379 hat, ſo kann ich und können meine Freunde es nur bedauern, daß Sie (zu den Sozialdemokraten) derartige Ausſprüche tun. Ich meine, wir follten uns alle freuen, wenn es einem Manne wie Z3eppelin gelungen iſt, uns einen Vorſprung gegenüber d e m Auslande z u ſiſcher n. Wir wollen alle den Frieden, und den können wir nur durch eine ſtarke Wehrkraft erhalten, und wenn wir ſtarke Wehrmittel in der Luft haben, ſo iſt das auch ein Mittel, uns den Frieden zu er⸗ halten. Es iſt bedauerlich, daß ein Stadtver⸗ ordneter in Charlottenburg derartige Ausſprüche tut, direkt dem Ausdruck gibt, daß ein Vorſprung des deutſchen Volkes vor anderen Völkern auf militäriſchem Gebiete eigentlich von keiner Be⸗ deutung ſei. Ich halte das allerdings — und ich hoffe, mit mir die große Mehrheit der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung von außerordentlich großer Bedeutung, und ich hoffe, daß dieſes Mittel, das Graf Zeppelin dem Militär gegeben hat, wenn es not tut, ebenſo von gutem Erfolg ſein wird wie das Werk, das er dem deutſchen Volke auf dem Gebiete des Verkehrs geleiſtet hat. Stadtv. Becker: Meine Herren, die patriotiſche Bewegung, von der Herr Stadtv. Dr Frentzel geſprochen hat, die er in Friedrichshafen beobachtete, habe ich am 5. Auguſt in Stuttgart und Echterdingen ſelbſt auch mit erlebt. Es ſind die ſtolzeſten Er⸗ innerungen, die ich habe: der Tag, an dem die Mobilmachung im Jahre 1870 verkündet wurde, und der Tag, den ich erlebt habe in Stuttgart. Dasjenige, was die Herren von der ſozialdemo⸗ kratiſchen Partei ärgert, (Lachen bei den Sozialdemokraten) daß ſich eine Begünſtigung des militäriſchen Ge⸗ dankens in der Bewegung zeigt, iſt gerade das⸗ jenige, was mich von Herzen freut. (Stadtv. Hirſch: Na alſo!) Ich bin ſtolz darauf, daß unſer Volk einheitlich ge⸗ zeigt hat, wie es denkt, daß es bereit iſt, die Wehr⸗ kraft des Deutſchen Reiches zu ſtärken, wo es ſie ſtärken kann. Und hier handelt es ſich wirklich um eine Stärkung der Wehrkraft. (Rufe bei den Sozialdemokraten: Da haben wir es!) Die Summen, die hier zuſammengebracht werden, hat ja Graf Zeppelin dazu beſtimmt, daß davon Luftſchiffe gebaut werden, die dem Reiche über⸗ wieſen werden; er ſelbſt will keinen Vorteil davon haben. Er iſt der Erbauer, die Nation iſt der Beſteller, und das Reich iſt der Empfänger. Was kann es Edleres und Schöneres geben! Und wenn nun die Herren von der ſozialdemokratiſchen Partei ihre Aufgabe darin finden, uns Waſſer hineinzu⸗ gießen in den Wein der patriotiſchen Begeiſterung, meine Herren, dann mögen ſie es tun; ich beneide ſie nicht um die Rolle. (Bravo!) Stadtv. Zietſch: Meine Herren, die Dis⸗ kuſſionsredner, die nach mir geſprochen haben, haben ja abgeſtritten, daß es ſich um eine Förderung militäriſcher Intereſſen handelt. Herr Becker hat es ohne weiteres zugegeben, daß das die Hauptaufgabe der Fortſetzung der Erfinderarbeit des Grafen Zeppelin iſt, während die anderen Herren nur auf dem Standpunkt ſtehen, daß das Militär nur auch dabei profitiert. (Stadtv. Becker: Das ſieht jeder von ſeinem Stand⸗ punkt an, ich von dem meinen!) Das iſt es