Anfrage der Stadtv. Liſſauer und Genoſſen betr. Sparkaſſen⸗Annahmeſtelle. — Druckſache 337. Die Anfrage lautet: Gedenkt der Magiſtrat die Errichtung einer Annahmeſtelle der ſtädtiſchen Sparkaſſe im Kaufhaus des Weſtens etwa zu genehmigen? Frageſteller Stadtv. Liſſauer: Meine Herren, ich habe vor allen Dingen zu bemerken, daß ich die Anfrage, ſoweit meine Fraktion in Betracht kommt, für mich allein geſtellt habe, zuſammen mit einigen Herren einer anderen Fraktion, die ſo freundlich waren, die Anfrage zu unterſtützen. Die Anfrage bezieht ſich darauf, ob der Magiſtrat geneigt ſei, eine Sparkaſſen⸗Annahmeſtelle zu genehmigen reſp. eine Sparkaſſen⸗Annahmeſtelle in das Kaufhaus des Weſtens zu verlegen. Sobald der Beſchluß im Sparkaſſenvorſtande gefaßt war, gab ich zu Protokoll, daß ich Einſpruch dagegen erhebe und mir die Schritte vorbehalte. Ich wandte mich ſofort in einer Eingabe des Bundes der Handel⸗ und Gewerbetreibenden als Vorſitzender desſelben an den Magiſtrat und ſprach perſönlich bei Herrn Bürgermeiſter Matting vor, um ihn zu bitten, die Angelegenheit noch einmal zu überlegen, da es meiner Anſicht nach nicht praktiſch für den Magiſtrat ſei, in der heiklen Mittelſtandsfrage Stellung zu nehmen, indem behördlicherſeits in das Kaufhaus des Weſtens eine ſtädtiſche Sparkaſſen⸗Annahme⸗ ſtelle verlegt werde. Herr Bürgermeiſter Matting erwiderte mir darauf, daß er perſönlich auf dem Standpunkt ſtehe, daß die Warenhäuſer ſehr nützliche Inſtitute ſeien, aber daß für ihn und die Verwaltung nur die Frage in Betracht kommen könne, ob der Ort, an dem ſich die Sparkaſſen⸗Annahmeſtelle befände, praktiſch ſei und den Sparern in großer Zahl Gelegenheit gäbe, dort das Geld abzuführen. Meine Freunde — das heißt diejenigen außer dem Hauſe — und diejenigen, die ſo freundlich waren, mit zu unterzeichnen, ſtehen auf einem anderen Standpunkt. Ohne die Mittelſtandsfrage hier auf⸗ rollen oder auseinanderſetzen zu wollen, ob die Konzentration der Kapitalien auf allen Gebieten der Induſtrie und des Handels nützlich iſt und namentlich nützlich iſt für die kleinen Gewerbe⸗ und Handeltreibenden, glaube ich doch, daß man den Standpunkt vertreten ſolle, daß eine kommunale Verwaltung von der Bedeutung der unſrigen Ab⸗ ſtand davon nehmen müſſe, nach der einen oder andern Seite Stellung zu nehmen und namentlich einer ſo bedeutenden Konkurrenz, wie das Kaufhaus des Weſtens doch den Gewerbeſteuerzahlern vierter Klaſſe gegenüber iſt, noch einen weiteren Vor⸗ ſprung zu geben, indem man ihm eine Annahme⸗ ſtelle anvertraut, die doch unbedingt geeignet iſt, dem Zulauf zu dieſer Art von Etabliſſements, die ja bekanntlich auf alle mögliche und unmögliche Weiſe ſolchen zu vermehren ſuchen, zu vergrößern. Daß das Kaufhaus des Weſtens ſehr bereitwillig war, die Annahmeſtelle zu übernehmen, finde ich durchaus begreiflich. Das geht auch daraus hervor, daß es einen beſonderen Laden dazu eingerichtet hat, woraus ſich ergibt, daß das Kaufhaus des Weſtens ſich des Wertes dieſer Reklame wohl bewußt iſt. Ich bin auch überzeugt, daß das Kaufhaus des Weſtens, wenn es für die Annahmeſtelle noch 20 000 ℳ an den Magiſtrat zu zahlen hätte, freudig zugegriffen hätte. 