die Arbeiter 30 bis 36 ℳf pro Woche verdient haben, das macht doch pro Tag 5 bis 6 ℳ.! Ich finde, daß das ein ganz anſtändiger (Giaotu, Bieiſc Aber wie muß dafür gearbeitet 1414 werden!) 214 44 — Von morgens 6 Uhr, wie über⸗ 6 bis abends 6 Uhr, wie über⸗ haupt bei allen Arbeiten. Natürlich ſind die Ar⸗ zu allererſt C4. Eef und deſto mehr verdienen, je fleißiger ſie ſind Akkordarbeit iſt meinesErachtens nichts Verwerfliches. Der Herr Anfragende ſagte noch, daß die Submiſſionsarbeiten immer an den Billigſten vergeben würden. Ich glaube, ich habe ſchon in meinen Ausführungen darauf hingewiefen: in dieſem Falle war es jedenfalls nicht der Billigſte, ſondern der Drittbilligſte, der um mehrere tauſend Mark teurer war als der Billigſte, und er iſt ge⸗ wählt worden aus dem Grunde, weil er eben ſach⸗ kundig war. Wir haben, wenigſtens in der Tief⸗ bauverwaltung, den Grundſatz, nicht die Arbeit an den Billigſten zu vergeben; im Gegenteil, noch am vergangenen Dienstag haben wir die billigſten Angebote überhaupt nicht berückſichtiget und ein in der Mitte liegendes Angebot herausgegriffen. Nun, meine Herren, da eben bei dem Unter⸗ nehmer der größere Teil der Arbeiten im Akkord vergeben iſt, ſo exiſtieren natürlich auch nur für wenige Arbeiter Tagelöhne. Ob der Unternehmer als Tagelohn 35 Pf. pro Stunde bezahlt, kann ich augenblicklich nicht ſagen; das habe ich nicht feſt⸗ geſtellt. Ich halte einen Tagelohn von 35 Pf. pro Stunde zurzeit für ein bißchen wenig; 40 Pf. würden wohl angemeſſen ſein. Ich werde mich danach erkundigen und werde darauf hinwirken, daß die Tagelöhne — für den Fall, daß nur 35 Pf. gezahlt werden — erhöht werden; aber ob es mir gelingen wird, iſt eine andere Frage. Nun, meine Herren, heißt es in der Anfrage: Welche Maßregeln gedenkt die ſtädtiſche Tief⸗ bauverwaltung zu treffen, um künftig der⸗ artigen Unfällen vorzubeugen? Ich habe darüber nachgedacht: was kann eine Bauverwaltung wohl noch tun? Ich muß Ihnen geſtehen — vielleicht wiſſen Sie etwas in Vor⸗ ſchlag zu bringen —: wir haben alles getan, was möglich war. An Ort und Stelle habe ich natür⸗ lich ſofort angeordnet, daß die Baugruben an den⸗ jenigen Stellen, an welchen Gas⸗ oder Waſſerrohre vorhanden ſind, ſofort darauf zu unterſuchen ſeien, ob Hinterwaſchungen eingetreten ſind, und daß der loſe Boden hinter der Abſteifwand beſeitigt wird. Aber was wir generell veranlaſſen ſollen, weiß ich nicht anzugeben. Wir haben das denkbar Möglichſte getan, um das Leben und die Geſund⸗ heit der Arbeiter zu ſchützen. (Ein Antrag des Stadtv. Zietſch auf Beſprech⸗ ung der Anfrage wird genügend unterſtützt.) Stadtv. Gredy: Meine Herren, ich habe mich nur zum Worte gemeldet, um einen Irrtum nicht aufkommen zu laſſen, der vielleicht durch die Auße⸗ rungen des Herrn Anfragenden über das Sub⸗ miſſionsweſen hervorgerufen werden kann. Aller⸗ dings iſt auch der Herr Stadtbaurat ſchon auf dieſen Punkt gekommen: nämlich auf die Vergebung an den Billigſten oder Zweitbilligſten. Ich kann den Herrn Anfragenden aus meiner zehnjährigen Erfahrung und aus meiner Mitgliedſchaft in zahlreichen De⸗ putationen verſichern, daß nie eine Tendenz vor⸗ liegt, den Mindeſtfordernden zu begünſtigen. Im Gegenteil, meine Herren, — und das wird jedes Deputationsmitglied bezeugen können — es wird welcher iſt der Beſte? Ich habe immer die Erfahrung gemacht: es kann gar kein Unternehmer der Deputation gut genug ſein. Es entſtehen dadurch manche Enttäuſchungen bei