Bodelſchwingh in verſchiedenen Städten Arbeiter⸗ kolonien gegründet. Dieſe Arbeiterkolonien nehmen Arbeitsloſe, namentlich Handwerksburſchen unter der Vorausſetzung auf, daß ſie Vagabunden ſind, indem ſie unter ſtrammer Zucht dieſe Handwerks⸗ burſchen fördern wollen, damit ſie unter rechtlichen Verhältniſſen ſpäter wieder in Erwerb eintreten können. Kein anderer hat die Brutalität, die in den Arbeiterkolonien geübt wird, in ſo ſcharfer Weiſe kritiſiert als ein Schüler des Herrn von Bodel⸗ ſchwingh, der Herr Predigamtskandidat Wange⸗ mann, der als verkleideter Handwerksburſche in den verſchiedenen Arbeiterkolonien Unterkunft fand und die Segnungen dieſer Arbeiterkolonien am eigenen Leibe verſpürte. Er hat ſeine Tagebuchblätter, ſeine Aufzeichnungen in der Zeitſchrift „Arbeiter⸗ kolonie“ veröffentlicht. Auch unterhalten dieſe Arbeiterkolonien, auch die des Vereins für die Berliner Arbeiterkolonie, Arbeitsnachweiſe. Nun, meine Herren, mit den Arbeitsnachweiſen hat es ſo ſeine eigene Bewandt⸗ nis. Bei der Hochkonjunktur mag's ja gehen, aber bei der niedrigen Konjunktur nimmt kein Arbeit⸗ geber aus dieſen Arbeitsnachweiſen Leute, ſondern da nimmt er die Leute, die aus den gewerblichen Arbeitsnachweiſen, alſo aus ganz geſunden Ver⸗ hältniſſen herauskommen, Leute, die geſund, ar⸗ beitsfähig uſw. ſind. Ich will gleich vorausſchicken, daß dieſe Leute, die aus der Arbeiterkolonie kommen, immer unter einem gewiſſen Makel ſtehen, und in der flauen Konjunktur nehmen Arbeitgeber ſolche Arbeitskräfte nicht, weil ſie anderweitig Arbeits⸗ kräfte in Hülle und Fülle zur Verfügung haben. Auch die Gewerkſchaften haben ein großes Intereſſe, daß dieſe Arbeitsnachweiſe nicht beſtehen. Denn dieſe Arbeitsnachweiſe vermitteln Arbeiter für jeden x⸗beliebigen Lohn; auch namentlich bei Streiks treten dieſe Arbeitsnachweiſe auf, indem ſie Streik⸗ brecher, indem ſie Arbeitswil ige vermitteln, die den Kollegen, den Arbeitern, die im Streik ſtehen, in den Rücken fallen. Aus dieſen Gründen hat gerade die Arbeiterſchaft gegenüber dieſen Arbeitsnachweiſen einen ſehr großen Peſſimismus. Meine Herren, wie früher die alten Märker den lieben Herrgott baten, er möchte ſie behüten vor den Köckeritzen, Lüderitzen und Itzenplitzen, ſo bittet jeder Handwerksburſche ebenfalls aus dem Grunde ſeines Herzens, daß ihn das Schickſal behüten möge, daß er nicht in einer ſolchen Arbeiterkolonie, in einer ſolchen Privatwohltätigkeit eine Unterkunft finden möge. Meine Herren, aus allen dieſen Gründen her⸗ aus, weil dieſe Privatwohltätigkeit, die von dieſen Vereinen für die Arbeiterkolonien gepflegt wird, für die Katz iſt, möchte ich Sie dringend bitten, dieſer Vorlage nicht zuzuſtimmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magi⸗ ſtrats, wie folgt: Dem Verein für die Berliner Arbeiterkolonie wird aus Anlaß ſeines 25 jährigen Beſtehens, unter gleichzeitigem Erwerb der Mitglied⸗ ſchaft der Stadtgemeinde, eine einmalige Bei⸗ hilfe von 500 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds bewilligt.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Das Pro⸗ tokoll vollziehen heute die Herren Flemming, Gredy und Wilt. 328 Wir kommen zum folgenden Punkt der Tages⸗ ordnung, zum Punkt 13: Vorlage betr. elektriſche Beleuchtungsanlage in der Schwimmhalle der Volksbadeanſtalt. — Druckſache 258. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Zur Herſtellung einer elektriſchen Beleuch⸗ tungsanlage in der Schwimmhalle der Volks⸗ badeanſtalt werden 1500 ℳ aus dem Dis⸗ poſitionsfonds bewilligt.) Punkt 14 der Tagesordnung: Vorlage betr. Gewährung einer Beihilfe an den Gemeinnützigen Verein für Rechtsauskunft (E. V.) in Groß⸗Berlin. — Druckſache 259. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Dem Gemeinnützigen Verein für Rechts⸗ auskunft (E. V.) in Groß⸗Berlin wird zur Errichtung einer gemeinnützigen, unentgelt⸗ lichen Rechtsauskunftsſtelle für Minderbe⸗ mittelte in Charlottenburg ein laufender Jahresbeitrag von 3000 ℳ bewilligt. Der auf das Etatsjahr 1908 entfallende Beitrag iſt dem Dispoſitionsfonds zu entnehmen.) Punkt 15 der Tagesordnung: Vorlage betr. Bewilligung eines Beitrages zur Errichtung eines Fritz Reuter⸗ Denkmals in Stavenhagen. — Druckſache 260. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Dem Lokalkomitee zur Errichtung eines Fritz Reuter⸗Denkmals in Stavenhagen wird ein einmaliger Beitrag von 500 ℳ bewilligt. Der Betrag iſt dem Dispoſitionsfonds zu ent⸗ nehmen.) Punkt 16 der Tagesordnung: Vorlage betr. Stiftung eines Ehrenpreiſes für die Internationale Ausſtellung für Pferdeſchutz und humanitäre Tierſchutzbeſtrebungen. Druck⸗ ſache 261. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Der Pferdeſchutz⸗Vereinigung über ganz Deutſchland (E. V.) zu Berlin wird für die in der Zeit vom 21. bis 28. Juni d. I. in Berlin ſtattfindende Internationale Aus⸗ ſtellung für Pferdeſchutz und humanitäre Tier⸗ ſchutzbeſtrebungen ein Ehrenpreis im Werte von 100 ℳ bewilligt. Der Betrag iſt dem Dispoſitionsfonds zu entnehmen.) Punkt 17 der Tagesordnung: Vorlage betr. Nachbewilligung im Armenetat für 1907. — Druckſache 262.