handlung paſſiert iſt. Sie erinnern ſich an das kleine Intermezzo, das damals in bezug auf die Mechaniter vorkam. Ich hatte in der Sitzung darauf hingewieſen, daß in der Feinmechanik keines⸗ wegs Arbeitsloſigkeit herrſche, daß es ſehr wohl möglich wäre, den Herren Unterkunft zu ver⸗ ſchaffen. Meine Herren, am Tage, der auf die Stadt⸗ verordnetenverſammlung folgte, erhielt ich — ich glaube, frühmorgens oder mittags — einen Brief, in welchem etwa ſtand: „Sie haben geſtern geſagt, Sie können Mechanitern Arbeit verſchaffen. Bitte, wollen Sie ſo freundlich ſein! Ich bin dreiviertel Jahre bei Ludwig Loewe beſchäftigt geweſen, bin jetzt unbeſchäftigt; bitte, wollen Sie ſo freundlich ſein, mir Arbeit zu verſchaffen!“ Mit der nächſten Poſt kam ein ähnlicher Brief, ich dachte eigentlich, es würde einige Tage ſo weiter gehen; aber ſo weit kam es nicht. Ich habe mich nicht geſcheut, nun einmal den Vermittler zu ſpielen; das iſt eigentlich nicht mein Beruf; trotzdem habe ich den beiden Herren, die ſich an mich gewandt haben, geſchrieben: wenn ſie Feinmechaniker wären, ſo bäte ich ſie, mir ihre Papiere zu ſchicken; ich würde ihnen dann Mittel und Wege angeben, um ihnen Arbeit zu ver⸗ ſchaffen. Ich hatte auch die Mittel und Wege, um ihnen Arbeit zu verſchaffen. Die beiden Brief⸗ ſchreiber ſind aber nicht gekommen. (Rufe: Aha! bei den Sozialdemokraten. Heiterkeit.) Ich möchte bitten, den Antrag nicht anzuneh⸗ men, auch aus ſonſtigen Gründen. Wir pflegen doch nicht Sachen, die noch gar nicht näher von einer Seite überlegt worden ſind, in einer gemiſchten Deputation zu beraten. Ich meine, der erſte Weg wäre doch der in ſolchen Fragen, den ja auch die Sozialdemokraten zuerſt ſeinerzeit haben betreten wollen, den Magiſtrat aufzufordern, die Frage näher zu prüfen und nun eventuell Vorſchläge zu machen. Wenn man einen derartigen Antrag ablehnt, muß man konſequenterweiſe auch ab⸗ lel nen, die Sache in einer gemiſchten Deputation zu beraten. Ich möchte Sie daher bitten, den Antrag direkt abzulehnen. Stadtv. Otto: Meine Herren, meine Freunde ſtehen auf dem Standpunkt, den ich in meiner Erklärung am 8. Januar dieſes Jahres gekenn⸗ zeichnet habe. Ich habe damals zum Ausdruck ge⸗ bracht, erſtens, daß wir die Frage der Arbeitsloſen⸗ fürſorge für außerordentlich wichtig halten, zweitens, daß wir es für wünſchenswert erachten, uns auch darüber ſchlüſſig zu werden, abgeſehen von der aktuellen Frage, die damals vorlag, für die Zukunft Vorkehr zu treffen, um unerfreulichen Erſcheinungen auf dieſem Gebiete entgegenzutreten, und drittens, daß wir dieſe Frage ſpeziell unter dem Geſichtspunkt betrachten, daß wir ohne Berlin und die anderen Vororte in dieſer Beziehung nichts Tüchtiges ſchaffen können. Wenn wir auf dieſem Standpunkt heute noch ſtehen, ſo erkennen wir dazu in dem Antrage, den die Herren Kollegen von der ſozial⸗ demokratiſchen Fraktion heute eingebracht haben — und ich nehme an, daß die abgeänderte Form Geltung behalten ſoll — (Zuſtimmung bei den Sozialdemokraten) einen Weg, um in unſerem Sinne die Frage zu ſtudieren und eventuell zu einem Ergebnis zu kommen. Deshalb werden wir dem Antrage zu⸗ ſtimmen. 