— 382 wortern der Leuchtgas⸗ und Elektrizitätsſteuer ins Feld geführt werden. Der eine iſt die Exiſtenz der Petroleumſteuer. Man ſagt, weil durch die Beſteuerung des Pe⸗ troleums eine Einnahme erſchloſſen iſt, die nament⸗ lich — und das iſt zuzugeben — aus den Taſchen der Minderbemittelten fließt, ſei es gerecht, die andern Lichtquellen zu beſteuern. Da iſt zunächſt vergeſſen, daß Gas und Elektrizität nicht, wie Petroleum, nur Lichtzwecken dient, ſondern auch Kraftzwecken. Es wird weiter überſehen, welche Bedeutung Gas und Elektrizität, wie ich ſchon aus⸗ geführt habe, nicht nur für die Wohlſituierten, ſondern auch für den Mittelſtand und die Minder⸗ bemittelten haben. Es iſt aber vor allen Dingen grundſätzlich abzulehnen, daß deshalb, weil eine drückende Steuer heute beſteht, eine andere Steuer gewiſſermaßen um der ausgleichenden Gerechtigkeit willen eingeführt werden muß. Als zweites Moment wird von mancher Seite angeführt, die ſtädtiſchen Werke, namentlich die Gasanſtalten, nähmen ſo außerordentlich viel Geld ein, daß ſie eine Steuer tragen können. Hierbei läßt man ganz außer acht, daß die Städte keine Erwerbsunternehmungen ſind, daß die Einnahmen, die ſie aus den Gasanſtalten haben, doch der Be⸗ völkerung zugute kommen, und daß, wenn dieſe Einnahmen heute verringert werden, es nötig ſein würde, andere Einnahmen zu beſchaffen, d. h. zu einer Belaſtung der Bürgerſchaft zu ſchreiten. Meine Herren, wir ſind der Hoffnung, daß Sie einſtimmig unſerem Antrage zuſtimmen werden. Ich möchte nur eine kleine Korrektur des Antrages, zugleich im Namen der Mitantragſteller, mir er⸗ lauben: nämlich an Stelle des Wortes „Leuchtgas“ das Wort „Gas“ einſetzen. Nach den Mitteilungen über den Ertrag einer Lichtſteuer iſt es, wie ich ſchon an anderer Stelle erwähnte, unwahrſcheinlich, daß nur eine ſolche geplant iſt, es ſei denn, daß die Reichsregierung ſich gelockt fühlte, der Fahrkarten⸗ ſteuer ein Pendant an die Seite zu ſetzen. Im übrigen haben wir mit Abſicht darauf ver⸗ zichtet, dem Magiſtrat beſtimmte Vorſchläge zu machen, in welcher Weiſe er die Steuer bekämpfen ſoll. Wir wollen dem Magiſtrat vollſtändig freie Hand laſſen, wie er unſeren Wünſchen Rechnung tragen will. Es wird ja in erſter Linie eine Vorſtellung an die Regierung in Betracht kommen; es wird ſich aber darüber hinaus fragen, ob es dem Magiſtrat nicht angängig erſcheint, mit andern Städten ſich zu einem Proteſt zu verbinden, mit den Städten der Provinz, des Staates, vielleicht ſogar des Reiches. In Ihren Händen iſt heute die Tages⸗ ordnung des Preußiſchen Städtetages, und Sie werden mir Recht geben, wenn ich behaupte, daß die Tagesordnung dieſes Städtetages gewinnen würde, wenn man den gewiß recht intereſſanten akademiſchen Thematen, die dort zur Debatte ſtehen, auch noch das aktuelle Thema der Be⸗ kämpfung dieſer Steuer hinzufügte. (Bravo!) Jedenfalls haben wir das Vertrauen, daß der Magiſtrat in unſerem Sinne entſchiedene Stellung gegen dieſe Steuer nehmen wird, die ſich bezeichnen läßt als eine Steuer auf den kulturellen Fortſchritt, auf den Fleiß und auf die Intelligenz der ſt ä d tiſſch e n Bürgerſchaf t. 2 (Bravo!) —— — Meine Herren, dieſe