ſelbſtverſtändlich, wogegen wir uns wenden, weil dieſes Luftſchiff eben nur für das Militär verwendet wird. — Herr Kollege Otto ſchüttelt mit dem Kopf; er wird aber wiſſen, daß ſchon durch dieſe Erklärung des Grafen Zeppelin auch die künftigen Luftſchiffe ohne weiteres dem Reiche übergeben werden ſollen, und daß das Reich daraus keine Luftomnibuſſe machen wird zum Verkehr für das Publikum, (Stadtv. Münch: Selbſtverſtändlich! — Heiterkeit) — ich glaube es nicht. Herr Kollege, Sie werden jedenfalls keiner von denjenigen ſein, die auf dem Militärluftſchiff werden mitgenommen werden. (Heiterkeit.) Jedenfalls handelt es ſich hier nur um eine Aus⸗ nutzung eines neuen militäriſchen Kampfmittels, und deswegen gerade wurden dieſe koloſſalen Sammlungen veranſtaltet, weil es ſich darum handelte, daß wir einen Vorſprung haben wollten und haben müßten gegenüber den übrigen Erbauern von Luftſchiffen in England, Frankreich uſw., denen wir dieſe Erfolge nicht gern gönnen wollen. Im übrigen verarge ich es niemanden, der auf dem Standpunkt des Herrn Kollegen Becker ſteht, in der Zahlung von Beiträgen zum Zeppelinfonds eine hohe patriotiſche Aufgabe zu erfüllen. Wer ein echter Patriot iſt, wird ja ein beſonderes Ver⸗ gnügen daran haben, daß davon ein Teil in den Säckel der Steuerzahler hineinfließt. Sie haben gehört, daß das Geld nicht unverkürzt dem Grafen Zeppelin erhalten bleibt, ſondern daß das Reich trotz der hohen Auffaſſung von der koloſſalen Er⸗ finderarbeit des Grafen Zeppelin vorher kommt und die Steuer davon einſammelt. Ich verarge es keinem Patrioten; er könnte ja die Steuer ohne weiteres an den Staat abführen, aber ſoweit dürfte der Patriotismus nicht reichen. Ich möchte hier feſtſtellen, daß die Sozial⸗ demokratie oder meine Freunde weder hier in Charlottenburg noch in Berlin, wenn ſie dagegen geſprochen haben, durchaus keiner Parole folgten, die vom Parteivorſtande gegeben ſei. Ich verüble es auch durchaus nicht Herrn Kol⸗ legen Zander, wenn er heute auf einem gegne⸗ riſchen Standpunkt ſteht als wir. Sonſt, wenn es ſich um irgend eine Sache drehte, ſteht ja Herr Kollege Zander immer zu uns. (Heiterkeit.) Nur von Prinzipien möchte er nichts wiſſen, und da wir nun Prinzipienreiter ſind, müſſen wir heute das Tiſchtuch zwiſchen uns und ihm zerſchneiden. (Heiterkeit.) Herr Kollege Zander irrt aber, wenn er annimmt, daß durch dieſe Arbeiten des Grafen Zeppelin irgendwelcher Erfolg für die Arbeiterſchaft ent⸗ ſteht. Da iſt Herr Zander koloſſal auf dem Holz⸗ wege. An dem Bau von Luftſchiffen iſt nur eine ganz geringe Zahl von Fabriken beteiligt; glaubt Herr Zander, daß, nachdem dieſe Luftſchiffe be⸗ zahlt worden ſind, der deutſche Arbeiterſtand einen großen Aufſchwung nehmen wird? Es iſt ebenſo wie bei dem Bau von Torpedos, vonKreuzern, von Schlachtſchiffen: erſt holt man den Arbeitern in Form von indirekten und direkten Steuern das Geld aus der Taſche, und dann gibt man es ihnen in Form von Arbeitslöhnen wieder. Wenn Herr Kollege Dr Frentzel geſagt hat, in Süddeutſchland ſei man ganz anderer Anſicht geweſen, da ſeien auch Genoſſen für den Grafen