—— 405 Ich möchte nebenbei noch, was die Moral der Geſchichte anbetrifft, darauf hinweiſen, daß ich mit Rückſicht darauf, daß die Sache im Schoße meiner Fraktion zum Gegenſtand einer Doktor⸗ oder Auslegungsfrage gemacht worden iſt, mir noch einmal die Akten angeſehen und Veranlaſſung genommen habe, mich verſönlich an den Herrn zu wenden, der das Grundſtück Sophienſtr. 30 an den Käufer vermittelt hat. Darauf hat mir dieſer Vermittler erklärt, daß er ſich verpflichten mußte oder verpflichtet hatte, an Herrn Reckzey von der Proviſion, die er von dem Käufer erhalten hat — es waren 1680 ℳ — die Hälfte abzugeben. (Hört! Hört!) Ich berufe mich auf das Zeugnis dieſes Herrn, deſſen Name in den Akten ſteht, falls Herr Reckzey beſtreiten ſollte, daß er von der Proviſion für den Verkauf des Hauſes die Hälfte abbekommen hat. Würde das wahr ſein, meine Herren, dann würde der Herr erſtens bekommen haben 6030,70 ℳ, zweitens 2000 ℳ, die er einbehalten hat, und drittens 800 ℳ — es kann etwas mehr oder weniger ſein. Ein Mann, der ſo verfährt, der Stadt von ſeiner Proviſionstätigkeit gar keine Mitteilung macht und dann noch weitere 2000 ℳ einbehält, hat durchaus keine Berechtigung, Billigkeitsgründe für ſich geltend zu machen. Deshalb meine ich, daß Herr Stadtrat Samter durchaus nicht auf dem richtigen Wege iſt, wenn er an Hand der Akten zu der Anſicht gekommen iſt, daß gegenüber dem Bittſteller Billigkeitsgründe Platz zu greifen haben. Was dann die Höhe der Forderung an ſich betrifft, ſo habe ich ja bereits darauf hingewieſen, daß ſie über die Maßen ungebührlich iſt. Wenn man ſelbſt ein reines Kapital von 300 000 ℳm an⸗ nimmt, ſo würden 6000 ℳ. 2 % ausmachen. Das Kapital beträgt aber gar nicht einmal 300 000 ℳ. es ſind eine Reihe von Verwendungen notwendig geweſen, nach der Schlußabrechnung beträgt es nur 298 000 ℳ. Von dieſen 298 000 ℳ ſollen wir mehr als 6000 ℳ, alſo 8800 ℳ abgeben! Auch darauf möchte ich noch hinweiſen: das, was Herr Reckzey von der Proviſion bekommen hat, würde vielleicht dem Kaufpreis für das Grundſtück noch zugeſchlagen werden müſſen. Wir würden alſe mehr bekommen haben. Dieſer Umſtand allein in Verbindung mit der Tatſache, daß es unrichtig iſt, zu behaupten, daß die Forderung nicht ungebührlich hoch iſt, müßte uns beſtimmen, den Antrag des Herrn Reckzey abzulehnen. Wenn ein Rechtsanwalt eine der⸗ artige Rechnung aufmachen würde, wenn er das wagen würde, würde man mit Recht von einer Apothekerrechnung ſprechen. Wenn aber ein Laie, der mit der Regulierung abſelut keine Schwierig⸗ keit gehabt hat, eine ſolche Rechnung aufſtellt und von einem Kayital von 300 000 ℳ 8000 verlangt — da ſollen wir ohne weiteres erklären. Billigkeitsgründe bewegen uns dazu, dem Manne das zu bewilligen! Meine Herren, dazu kann ich meine Hand nicht bieten. Ich bin der Meinung, wir müſſen mit dem Gelde unſerer Stadt, beſonders wenn es ſich um das Wohl der Armen handelt, ſorgfältiger umgehen, und bitte wiederholt um Ablehnung der Vorlage. (Die Verſammlung erklärt ſich nach dem An⸗ trage des Magiſtrats damit einverſtanden, daß dem von Fräulein Schwimmer in ihrem Teſtament beſtellten Teſtamentsvollſtrecker Reckzey eine Vergütung von 2000 ℳ gewährt wird.