. 408 wenn der Magiſtrat über das Gutachten des Herrn Branddirektors anderer Meinung geweſen wäre (Stadtv. Jolenberg: Gewiß!) und dieſem Gutachten nicht die Bedeutung bei⸗ gemeſſen hätte, wie Herr Stadtv. Jolenberg es tut. Das iſt nun allerdings nicht der Fall geweſen; es iſt für uns lange Zeit hindurch ein ſehr wertvolles Material geweſen. Dann iſt aber eine vollſtändig neue Situation entſtanden, indem eben die Frage des ſogenannten gemiſchten Verfahrens auftrat. Ich habe ſchon im Ausſchuß darauf hingewieſen, daß das Gutachten des Herrn Branddirektors ja die Frage des gemiſchten Syſtems überhaupt nicht behandelt, ſondern ſich nur über das Unternehmer⸗ ſyſtem auf der einen Seite und über die eigene Regie auf der andern Seite erklärt und bei dieſer Frageſtellung zur Befürwortung der eigenen Regie gekommen iſt. Nun iſt es aber durchaus nicht unbedingt notwendig, daß der Magiſtrat, wenn der Herr Branddirektor, wie in dieſem Falle, der neuen Situation gegenüber ſeinen urſprünglichen Stand⸗ punkt aufgegeben und ſich einer andern Meinung angeſchloſſen hat, nun auch vorſichtig in die Akten hineinſchreibt: „Wir machen aber darauf auf⸗ merkſam: der Branddirektor hat inzwiſchen ſein Gutachten oder ſeine Meinung geändert.“ Ein ſolches Verfahren als Grundſatz aufgeſtellt würde eine erhebliche Beſchwernis der Akten ſein. Wenn eine Deputation über das Gutachten eines Sach⸗ verſtändigen hinweggeht, ſo werden Sie auch nicht eine ausführliche Begründung in die Akten hinein⸗ ſchreiben, aus welchen Gründen das Gutachten nicht oder nicht mehr maßgebend iſt. Die Akten ſind durchaus vollſtändig und ſachgemäß; (Stadtv. Jolenberg: Geben aber ein falſches Bild!) daß ſich der Magiſtrat dem Gutachten nicht an⸗ geſchloſſen hat, iſt ausdrücklich in dem Ausſchuß⸗ bericht feſtgeſtellt worden. Dann hat meiner Anſicht nach der Herr Refe⸗ rent mit der Erklärung, die Herr Bauinſpektor Winterſtein abgegeben hat, doch zum mindeſten nicht ſehr im Sinne des Magiſtrats operiert. Er ſagt, der Herr Bauinſpektor habe geſagt: er werde mit aller Not ja vielleicht fertig werden, aber die Ställe ſeien dann für die eigenen Pferde unge⸗ eignet, für die fremden Pferde ſeien ſie allerdings gut genug. So iſt natürlich die Sache nicht ge⸗ weſen. Es iſt ausdrücklich erörtert worden, aus welchen Gründen vielleicht im Notfalle eine ſolche Unterſcheidung gemacht werden könne. Wir müſſen junges und fremdes, hier noch nicht akklimatiſiertes Pferdematerial wer weiß woher einführen, während der Unternehmer mit eingearbeitetem und wider⸗ ſtandsfähigerem Material den Betrieb übernimmt, wobei es noch nicht einmal feſtſteht, ob er überhaupt unbedingt auf dieſe Ställe angewieſen ſein wird, ob er nicht eine Zeit hindurch mit ſeinen eigenen Ställen den Betrieb führen wird, um erſt abzu⸗ warten, bis die Ställe, die die Stadt ihm zur Ver⸗ fügung ſtellt, trocken ſind. Das iſt eine ganz andere Begründung und viel ſachgemäßer, als der Herr Referent ſie gegeben hat. Ich meine, daß es notwendig war, das feſt⸗ zuſtellen, um die Gründe, die der Magiſtrat im Ausſchuß vorgetragen hat, doch einigermaßen in ein richtiges Licht zu ſtellen. Stadtv. Stein: Herr