v, 398 Doktorfragen ſind und daß es ſehr wenige Ver⸗ waltungen gibt, in denen ſie bereits ſoweit erledigt worden ſind wie hier. Sie tun ſicherlich unrecht, wenn Sie dem Magiſtrat vorwerfen, daß er nicht bereitwillig auf alle Ihre Anregungen eingeht. Stadtv. Wöllmer: Meine Herren, ich habe zunächſt im Namen meiner Fraktion die Erklärung abzugeben, daß wir ebenfalls gern davon Kenntnis genommen haben, daß der Magiſtrat dem Be⸗ ſchluſſe der Stadtverordnetenverſammlung betr. die Einſetzung dieſer Deputation Folge gegeben hat. Der Aufgaben, welche dieſe Deputation zu löſen hat, ſind zweierlei. Erſtens hat die Depu⸗ tation gemeinſchaftlich mit dem Magiſtrat zu er⸗ wägen, welche Maßnahmen gegenüber einer plötzlich auftretenden ſtarken Arbeitsloſigkeit eventl. zu treffen ſind. Die zweite Aufgabe ſoll aber die ſein, wie das in der Begründung der Mitteilung des Magiſtrats zum Ausdruck gebracht wird, ge⸗ meinſchaftlich mit dem Magiſtrat zu erwägen, ob ſich die Einrichtung einer Arbeitsloſenverſicherung mit Hilfe ſtädtiſcher Mittel empfiehlt. Meine Herren, dem Mißtrauen, welchem Herr Kollege Hirſch Ausdruck gegeben hat, vermögen wir uns in keiner Weiſe anzuſchließen. Wir ſind vielmehr der Anſicht, daß der Magiſtrat mit Ernſt und Wohlwollen dieſe beiden Fragen prüfen und mit uns gemeinſam dem Ziele näher zu kommen verſuchen wird. Ich glaube, im Namen meiner Freunde ſagen zu dürfen, daß wir das von dem Herrn Kollegen Hirſch geäußerte Mißtrauen in keiner Beziehung teilen. Es geht auch ſchon aus der Mitteilung des Magiſtrats hervor, daß er ſich ernſthaft mit dieſer Frage beſchäftigt hat und daß keinesfalls, wie Herr Kollege Hirſch meint, eine Verzögerung der Angelegenheit zu erwarten iſt. Denn der Magiſtrat hat einen beſonderen Aus⸗ ſchuß eingeſetzt, um die Frage der Arbeitsloſen⸗ verſicherung eingehend zu prüfen, und es geht ferner aus der Mitteilung des Herrn Bürger⸗ meiſters Matting, die wir ſoeben gehört haben, hervor, daß die Deputation bald unterrichtet wer⸗ den ſoll. Aber, meine Herren, die zweite Frage, welche die Deputation zu löſen hat, nämlich an das große Problem einer Arbeitsloſenverſicherung heranzu⸗ treten, iſt ſo ſchwierig, daß wir der Anſicht ſind: der Magiſtrat wird nicht ſo bald ein reifes Projekt uns vorlegen können. Ich weiß nicht, ob die Zu⸗ ſage des Herrn Bürgermeiſters Matting, ſchon im Laufe eines Vierteljahrs das Ergebnis dieſer ſorg⸗ fältigen Prüfung uns vorzulegen, erfüllt werden kann. Ich bin der Anſicht, daß dieſe Frage ſo ſchwierig iſt — Herr Bürgermeiſter Matting ſagte ja auch, ſie ſei mehr oder weniger eine Doktor⸗ frage —, daß wir nicht ſo bald zu einem end⸗ gültigen Reſultat gelangen werden. Die erſte Aufgabe, deren Löſung der Depu⸗ tation obliegt, iſt aber aktuell. Wir befinden uns noch, wie allen bekannt iſt, in einer wirtſchaftlichen Depreſſion. Wer den „Arbeitsmarkt“ geleſen hat, der heute in meine Hände gelangt iſt, wird erkannt haben, daß der Arbeitsnachweis im Auguſt eine ganz erſchreckende Zunahme der Arbeitsloſen zu konſtatieren gehabt hat; denn es ſind auf 100 offene Stellen 153 Arbeitſuchende gekommen. In der „Rundſchau über die Lage des Arbeitsmarktes“ in dieſer Zeitſchrift