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 9 der Tages⸗ ordnung: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Fuhrleiſtungen für die Straßenreinigung und Feuerwehr. — Druckſachen 302, 361. Berichterſtatter Stadtv. Jolenberg: Meine Herren, der Ausſchuß hat mit ſechs gegen fünf Stimmen beſchloſſen, die Magiſtratsvorlage an⸗ zunehmen. Die Magiſtratsvorlage lehnt zurzeit die eigene Regie ab. Sie will unter Vorhaltung von Gebäuden und Geräten die Pferde uſw. von einem Unternehmer pachten. Im Ausſchuß haben ſich drei Anſichten geltend gemacht. Ein Teil der Ausſchußmitglieder iſt für die eigene Regie eingetreten, ein anderer Teil für die Magiſtratsvorlage, d. h. für das vom Magiſtrat beantragte gemiſchte Syſtem. Wieder andere waren dafür, die eigene Regie grundſätzlich abzulehnen und alles wie bisher an einen Fuhrunternehmer zu vergeben. Die Ausſchußmitglieder, die für die Magiſtrats⸗ vorlage eingetreten ſind, haben es vor allem aus dem Grunde getan, weil nach der Magiſtrats⸗ vorlage für das gemiſchte Syſtem 432 000 ℳ laufende Ausgaben errechnet ſind, und man ſich ſagte, daß die eigene Regie vorausſichtlich erheblich teurer werden wird; hier könne man mit einer be⸗ ſtimmten Zahl rechnen, und man wiſſe, was man für das Geld bekomme. Vom Magiſtrat wurde das gemiſchte Syſtem vor allen Dingen deshalb befürwortet, weil es eine allmähliche Vorbereitung für die eigene Regie be⸗ deutet. Der Magiſtrat hat ſich aber gegen die Einführung der eigenen Regie am 1. April 1910 energiſch gewehrt, weil er meinte, ſie könne bis dahin nicht durchgeführt werden. Der Herr Brand⸗ direktor hatte allerdings früher bedingungslos die eigene Regie empfohlen. Er hat aber dann im Ausſchuß erklärt, daß es ſchwierig ſein würde, bis zum 1. April 1910 die Sache fertig zu machen. Ferner wurde vom Magiſtrat angeführt, daß man die 49 000 ℳ., die das gemiſchte Syſtem gegenüber der eigenen Regie weniger koſtet, vorläufig für die nächſten Jahre ſparen wolle. Die Bauleitung hob hervor, daß die Ställe und Gebäude eben bis zum 1. April 1910 fertig geſtellt werden könnten, daß ſie aber für die eigenen Pferde wohl noch nicht recht geeignet ſein würden, die fremden Pferde aber dort unterkommen könnten. Außerdem erklärte der Magiſtrat, daß der Ankauf von 160 Pferden ein ſehr ſchwieriges Unternehmen ſei, daß es be⸗ ſonders ſchwierig ſei, die Pferde zu akklimatiſieren, die Kutſcher anzuſchaffen — kurz und gut, daß er nicht imſtande ſei, die Sache bis dahin durchzuführen. Entgegengehalten wurden dem Magiſtrat die entgegenſtehenden Gutachten der Sachverſtändigen in den Akten, das Gutachten des Herrn Brand⸗ direktors, dann das des Straßenreinigungsober⸗ inſpektors, ferner der Beſchluß der Feuerlöſch⸗ deputation, die ſich ganz energiſch für die Ein⸗ führung der eigenen Regie zum 1. April 1910 er⸗ klärt hatte. Ferner wurde in bezug auf die Koſten geſagt, daß man, da der jetzige Zuſtand doch un⸗ haltbar ſei, bei aller Sparſamkeit immerhin 49 000 ℳ noch aufwenden könne, um endlich mal