—rr. 36272 — Bürgermeiſter Matting. Nur noch zwei Worte! Ich möchte gegen den Ausdruck „knauſerig“ hier entſchieden Widerſpruch erheben. Es iſt kein Ausfluß der Knauſerigkeit, kein Ausfluß finanzieller Rückſichten, ſondern ein ſehr wohl durchdachter Ausfluß disziplinarer Geſichtspunkte ( Stadtv. Schwarz: Sehr richtig!) IIm übrigen, meine Herren, trifft der Hinweis auf die Diätare auch nicht zu. Dieſe haben zuvor drei Jahre unentgeltlich in der Verwaltung ſuper⸗ numeriert, ehe ſie Diätare werden und die Ein⸗ nahme von 1000 ℳ bekommen. e Stadtv. Otto: Meine Herren, eine Anzahl meiner Freunde hat in der vorigen Sitzung dem Antrage Stadthagen aus Verſehen zugeſtimmt. (Stadtv. Schwarz: Sehr richtig!) Wir glaubten, es handelte ſich um die Abſtimmung über die Magiſtratsvorlage, und eine ganze Anzahl meiner Freunde ſtimmten dem Antrage zu und mußten nachher zu ihrer Überraſchung ſehen, daß ſie für den Antrag Stadthagen geſtimmt hatten. Wir werden heute für die urſprüngliche Magiſtrats⸗ vorlage eintreten, und zwar werde ich, um alle geſchäftsordnungsmäßigen Bedenken von vorn⸗ herein zu zerſtreuen, mir den Antrag erlauben, daß wir den Magiſtratsantrag aus der vorigen Sitzung, alſo den Antrag: Den Hilfslehrerinnen, die bereits 1 Jahr lang im hieſigen Schuldienſt beſchäftigt worden ſind, wird ein Mindeſteinkommen von 75 . monatlich gewährt wieder zur Abſtimmung bringen und uns für oder gegen dieſen Antrag entſcheiden. Im Anſchluß an die Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters möchte ich vor allen Dingen Herrn Kollegen Vogel gegenüber bemerken, daß die ganze Frage keineswegs eine finanzielle Frage iſt. (Stadtv. Schwarz: Sehr richtig! — Stadtv. Vogel I: Für die Lehrerinnen aber doch!) — Ich komme gleich darauf zurück. — Daß ſie das nicht iſt, ſehen Sie aus der urſprünglichen Magiſtratsvorlage, wo Ihnen vorgerechnet worden iſt, daß es ſich, wenn Sie die Magiſtratsvorlage annehmen, für 1907 um eine Mehrausgabe von 500 ℳ gehandelt hätte. Dieſe Mehrausgabe iſt 1 1., den anderen Aufwendungen in dieſer Ingelegenheit ſo geringfügig, daß darüber kein Wort verloren zu werden brauchte. Wenn alſo finanzielle Gründe nicht vorliegen, dann müſſen natürlich andere Gründe vorliegen, die uns zu unſerer Stellungnahme bringen. Herr Bürgermeiſter Matting nannte die Gründe weſent⸗ lich disziplinarer Natur; ich möchte ſie in aller⸗ erſter Linie Gründe 14 4. f Natur nennen. Wie liegen denn die Verhältniſſe? Aus den ewigen Vergleichen, die Herr Kollege Vogel heute gezogen hat, mit allen möglichen Beamtengruppen, vor allen Dingen auch mit den Lehrern, muß ich bei⸗ nahe annehmen, daß Herr Kollege Vogel über die ſ M Verhältniſſe nicht genügend informiert iſt. (Sehr richtig!) Es werden junge Mädchen, die mit 18 Jahren ihre Lehrerinnenprüfung abſolviert haben, hier in Char⸗ lottenburg zu Vertreterinnen angenommen, junge Mädchen, die — das muß hier ausgeſprochen werden — im praktiſchen Lehrgeſchick eine ſehr eringe, oder, ehrlich geſtanden, vielleicht gar einet Erfah 14 m1 rung haben. gntu( 4 % 151514 iei % (Stadtv. Schwarz: Sehr richtig4),,, Wenn wir mum dieſe jungen Mädchen ſchon mit 