328 ——— aus Deutſchland und auch aus der Fremde, zum — Das macht ja nichts; wenn Sie mich nur dazu Teil ganz zufällig, wie ich, auf der Reiſe begriffen, dort zuſammengeſtrömt war, geweſen iſt. Ich kann mir nur denken, daß ſo ungefähr die Kriegs⸗ erklärung im Jahre 1870 eine derartige einmütige Stimmung, ein derartig wuchtiges Gefühl bei allen Leuten hervorgerufen hat. Arbeiter und Leute aus höherem Stande, alle waren in einem Gedanken gleich. Sie konnten damals in Lindau und in Friedrichshafen jedenMenſchen anreden, Sie wußten ganz genau: er wird Ihnen Rede und Antwort ſtehen, und Sie kommen im Geſpräch nur auf das, was alle beſchäftigt. Es hat nur die eine Stim⸗ mung bei allen gearbeitet, und dieſe Stimmung, namentlich als die erſte Nachricht kam, daß Graf Zeppelin ſelbſt verwundet und zerſchmettert wäre, war die des tiefſten Mitleids mit dem Mann, die aver ſehr bald, als die Nachrichten günſtiger lauteten, umſchlug in frohe zuverſichtliche Hoffnung und Stimmung, weil man ſich ſagte: wenn der Mann lebt, iſt eigentlich nichts verloren als Geld, und das Geld zu erſetzen, dazu ſind wir da. Da hat kein Menſch gefragt nach Militärverwaltung, da hat kein Menſch etwas von Hurrapatriotismus proklamiert, da fing kein Menſch an zu denken, welche Stellung die Behörden einnahmen. Das war ein großer, mächtiger, impulſiver Eindruck, der aus jedes einzelnen Menſchen Seele entſprang, gleichviel welchen Bildungsgang er ſich angeeignet, gleichviel ob er ſich bisher für Luftſchiffe intereſſiert hatte oder, wie es mir ging, rein zufällig nur mit dieſem Ereignis verknüpft war. Das wiſſen Sie ja, daß dieſe Bewegung lawinenartig und lawinen⸗ ſchnell, ſo ſchnell, wie nur der Telegraph die Kunde in die deutſchen Lande tragen konnte, ſich fort⸗ 9 pflanzte und in den Städten und auf dem Lande ſich von neuem entzündete; ich bin feſt überzeugt: da haben die Leute auch nicht danach gefragt, wie die Behörden ſich dazu ſtellen. Gerade was ich ſo ſchön an dieſer Bewegung finde, iſt, daß ſie aus dem Volke herausgeboren iſt, daß es nicht nötig war, daß Hofmarſchälle oder Zeremonien⸗ meiſter etwa herumliefen und die Säumigen baten, die Beutel zu öffnen. Hier iſt wirklich von Hurra⸗ patriotismus keine Rede, ſondern im Gegenteil, Reich und Arm hat beigeſteuert und wollte bei⸗ ſteuern, weil ſie erkannten, daß dem Manne zu helfen not iſt, ſie wollten eine tatkräftige Mit⸗ wirkung geben, nicht nur ihr Bedauern ausſprechen gegenüber einer nationalen Tat. Es war an⸗ erkannt worden — und das haben Sie auch an⸗ erkannt, Herr Kollege Zietſch —, daß dieſer eiſerne Fleiß, dieſe eiſerne Energie, dieſer deutſche Idealismus, den Graf Zeppelin an ſein Werk geſetzt hat, urſprünglich nur beſpöttelt und bekrittelt, ſich als eine nationale Tat darſtellt; der Größe ſolcher Tat wollte man durch die Höhe der eigenen Denkungsart ſich einigermaßen ebenbürtig zeigen. Und nun bitte ich Sie, meine Herren, laſſen Sie Charlottenburg auf einer gleichen Höhe der Ge⸗ danken ſtehen! (Bravo!) Stadtv. Zander: Die Ausführungen des Herrn Kollegen Zietſch, daß es ſich bei der Spende für den Grafen Zeppelin nur um Militarismus