Die Stadtverordnetenverſammlung war damals noch nicht oder doch nur zu einem geringen Teil Anhängerin der Wertzuwachsſteuer. Sie hat un⸗ ſeren Antrag in namentlicher Abſtimmung abgelehnt, außer meinen engeren Parteifreunden hat nur unſer damaliger Kollege Dr Penzig dafür geſtimmt. Zwei Jahre ſpäter hatte ſich, abgeſehen von meinen Parteifreunden, die Zahl der Anhänger unſeres Antrages bereits verdoppelt: außer Herrn Dr Penzig ſtimmte auch Herr Kollege Gredy dafür. (Hört, hört!) Allerdings war der Antrag etwas modifiziert, wir hatten ihn allgemeiner gefaßt, und zwar genau ſo wie den jetzt vorliegenden Antrag: den Magiſtrat zu erſuchen, der Stadt⸗ verordnetenverſammlung eine Vorlage zu machen, durch welche eine Wertzuwachsſteuer in Charlottenburg eingeführt wird. Sie haben im Jahre 1907 unſeren Antrag mit 37 gegen 11 Stimmen in namentlicher Abſtimmung abgelehnt und haben ſich ſtatt deſſen mit einer all⸗ gemein gehaltenen Reſolution begnügt, worin Sie den Magiſtrat auffordern, möglichſt mit den Kom⸗ munalverwaltungen der weſtlichen Vororte in Verhandlungen über die Zweckmäßigkeit einer Wertzuwachsſteuer einzutreten. Das Reſultat dieſer Verhandlungen iſt uns bis heute noch nicht unterbreitet worden, und ich glaube auch, daß es uns überhaupt kaum unterbreitet werden kann; denn die Reſolution war ja ſo nichtsſagend und ſie verpflichtete den Magiſtrat abſolut zu nichts, ſo daß ich es dem Magiſtrat wirklich nicht verdenken könnte, wenn er ſagen würde: „Ich bin nicht imſtande ge⸗ weſen, mit dieſer Reſolution etwas anzufangen.“ Es iſt deshalb notwendig, daß wir ganz beſtimmt Stellung zu der Frage nehmen. Ich verlange nun nicht etwa, daß Sie ſich heute hier im Plenum ohne weiteres für den Antrag erklären, ſondern ich halte es für ſelbſtverſtändlich, daß wir die Frage zunächſt einmal in einem Aus⸗ ſchuß erörtern, der ſich im Prinzip für oder gegen eine Wertzuwachsſteuer zu entſcheiden hätte. Wenn wir dann dieſe prinzipielle Frage entſchieden haben, wird es Zeit ſein, entweder in einer ge⸗ miſchten Deputation mit dem Magiſtrat über die Einzelheiten zu beraten, oder aber an den Magiſtrat das Erſuchen zu richten, uns eine detaillierte Vorlage zu unterbreiten. Vor allem kommt es darauf an, daß wir Klarheit darüber haben, wie die Stadt⸗ verordnetenverſammlung in ihrer Mehrheit denkt, ob ſie nur während des Wahlkampfes Anhängerin einer Wertzuwachsſteuer iſt, oder ob die Begeiſterung für eine ſo gerechte Steuer auch über den Wahl⸗ kampf hinaus anhält. Wir glauben, daß diesmal unſer Antrag eine größere Ausſicht auf Annahme hat, ja, ich bin ſogar überzeugt, daß er von der großen Mehrheit der Verſammlung angenommen werden wird aus dem Grunde, weil tatſächlich während des letzten Wahlkampfes kaum ein einziges Flugblatt verbreitet worden iſt, wenigſtens nicht in der dritten Wählerabteilung, worin nicht die Kandidaten ſich als Anhänger der Wertzuwachs⸗ ſteuer den Wählern in empfehlende Erinnerung brachten. Ich will nicht alle Flugblätter, die ich hier habe und deren Zahl ſehr groß iſt, verleſen: ich nehme auf die vorgeſchrittene Zeit Rückſicht, ich bin ja überzeugt, daß niemand von Ihnen den Mut haben wird, das zu beſtreiten. Ich habe hier z. B. ein Flugblatt, das an die Wähler des dritten Bezirks der