Stadtrat Boll hat, wenn ich ihn richtig verſtanden habe, hier geſagt, daß der Magiſtrat im großen und ganzen — das ſteht ja auch in den Akten drin — für die eigene Regie iſt. Das begrüße ich mit großer Freude. Wenn dann weiter geſagt iſt, der Magiſtrat wäre einſtimmig für die von ihm vorgeſchlagene Löſung geweſen, ſo iſt das ja ganz intereſſant für. uns; aber noch intereſſanter wäre es, wenn wir wüßten, wieviel Magiſtratsmitglieder in der Sitzung an⸗ weſend geweſen ſind. Denn alle ſind doch ſicher nicht da geweſen. Es werden doch verſchiedene auf Urlaub geweſen ſein. (Heiterkeit.) So ganz beſtimmt uns das noch nicht, der ein⸗ ſtimmigen Meinung des Magiſtrats beizutreten. (Zuruf vom f Wir waren beſchluß⸗ ähig!) Alſo daß der Magiſtrat die eigene Regie will, freut mich. Man kann darüber ja ſehr verſchiedener Anſicht ſein; es ſind viele Kollegen hier im Saale, die meinen: nein, eigene Regie iſt falſch, man ſoll das Unternehmern überlaſſen. Ja, dann hätten wir auch die Gasanſtalten, das Elektrizitätswerk den Unternehmern überlaſſen können! (Zuruf: Das iſt ganz was anderes!) Immerhin läßt ſich darüber ſtreiten; der eine will, daß die Stadt nicht alles macht, und viele Kollegen wollen das Gegenteil. — Streitpunkt! Ich bin nicht unfehlbar, ich will nicht entſcheiden, was das richtige iſt. Aber, meine Herren, welches ſind denn die Hauptgründe, die der Magiſtrat für die Verſchiebung anführt? Die Gebäude können nicht fertig werden. — Aber ſie ſollen fertig ſein, wenn der Unternehmer ſie übernimmt! (Heiterkeit.) Alſo dieſer Grund ſcheidet eigentlich aus. Daß 160 Pferde nicht gekauft werden können, — ja, es iſt ſehr ſchwer, dabei ernſt zu bleiben. 160 Pferde können wir kaufen, ſagt der Magiſtrat, aber aus aller Welt. Ach nein, aus Berlin, aus der aller⸗ nächſten Umgebung bekommen wir 160 Pferde, die auch ziehen können, meine Herren. (Zuruf: Schnupfen!) Na, mit dem Schnupfen ſcheint es mir doch nicht ganz ernſthaft gemeint zu ſein, und Krankheiten kommen überall vor. Im Ausſchuß wurde aber noch geſagt: wir wollen doch nicht die Pferde; es wäre ſelbſtver⸗ ſtändlich, daß wir nachher nur Automobile be⸗ nutzen. Na, meine Herren, der Herr Branddirektor hat uns geſagt: das wird dann wohl noch 15 bis 20 Jahre dauern. Das iſt auch anzunehmen; denn dieſer Mordſport wird wohl noch ſo viel tauſend Menſchen totfahren, daß wir nachher darauf verzichten, alles mit Automobilen zu machen. Dann iſt eine Sache noch nicht erwähnt: die Hauptſchäden des jetzigen Syſtems beſtehen meiner Anſicht nach in der Diſziplinloſigkeit des Perſonals. Ich bitte, dieſen Umſtand nicht gering zu ſchätzen. (Stadtv. Gebert: Ausbeutung des Perſonals!) Ich habe die Ehre, ſchon längere Zeit Mitglied der Deputation zu ſein, die ſich mit dieſer Frage be⸗ faßt, und es ſind dort manchmal Fälle zu unſerer Kenntnis gekommen, daß die Fahrer ihren Vor⸗ geſetzten den Gehorſam verweigern und einfach vom Bock ſpringen und ſagen: iſt nicht mehr! (Heiterkeit.) Das iſt mehrfach vorgekommen. Bei der Straßen⸗ reinigung iſt das noch nicht ſo gefährlich; aber ich mache darauf aufmerkſam, daß bei der Feuerwehr die Sache doch anders liegt. Das iſt auch der Grund,