handeln ſoll, wird außer ihm und ſeiner Partei wohl niemand teilen. (Stadtv. Zietſch: Wir haben Sie bisher immer dazu gerechnet! — Heiterkeit.) rechnen, ſchadet es nichts. Meine Herren, die Luftſchiffahrt, ein Erzeugnis der neueren Zeit, wenn ich mich ſo ausdrücken kann, hat in ſeinem Vertreter Zeppelin das Größte erreicht, was ſie erreichen konnte, und wenn in jenem Augenblick die ganze Hoffnung, die das deutſche Volk auf ihn geſetzt hatte, zerſtört wurde, ſo iſt es ebenfalls wieder eine Ehrenpflicht und nationale Pflicht des deutſchen Volkes, ihm die⸗ jenigen Mittel zu bewilligen, die er bedarf, um uns an die Spitze der Nationen zu ſtellen. Meine Herren, warum Charlottenburg, weil die ur⸗ ſprüngliche Summe, die Zeppelin gefordert hat, erreicht iſt, ſich hintanſtellen ſoll, kann ich nicht be⸗ greifen, und warum es einzig darum geſchehen ſoll, da Ferien waren und die Zuſtimmung des Magiſtrats von den Stadtverordneten nicht be⸗ ſtätigt werden konnte, das kann ich auch nicht be⸗ greifen. Ich glaube, daß bei der Internationalität der Sozialdemokratie es überhaupt komiſch iſt, daß man die Gelder nicht bewilligen will. Denn, meine Herren, wem kommt denn das zugute? doch nur den Arbeitern in den Fabriken, die be⸗ ſchäftigt werden. (Ach! bei den Sozialdemokraten.) Ich glaube, daß man jetzt bei der großen Arbeitsloſigkeit, beſonders wenn jetzt die Induſtrie nicht beſchäftigt iſt, möglichſt viele Mittel bewilligen ſoll, um recht lange Arbeiter zu beſchäftigen. Und da kann es der internationalen Sozialdemo⸗ kratie vollkommen gleichgültig ſein, ob ſie in Char⸗ lottenburg beſchäftigt werden oder in Friedrichs⸗ afen. Den Arbeitern kommt das Geld zugute. (Ach! und Lachen bei den Sozialdemokraten.) Den Arbeitern das Geld, der Ruhm dem deut⸗ ſchen Volke! Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, Herr Kollege Zietſch hat es außerordentlich gut ver⸗ ſtanden, bei Gelegenheit dieſer Vorlage eine Rede über den Armenetat zu halten. Herr Kollege Frentzel hat ja ſchon in treffender Weiſe die Argu⸗ mente zurückgewieſen, die die ſozialdemokratiſche Fraktion bewegen, nach einer Richtung wenigſtens ſie bewegen, den Antrag des Magiſtrats abzulehnen. Meine Herren, Herr Kollege Zietſch hat aber weiterhin geſagt: der Enthuſiasmus, der durch die ganze Nation gegangen iſt, wäre erſt entſtanden mit Rückſicht darauf, daß die Sache einen mili⸗ täriſchen Charakter hätte. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, wenn etwas verkehrt iſt, dann iſt es dies. (Sehr richtig!) Ich glaube nicht, daß unter den Tauſenden und Hunderttauſenden, die nach dem Unglück an den Sammlungen ſich beteiligt haben, ſei es hier in dieſer Stadt oder in der Fremde, nur irgendwie der Gedanke aufgetaucht iſt: hier handelt es ſich um eine rein militäriſche Sache. Nein, hier handelt es ſich um eine nationale Tat. (Sehr richtig!) Allerdings haben wir auch den Gedanken gehabt an die Bedeutung für unſer Militär und unſere Wehrkraft, und wenn Herr Kollege Zietſch geſagt hat, es wäre der Gedanke maßgeblich geweſen, daß wir einen Vorſprung vor dem Auslande er⸗ hielten, und wenn er das gewiſſermaßen bedauert