dritten Wählerab⸗ teilung von liberaler Seite verbreitet iſt, worin die Liberalen verſprechen, der Wohnungsfrage und in Zuſammenhang damit der Frage der Wertzuwachs⸗ ſteuer das größte Intereſſe zuzuwenden. Natürlich muß jeder Wähler annehmen, daß dies Intereſſe in poſitivem Sinne aufzufaſſen iſt, daß die Herren alle wirklich Anhänger der Wertzuwachsſteuer ſind. Dieſes Flugblatt iſt von einer großen Anzahl von Kollegen unterſchrieben, die ſich alſo heute im Prinzip wohl alle für die Wertzuwachsſteuer er⸗ klären werden. Hier habe ich ein weiteres Flugblatt von einem Herrn, der unter uns ſitzt und der als ein beſonderer Freund der Wertzuwachsſteuer bezeichnet wird, obgleich er früher dagegen geſtimmt hat. Alſo die Wahlbewegung hat bewirkt, daß die Herren ihre Anſicht geändert und plötzlich ſich für die Wert⸗ 1 erklärt haben, und das berechtigt wohl zu der Annahme, daß ſie heute das Ver⸗ ſprechen, das ſie damals den Wählern gegeben haben, einlöſen werden. Allerdings fehlt es nicht an Beiſpielen, wo Kollegen ſich auch gegen eine derartige Steuer ausgeſprochen haben. Ich habe hier z. B. die Mitteilung über einen Bericht aus dem Haus⸗ und Grundbeſitzerverein, wonach einer unſerer Kollegen, Herr Kollege Zander, ſich auch über die Wert⸗ zuwachsſteuer geäußert hat und uns den Vorwurf gemacht hat, unſer Antrag ſei einer von den 23 An⸗ trägen, welche die Sozialdemokratie oſtentativ immer zu wiederholen geſonnen ſei. Ich weiß nicht, woher Herr Kollege Zander ſeine Kenntnis hat; an unſeren Fraktionsſitzungen nimmt er nicht teil. Und daß es gerade 23 Anträge ſind, die wir immer oſtentativ zu ſtellen beabſichtigen, davon iſt mir auch nichts bekannt. Es iſt möglich, daß die Zahl ſich noch etwas erhöht. Jedenfalls haben wir Herrn Kollegen Zander nicht um die Erlaubnis gefragt, wieviel Anträge und welche wir ſtellen wollen. Wir ſtellen dieſen Antrag auch nicht aus Demonſtrationszwecken, ſondern weil wir tat⸗ ſächlich der Meinung ſind, daß hier eine Geld⸗ quelle für die Stadt erſchloſſen werden kann, die die Steuerzahler nicht ungerecht belaſtet und der Stadt doch eine erhebliche Einnahme zuführt. Das iſt der Grund, aus dem wir für die Steuer eintreten. Allerdings haben die Haus⸗ und Grundbeſitzer in einer Reſolution, die erſt vor kurzem gefaßt worden iſt, die Erwartung ausgeſprochen, daß der Magiſtrat und die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung von Charlottenburg von der Einbringung einer Vorlage betr. Einführung der Wertzuwachs⸗ ſteuer Abſtand nehmen mögen. Ja natürlich, wenn es nach den Wünſchen der Herren Haus⸗ beſitzer ginge, ſo würden wir Steuern, die den Grundbeſitz belaſten, überhaupt nicht beſchließen dürfen. Und leider herrſcht ja noch das Haus⸗ beſitzerpriveleg, daß einer beſtimmten Klaſſe der Bevölkerung die Mehrheit in der Stadtverordneten⸗ verſammlung ſichert, ſo daß alle derartigen Vor⸗ lagen von vornherein auf einen großen Wider⸗ ſtand in der Stadtverordnetenverſammlung ſtoßen, und vor allen Dingen die Gefahr beſteht, daß ſolche Vorlagen, wenn ſie einmal eingebracht werden, jedes ſozialpolitiſchen Charakters entkleidet und unter Umſtänden in ihr Gegenteil verwandelt werden. Wir haben das ja an dem Beiſpiel unſerer Nachbarſtadt Berlin erlebt. Ich glaube nicht,