344 —— Stadtv. Wilk: Meine Herren, für alle Beamten⸗ kategorien, für die ſtädtiſchen ſowohl wie auch für die ſtaatlichen, ſowie auch für die Arbeiter der ſtädtiſchen Betriebe werden überall Teuerungs⸗ zulagen gefordert und zum Teil auch bewilligt. Für die Arbeiter, die in Privatbetrieben beſchäftigt ſind, rührt ſich abſolut keine Hand. Wo die gewerk⸗ ſchaftlichen Organiſationen verſuchen, einzugreifen, werden entweder diejenigen, die Lohnaufbeſſerun⸗ gen in Anbetracht der Teuerung fordern, Einfach mit der Polizei bedroht, diejenigen, die die ganze Sache entrieren, werden gemaßregelt und der⸗ gleichen. Sie ſehen ſelbſt, für diejenigen Arbeiter, die abſolut keinen weiteren Hinterhalt hinter ſich haben als die Gewertſchaften, hat man nichts übrig, ſelbſt diejenigen nicht, die ſich für arbeiter⸗ freundlich erklären, ſelbſt Herr Kollege Stadthagen nicht. Dieſer hat ſchon ſo häufig ſeine Arbeiter⸗ freundlichkeit betont: aber heute abend hat er bewieſen, daß er ſie im Grunde ſeines Herzens nicht hat. Hier iſt vom Magiſtratstiſch erklärt worden, daß bei der Rundfrage bei größeren Unterneh⸗ mungen wie Siemens und Halske, Ludwig Loewe uſw. dieſe geantwortet haben, die Arbeitsloſigkeit wäre nicht mehr in dem Maße vorhanden, wie ſie geweſen iſt, die Konjunktur würde ſich wieder auf⸗ beſſern. Ich habe die Überzeugung, daß wir noch lange nicht auf dem tiefſten Punkte angekommen ſind in dem Niedergang der wirtſchaftlichen Kon⸗ junktur. Noch vor einigen Tagen ging durch die Preſſe die Mitteilung, daß z. B. der große Betrieb von Ludwig Loewe ganz bedeutende Betriebs⸗ einſchränkungen macht, ſo daß hier eine Erſparnis von 16% eingreift. Wollen Sie da noch behaupten, daß keine Arbeitsloſigkeit herrſcht? Die Leute arbeiten noch ganz wenige Stunden; ſie werden dadurch doch gedrückt, und diejenigen, die über⸗ flüſſig ſind, werden auf das Straßenpflaſter ge⸗ worfen. Das iſt geradezu brutal, und wenn Sie ein bißchen Arbeitsloſenfürſorge im Leibe haben, dann ſorgen Sie dafür, daß für die armen Arbeits⸗ loſen endlich einmal etwas geſchaffen wird. (Bravo! bei der Freien Vereinigung.) Stadtv. Zander: Ich kann mich dem Herrn Vorredner nur anſchließen. Die Arbeitsloſigkeit in Charlottenburg iſt momentan ſehr groß. Auch in dem Betrieb von Siemens und Halske — ich habe in der letzten Zeit gerade Gelegenheit gehabt, mich darum zu kümmern — wird höchſtens 32 Stun⸗ den gearbeitet, und den Arbeitern, mit denen man es ſehr gut meint, gibt man einen geheimen Wink, krank zu werden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Soweit es möglich iſt, wird dieſer Wink von den Meiſtern gegeben, weil es ihnen wehe tut, ihre Leute entlaſſen zu müſſen. Da die Arbeiter nicht durchſetzen können, wie ſie es wünſchen, ſo ſpielen dieſelben krank. Was ich hier ſage, kann ich ver⸗ treten. Ich glaube, daß es jetzt an der Zeit iſt, daß die Stadt der Frage der Arheitsloſigkeit näher tritt. Ich habe in der früheren Sitzung — ich gehöre der Kommiſſion an — dagegen geſtimmt; ich habe geſagt, dieſe Arbeitsloſigkeit iſt nicht vorhanden; momentan iſt ſie vorhanden und nicht nur in den größten Betrieben, ſondern in den meiſten Betrieben Charlottenburgs. (Die Beratung wird geſchloſſen.)