heißt es: Die Lage des Arbeitsmarktes hat im Auguſt eine bedenkliche Verſchlechterung aufzuweiſen. Wenn die Herbſtſaiſon nicht noch unvermittelt lebhafter wird, ſo müſſen die Arbeiter mit einem an Arbeitsgelegenheit ſehr knappen Winter rechnen. Das bedeutet für alle die, welche Geſchäftsleute ſind oder im Zuſammenhang mit dem gewerblichen Leben ſtehen, daß wir vorausſichtlich einem böſen Winter entgegengehen. Daher meine ich im Ein⸗ verſtändnis mit meinen Freunden, es würde ſich doch wohl lohnen, wenn die Deputation heute ſchon zuſammengeſetzt wird. Wir wollen nicht den Magiſtrat drängen, nun die Erledigung dieſer Arbeiten zu überſtürzen, denn wir ſind, wie geſagt, überzeugt, daß er ſich ihnen ernſthaft und wohl⸗ wollend widmet: aber wir ſind der Anſicht, daß es zweckmäßig iſt: die Deputation iſt gerüſtet, damit ſie jeden Augenblick vom Magiſtrat einberufen werden kann. Ich ſchließe mich daher im Auftrage meiner Freunde den Ausführungen des Herrn Kollegen Hirſch inſoweit an, als wir die Zuſammen⸗ ſetzung dieſer Deputation ebenfalls jetzt beantragen wollen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, der Schluß der Ausführungen des Herrn Kollegen Wöllmer freut mich ungemein. Wir dürfen dann wohl annehmen, daß auch ſeine Freunde einmütig heute die Wahl der Mitglieder der Deputation vornehmen wollen. Wir kommen alſo darin vollkommen zuſammen. Auch ich ging von dem Standpunkt aus, daß die Deputation nun nicht ſofort das große Problem bis zu Ende zu löſen hat, ſondern daß es ſehr wohl möglich ſein wird, ſich in der Deputation auf Maß⸗ nahmen zu einigen, die wenigſtens vorläufig zur Linderung der bevorſtehenden Not beitragen. Ich habe dem Magiſtrat durchaus keinen böſen Willen vorgeworfen. Ich habe lediglich Tatſachen kon⸗ ſtatiert, und dieſe Tatſachen hat der Herr Bürger⸗ meiſter nicht aus der Welt ſchaffen können. Er hat auch gar nicht den Verſuch gemacht, ſie zu beſtreiten. Meine Herren, es iſt doch Tatſache, daß der Magiſtrat uns am 13. Juni 1907 in ſeiner Vorlage auf Anderung der Ortsſtatuten für die Gewährung von Ruhegehalt und von Witwen⸗ und Waiſengeld wörtlich geſchrieben hat: Wir bitten ſchließlich um ſchleunige An⸗ nahme dieſer Vorlage, da wir beabſichtigen, nach Zuſtimmung zu den vorliegenden orts⸗ ſtatutariſchen Nachträgen und nach (Ge⸗ nehmigung durch den Bezirksausſchuß auch eine entſprechende Anderung der Grundſätze für die Gewährung von Ruhegehalt, Witwen⸗ und Waiſengeld für alle im Dienſt der Stadt Charlottenburg ſtehenden Perſonen ohne Be⸗ amteneigenſchaft einſchließlich der Arbeiter vorzunehmen. Eine bezügliche Vorlage wird der Verſammlung dann alsbald zugehen. Es kommt natürlich darauf an, was man unter dem Wort „alsbald“ verſteht. Ich habe mich ſeiner⸗ zeit, als ich die Vorlage las, gefreut und habe nicht daran gedacht, daß der Magiſtrat unter „alsbald“ einen Zeitraum von mindeſtens Jahren verſteht. Meine Herren, es iſt weiter nicht zu beſtreiten, daß in Beantwortung des Fragebogens Ende vorigen Jahres der Magiſtrat uns in bezug auf die Frage des Wohnungsamtes erklärt hat, daß noch während des laufenden Etatsjahres die Sache beſchloſſen werden wird. Das laufende Etatsjahr hat mit dem