drei Faktoren haben es ja zuwege gebracht, daß die deutſchen Städte vornan ſtehen, wo es ſich darum handelt, die Abgaben aufzubringen für Reich und Staat. Aber gerade deshalb ſollten wir uns energiſch dagegen zur Wehr ſetzen, daß die Geſetzgebung einſeitig immer und immer wieder danach ſtrebt, Sonderſteuern gegen die ſtädtiſche Bevölkerung zu ſchaffen. Ich erinnere aus letzter Zeit nur an die Geſtaltung der Erbſchaftsſteuer, an die ganzen Induſtrieſteuern, an die Verkehrsſteuern, denen man jetzt als neues Glied die Erhöhung der Telephongebühren hinzu⸗ zufügen wünſcht. Wenn zu allen dieſen Steuern noch eine neue tritt, die, wie ich bewieſen zu haben glaube, ſich ganz beſonders gegen die ſtädtiſche Bevölkerung richtet, dann, meine ich, iſt es Zeit, daß mit aller Kraft Proteſt und weitvernehmlich die Forderung erhoben wird, daß endlich in der deutſchen Steuergeſetzgebung Gerechtigkeit herrſcht, die allein die ſichere Grundlage bilden kann für eine geſunde Finanzpolitik. (Bravo!) Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, ich will nicht näher auf die Gründe eingehen, welche gegen eine Einführung einer derartigen Steuer, wie ſie geplant iſt, einer Lichtelektrizitätsſteuer, ſprechen. Der Herr Vorredner hat einiges bereits angeführt. Im gegenwärtigen Stadium wird es vollkommen genügen, darauf hinzuweiſen, daß meine Freunde ja grundſätzlich allen derartigen indirekten Steuern entgegentreten müſſen als vollkommen ungerechten Steuern, die aus einer Reihe von Gründen, die der Herr Vorredner zum Teil entwickelt hat, gerade die Minderbemittelten belaſten. Deshalb werden Sie es fürſ elbſtverſtändlich erachten und nichts Überraſchendes darin finden, daß meine Freunde Ihrem Antrage zuſtimmen. Aber, meine Herren, wenn wir Ihrem Antrage auch zuſtimmen, ſo kann ich es doch nicht unter⸗ laſſen, eine Frage wenigſtens kurz zu ſtreifen: die Frage, welchen Erfolg denn eigentlich Sie ſich von dieſem Antrage und ſeiner, wie ich hoffe, ein⸗ mütigen Annahme hier in der Stadtverordneten⸗ verſammlung verſprechen. Gewiß, ich nehme an, daß, wenn wir einmütig dieſen Antrag angenommen haben, der Magiſtrat auch das Seinige tun wird, um in der Richtung, die der Herr Vorredner zum Schluſſe andeutete, etwas zu tun, etwas zu erreichen, um die Städte zu einem Proteſt zuſammen⸗ zuſchließen. Aber, meine Herren, glauben Sie wirklich, daß ein noch ſo lauter und einmütiger Proteſt der Städte bei der gegenwärtigen politiſchen Geſtaltung der Dinge in Deutſchland irgendetwas erreichen kann? Meine Herren, ich erinnere Sie an den Proteſt, den ein eigens zu dieſem Zweck zuſammengerufener Städtetag in Preußen bei Gelegenheit des preußiſchen Schulgeſetzes gefaßt hat: der Proteſt iſt vollkommen wirkungslos ver⸗ hallt. und, meine Herren, wenn wir auch jetzt wieder einen Proteſt der Städte zuſammenbringen werden, ſo fürchte ich ſehr, daß er wirkungslos verhallen wird bei den Verhältniſſen, wie ſie bei uns herrſchen, und die gerade durch die Freunde der Herren, von denen der Antrag ausgegangen iſt, von denen der Antrag uns hier warm befürwortet wird, zum allergrößten Teile verſchuldet ſind. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!)