Dann liegt die Sache aber auch ſo: Im Herren, Teſtament iſt beſtimmt: Herr Reckzey ſoll ein Legat von 6000 ℳ erhalten mit Rückſicht auf ſeine der Erblaſſerin bewieſene Freundſchaft und unter beſtem Dank für die Bemühungen, die er bisher aufgewendet hat und noch aufwenden wird. Lehnt er ab, ſo ſoll vom Gericht ein andrer Teſtaments⸗ vollſtrecker ernannt werden, der ein Honorar von 2000 ℳ erhalten ſoll. Das heißt doch: der Teſta⸗ mentsvollſtrecker Reckzey iſt in der Lage, jeden Augenblick zu ſagen: ich lehne ab. Dann bekommt er 6000 ℳ und hat keinen Federſtrich zu machen. Er hätte alſo ohne weiteres ablehnen können, und dann würden ſtatt ſeiner zweifellos dem andern Teſtamentsvollſtrecker die 2000 ℳ gezahlt werden müſſen. Es iſt eine reine Auslegungsfrage: hat die Erblaſſerin gewollt, daß mit den 6000 ℳ auch die Teſtamentsvollſtreckung abgegolten ſein ſoll, oder wollte ſie, daß nach dem BGB. verfahren wird, wonach alſo auch in dieſem Falle der Teſta⸗ mentsvollſtrecker, wie jeder andre Teſtaments⸗ vollſtrecker, für ſeine Tätigkeit beſonders liquidieren darf. Der Magiſtrat iſt ſehr zweifelhaft geweſen, ſich zu entſcheiden; er hat aber geſagt, daß es nicht angemeſſen erſcheint, wenn die Stadt eine Erb⸗ ſchaft von 300 000 ℳ macht, bei einer Frage, die zweifelhaft erſcheint, es auf einen Prozeß an⸗ kommen zu laſſen und die Sache mit einem Prozeß gegen den Teſtamentsvollſtrecker abzuſchließen. Ich glaube, es wird nicht ſo kommen, wie Herr Stadtv. Holz geſagt hat, daß die Be willigung der Forderung einen unangenehmen Eindruck auf andre Bürger machen würde, die bereit wären, der Stadt etwas zu hinterlaſſen, ſondern im Gegen⸗ teil: es werden ſich andre Bürger, wenn ſie ſehen, daß ihre Teſtamentsvollſtrecker die Ausſicht haben, in Prozeſſe verwickelt zu werden wegen 2000 bei einer Erbſchaft von 300 000 ℳ., bedenken, der Stadt etwas zu hinterlaſſen. Ich bitte deshalb, die Vorlage anzunehmen. Stadtv. Meyer: Meine Herren, nachdem Herr Kollege Holz geſagt hat, daß „hervorragende Juriſten“ in der Fraktion ſeiner Auffaſſung ent⸗ gegengetreten ſind, halte ich es für nötig, voraus⸗ zuſchicken, daß ich nicht in meiner Eigenſchaft als Juriſt den Standpunkt der Fraktion vertreten ſoll, ſondern vielmehr gerade deshalb hierzu beſtimmt worden bin, weil man weiß, daß ich mich ſchon lange genug nicht mehr mit rein juriſtiſchen Fragen beſchäftige, um nicht in die Fehler der Vorzüge zu verfallen, die Herr Kollege Holz an den Juriſten wahrzunehmen glaubt. Die Mehrheit meiner Freunde verkennt durch⸗ aus nicht das Gewicht der Gründe, die Herr Kollege Holz angeführt hat, aber ſie kommt doch ſchließlich zu dem entgegengeſetzten Ergebnis. Wie ſchon wiederholt geſagt worden iſt, meine Herren, handelt es ſich hier um eine Auslegungsfrage, und in Auslegungsfragen wird mehr oder minder jedesmal die Entſcheidung zweifelhaft ſein. Ich möchte zu bedenken geben, daß manches für den Standpunkt ſpricht, den der Teſtamentsvollſtrecker einnimmt. Es heißt in dem Teſtament nicht, daß das Legat hinterlaſſen iſt mit Rückſich t auf die erwieſene Freundſchaft und die etwaigen Bemühungen als Teſtamentsvollſtrecker, ſondern neben einander iſt das Legat vermacht und der Dank für die Freundſchaft und die etwa auf⸗ zuwendenden Bemühungen ausgeſprochen. Meine 404.