75 ℳ monatlich remunerieren, ohne irgend welche Auswahl zu treffen, ſo wird Herr Kollege Vogel das Gegenteil von dem erreichen, was er erreichen will. Iſt der Magiſtrat nicht in der Lage, nach einem Fahre eine Prüfung vorzunehmen, welche Bewerberinnen ſich für ihn eignen und welche nicht, ſo wird er natürlich vorher prüfen müſſen. Er wird dann eine viel ſtrengere Sichtung eintreten laſſen, als er ſie jetzt eintreten läßt, und manche junge Mädchen, die jetzt etwas Beſchäftigung bei der Stadt finden und durch Vertretungen etwas Ein⸗ nahme haben, werden in Zukunft überhaupt keine Einnahmen haben. Denn der Magiſtrat wäre der Sache wegen verpflichtet, dann in dieſer Weiſe zu verfahren. 6 (Stadtv. Schwarz: Sehr richtig!) Er will das nicht tun, ſondern er ſchlägt Ihnen einen andern Weg vor, einen Weg, zu dem er auch erſt auf Grund ſehr eingehender Beratungen ge⸗ kommen iſt. Meine Herren, ich habe gar keinen Grund, hier zu verſchweigen, daß die ganze Anre⸗ gung in der Schuldeputation anfänglich den ſchwer⸗ ſten Bedenken begegnet iſt, Bedenken nach der Richtung hin, daß wir tatſächlich, wenn wir die Magiſtratsvorlage annehmen, Arbeitskräfte aus ſtädtiſchen Mitteln beſolden, die der Stadt nicht die geringſte Arbeit, in gewiſſen Zeiträumen wenigſtens, leiſten. Die Verhältniſſe liegen doch ſo, daß eine Hilfslehrerin, die länger denn ein Jahr im Amte iſt und augenblicklich keine Vertretung hat, nach der Magiſtratsvorlage doch bezahlt wird, obgleich ſie ihre Arbeitskraft nicht im Dienſte der Stadt verwendet. Sie muß ſich natürlich zur Ver⸗ fügung der Stadt halten, ſie muß hoſpitieren zu ihrer eigenen Ausbildung; aber ſie leiſtet direkt der Stadt nichts. Ich meine, das iſt ein Grund, der manchen theoretiſch Denkenden ſchon veranlaſſen könnte, die ganze Magiſtratsvorlage abzulehnen. Wenn wir uns trotzdem auch in der Schuldeputation ent⸗ ſchloſſen haben, den Weg mitzugehen, ſo ſind es im weſentlichen ſoziale Gründe geweſen. Wir haben allerdings anerkannt, daß die Hilfslehrerinnen ſich in einer bedauerlichen Unſicherheit ihrer Stellung befinden, daß dieſe Unſicherheit natürlich auch auf ihre Arbeitskraft, ihre geſamte Tätigkeit zurückwirkt, und daß es im Intereſſe der Stadt wünſchenswert erſcheint, einen Mittelweg zu finden, dieſe Un⸗ ſicherheit zu beheben. Aber dieſe Verhältniſſe treffen doch keineswegs zu auf die jungen Mädchen, die nun eben das Lehrerinnenſeminar abſolviert haben; dieſe können eben nicht von vornherein darauf rechnen, daß ſie gleich in eine bezahlte Tätigkeit eintreten, ſondern müſſen dankbar ſein und ſind dankbar, wenn ihnen zunächſt Gelegenheit gegeben wird, ſich etwas zu beſchäftigen. Der Vergleich mit den Lehrern — ich will auf die andern Vergleiche gar nicht eingehen paßt abſolut nicht, Herr Kollege Vogel. Die Stadt Charlottenburg ſtellt nur Lehrer an, die ſich längere Din. im Schuldienſte bewährt haben und vor allen ingen auch ihre zweite Lehrerprüfung abgelegt haben. Eine ſolche zweite Prüfung gibt es bei den Lehrerinnen — man kann beinahe ſagen: Gott ſei's geklagt — noch nicht; die jungen Damen ſind mit der Ablegung ihrer erſten Lehrerinnenprüfung