2 04 291 — Ich habe nicht geglaubt, meine Herren, daß der Magiſtrat in dieſer Raſchheit und ſo ohne weiteres, namentlich, da eine Anfrage vorlag, ſich trotzdem zuſtimmend entſcheiden würde, und kann Ihnen die Verſicherung geben, daß ich es im Intereſſe des Magiſtrats der Stadt Charlottenburg lieber geſehen hätte, wenn die Errichtung der Annahmeſtelle im Kaufhaus des Weſtens verweigert worden wäre. Dieſe Entſcheidung hat in den Kreiſen der Gewerbeſteuerzahler vierter Klaſſe, bei den kleinen Handel⸗ und Gewerbetreibenden, böſes Blut gemacht, und ich glaube, die Folgen davon werden ſich früher oder ſpäter auch einmal zeigen. Inzwiſchen iſt ja die Sache durch die Zu⸗ ſtimmung des Magiſtrats erledigt worden; es kann ſich alſo nicht mehr darum handeln, was der Ma⸗ giſtrat beabſichtigt, ſondern nur darum, daß von dieſer Stelle aus ein Proteſt dagegen erhoben wird, daß der Magiſtrat dazu beigetragen hat, die Überlegenheit eines Unternehmens, deſſen Umſatz derſelbe nach der im letztjährigen Etat veranſchlagten Erhöhung der Warenhausſteuer auf einen Umſatz von ca. 50 Millionen eingeſchätzt hat, noch weiter zu ſtärken und ſomit den Konkurrenzkampf, den die kleinen Handel⸗ und Gewerbetreibenden gegen die Warenhäuſer führen, noch ſchwieriger zu geſtalten. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, nach⸗ dem der Herr Frageſteller ſchon darauf hingewieſen hat, daß der Magiſtrat dem Beſchluſſe des Spar⸗ kaſſenvorſtandes zugeſtimmt hat und dadurch ſeine Anfrage eigentlich gegenſtandslos geworden iſt, kann es ſich lediglich noch um die Frage handeln, aus welchen Gründen er dieſem Beſchluſſe zu⸗ geſtimmt hat, und da Sie ja zweifellos in der Lage wären, bei der Mitteilung, die Ihnen der Magiſtrat an anderer Stelle über dieſen Gegenſtand macht, nach den Gründen zu fragen, ſo iſt es vielleicht zweckmäßig, wenn ich jetzt bereits die Gelegenheit benutze, mich dazu zu äußern. Der Herr Frageſteller hat ja bereits darauf hingewieſen, daß ich perſönlich Gelegenheit hatte, meinen Standpunkt zu dieſer Frage ihm gegenüber zu erörtern, und ich habe, vollſtändig unvorbereitet, die Antwort ſo gegeben, wie ſie mir ohne weitere Prüfung angemeſſen erſchien. Ich habe nachher die Genugtuung gehabt, daß diejenigen Gründe, die ich für meine Stellungnahme in der Angelegen⸗ heit dem Herrn Frageſteller gegenüber formuliert hatte, von dem Sparkaſſenvorſtand zur Begründung ſeines Beſchluſſes dem Magiſtrat vorgetragen worden ſind, wobei gleichzeitig zur Sprache kam, was mir in dem Augenblick wohl auch nicht bekannt war, daß der Sparkaſſenvorſtand einſtimmig nur gegen die Stimme des Herrn Liſſauer dieſen Beſchluß gefaßt hat. Der Sparkaſſenvorſtand und mit ihm der Magiſtrat ſtehen danach auf dem Standpunkt, daß es in erſter Linie die Aufgabe der Sparkaſſe iſt, den Intereſſen des ſparenden Publikums entgegen⸗ zukommen, und daß ſie ſich die Frage vorzulegen hatten: wird dieſes Intereſſe und in welchem Maße durch den Beſchluß des Sparkaſſenvorſtandes ge⸗ ſichert? Die Gründe zur Bejahung dieſer Frage hat der Sparkaſſenvorſtand in folgender Weiſe zuſammengeſtellt. Er hat erſtens erwogen, daß je länger je mehr — wir haben ja übrigens bei Gelegenheit einer andern Vorlage auch ſchon darauf hingewieſen — durch