— danken kann man jemand dafür, daß er ſich einer Mühe unentgeltlich unterzieht, aber auch dafür, daß er es entgeltlich tut. Zugunſten des Herrn Reckzey fällt die unzweifelhafte Tat⸗ ſache ins Gewicht, daß, wenn er es abgelehnt hätte, Teſtamentsvollſtrecker zu ſein, er trotzdem das Legat und ein andrer die Entſchädigung für die Teſtamentsvollſtreckung erhalten hätte. Was die Höhe der Entſchädigung anlangt, ſo habe ich von Juriſten, die in der Praxis ſtehen, überwiegend gehört, daß — natürlich abgeſehen von dem Legat, das eben ganz und gar eine Sache für ſich iſt — die Forderung nicht unbillig iſt, ſondern den Sätzen entſpricht, die man für angemeſſen für dieſe Tätig⸗ keit hält. Es mag ja dem Laien etwas viel er⸗ ſcheinen, wenn für die Dienſte, wie ſie Herr Kollege Holz dargelegt hat, 2000 ℳ beanſprucht werden. Aber bekanntlich werden gerade für Vollſtreckungen größerer Hinterlaſſenſchaften oft Gebühren gezahlt, die recht hoch ſind, und die mehr nach dem Um⸗ fange der Hinterlaſſenſchaft als nach dem der auf⸗ zuwendenden Arbeit bemeſſen ſind. Nachdem ſomit meine Freunde in der Mehr⸗ heit zu der Überzeugung gelangt ſind, daß es ſich hier um eine Frage handelt, die nicht zweifellos, daß der Rechtsſtreit, den die Stadt beginnen würde, in ſeinem Ausgange unſicher iſt, wünſchen ſie, daß man lieber darauf verzichten ſollte, dieſen Rechtsſtreit zu führen, um ſo mehr, als, wie aus dem Teſtament hervorgeht, die Erblaſſerin Herrn Reckzey mit außerordentlich freundſchaftlichen Ge⸗ fühlen gegenübergeſtanden hat. Wir halten es für ein Gebot der Pietät, mit dieſem Manne nicht einen Prozeß anzufangen, ohne durch eine klare Rechtslage dazu verpflichtet zu ſein. Ich bitte Sie daher, die Magiſtratsvorlage anzunehmen. Berichterſtatter Stadtv. Holz (Schlußwort): Meine Herren, Sie ſehen, es haben drei Juriſten geſprochen und es ſind — das iſt allerdings merk⸗ würdig — nur zwei verſchiedene Meinungen auf⸗ getreten; eigentlich hätten drei verſchiedene Mei⸗ nungen hervortreten müſſen. Ich möchte jedoch von den beiden nicht ſo gut informierten Juriſten, die wir eben gehört haben, an mich und an die Akten appellieren. Ich bin der Meinung, daß ich beſſer unterrichtet bin. Die Akten ergeben in der Tat — und dafür ſprechen auch die verſchiedenen Auffaſſungen, die im Schoße des Magiſtrats in den Akten zum Ausdruck gekommen ſind —, daß die Sache gar nicht anders ausgelegt werden kann, als ſie von mir ausgelegt worden iſt und vom Magiſtrat bis zum 22. Auguſt ausgelegt worden war. Hierzu möchte ich noch hervorheben, daß Herr Reckzey, der Bittſteller, urſprünglich ſelbſt gar nicht daran gedacht hat, daß er die Möglichkeit haben würde, außer den 6000 ℳ., noch weitere 2000 ℳ zu bekommen. Ich habe vorhin in meinem Referat darauf hingewieſen, daß Herr Reckzey, nachdem die Sache mehr oder weniger erledigt war, eine vorläufige Abrechnung überreicht hat, in der vorbehaltlich der Schlußabrechnung alle Poſten auf der Debet⸗ und Kreditſeite notiert waren, und daß er in dieſe Abrechnung nur den Betrag von 6030,70 ℳ eingeſtellt hatte. Er hat alſo damals nicht daran gedacht, weitere 2000 ℳ einzuſtellen. (Stadtv. Dr Stadthagen: Hört! Hört!) Erſt im letzten Augenblick, als es ſich darum handelte, Schluß zu machen, ſagt er: ich verlange noch 2000 ℳ.