weshalb ich ſchon ſeit 10 Jahren für die eigene Regie der Pferde bei der Feuerwehr geweſen bin, und weshalb wir bei allen größeren Städten dieſe eigene Regie finden; ich glaube, daß es keine Stadt von 100 000 Einwohnern gibt außer Charlottenburg, die nicht mindeſtens ihre Feuerwehr ſelbſt beſpannt. Die Diſziplinloſigkeit des Perſonals iſt ſo groß, daß die Aufſeher bange ſind, den Fahrern gegen⸗ über feſt aufzutreten; wenn ſie auf dem Tegeler Weg einmal einſam gehen, kann ihnen ſonſt viel⸗ leicht etwas Unangenehmes paſſieren. Man ſieht immer andere Geſichter auf den Wagen; die Waſchmaſchinen, die Nummern der Wagen ſind dieſelben, aber ich habe den Eindruck, daß die Geſichter der Fahrer oft wechſeln. Wer nichts taugt, muß ja fliegen, das iſt eine alte Sache; aber ſchön iſt es nicht, daß wir ſo oft andere Ge⸗ ſichter ſehen, und Sie ſagen ja ſelber: es iſt not⸗ wendig, daß ein geſchultes Perſonal vorhanden iſt. Dieſe Difziplinloſigkeit des jetzigen Perſonals iſt hauptſächlich für mich der Grund, weshalb ich Sie bitte, die Magiſtratsvorlage abzulehnen und dafür zu ſtimmen, ſo ſchnell wie möglich die eigene Regie bei uns einzuführen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtrat Meyer: Meine Herren, geſtatten Sie mir als dem früheren Dezernenten und Vor⸗ ſitzenden der Deputation einige Worte. Vor andert⸗ halb Jahren haben Sie den Beſchluß gefaßt, in die Prüfung der Frage einzutreten, ob zum 1. April 1910 die eigene Regie bei uns eingeführt werden kann. Die Deputation iſt mit aller Energie an die Prüfung der Frage herangegangen, und ich perſönlich, der jahrelang Gegner der eigenen Regie war, weil ich die ungeheuren Koſten der eigenen Regie fürchtete und die Vorteile nicht ſo hoch geſchätzt hatte, bin von einem Saulus zu einem Paulus geworden und habe mich mit aller Energie an die Arbeit gemacht und für die eigene Regie gearbeitet. Nach meinen Erfahrungen iſt es zweifellos, daß die eigene Regie das Beſte iſt und die idealſten Zuſtände ſchafft, und daß alle Beſchwerden, die Herr Stadtv. Stein an⸗ führt, die beim Unternehmer vorkommen, in geringerem Maße beim ſtädtiſchen Perſonal vor⸗ kommen werden. Aber anderſeits, meine Herren, habe ich ebenſo die Überzeugung gewonnen, daß die eigene Regie immer das Teuerſte iſt; (ſehr richtig!) ein Privatunternehmer kann und wird immer billiger wirtſchaften als die Stadt. Wenn ich trotzdem, meine Herren, aus voller Überzeugung der Magiſtratsvorlage zuſtimme und Sie dringend bitte — trotzdem ich der eifrige Förderer der eigenen Regie bin —, die eigene Regie zum 1. April 1910 noch nicht einzuführen und den Gründen des Magiſtrats auch etwas Rechnung zu tragen, ſo muß ich Ihnen ſagen, weshalb ich das tun muß. Meine Herren, ich habe die innerſte und vollſte Überzeugung, daß wir, wenn wir Ihren Beſchluß akzeptieren und zum 1. April 1910 die eigene Regie einführen, Nackenſchläge bekommen werden. Ich erinnere Sie an unſere Müllabfuhr: ich behaupte, wenn unſere Müllabfuhr nicht ſo ſchnell und überhaſtet, ſondern ein oder zwei Jahre ſpäter eingeführt worden wäre, daß wir ganz anders gefahren ſein würden als jetzt bei der Überhaſtung. Wenn zum 1. April 1910 die eigene Regie eingeführt werden ſoll, wird das ein Heidengeld koſten, und nicht zwei oder vier Wochen, ſondern lange Zeit, 4209 — gerade im Sommer, wo wir die Straßenreinigung am nötigſten gebrauchen, dürfte die Sache nicht klappen. Wenn Sie einen einſtimmigen Beſchluß faſſen, wenn der Magiſtrat einem einſtimmigen Beſchluß von Ihnen gegenüberſteht, meine Herren, ſo wird es uns immer ſehr, ſehr ſchwer — und es müſſen ganz gewichtige Gründe ſein —, wenn wir einem ſolchen einſtimmigen Beſchluß einmal nicht zu⸗ ſtimmen; denn wir ſagen uns: es iſt die ganze Stadtverordnetenverſammlung, die das wünſcht, dem müſſen wir, wenn es nur irgend angeht, ent⸗ ſprechen. Und nun meine ich: auch einen ein⸗ ſtimmigen Beſchluß des Magiſtrats müſſen Sie ernſteſt behandeln und unſere Gründe für dieſen Beſchluß anerkennen. Es war dies kein Zufalls⸗ beſchluß! Es wird von uns Wert gelegt auf die Einſtimmigkeit, und damit komme ich zu folgender Erwägung. Ich bin ja perſönlich für die eigene Regie und behaupte, daß ſie das Beſte, das Ideal iſt; aber, meine Herren, Sie dürfen den Magiſtrat noch nicht feſtnageln, ſo daß, wenn wir nun in drei Jahren auf Grund eines vorzüglichen Unternehmers zu vorzüglichen Reſultaten kommen, der Magiſtrat gezwungen wäre, die Laſt der eigenen Regie auf ſich zu nehmen. (Stadtv. Stein: Aha!) Der Magiſtrat ſtellt eben die Prüfung der Frage anheim. Und die dritte Frage, meine Herren, die ich für meine Perſon für die allerwichtigſte halte, iſt die Kehrichtfrage. Dieſe muß zugleich mit der eigenen Regie gelöſt werden. (Zuruf.) — Nein, das iſt unmöglich, Herr Stadtverordneter, daß wir zum 1. April 1910 die eigene Regie zugleich mit einer geordneten Kehrichtabfuhr nach außerhalb einführen können. Da muß erſt ein Abkommen mit der Eiſenbahn getroffen werden, da müſſen große Müllabladeplätze geſchaffen werden, da muß noch dies und jenes vorhanden ſein; das geht in einem Jahre nicht zu ſchaffen, auch die Deputation hat einſtimmig anerkannt, daß es unmöglich iſt, alle dieſe Aufgaben ſo ſchnell zu löſen. Aus dieſen Gründen bitte ich Sie, meine Herren, das Votum Ihres Ausſchuſſes anzunehmen und der Magiſtratsvorlage zuzuſtimmen. Stadtv. Dr. Spiegel: Meine Herren, die Ma⸗ giſtratsvorlage trägt den Fluch aller halben Maß⸗ regeln: ſie findet ſo rechte Freunde auf keiner Seite. Es iſt Ihnen ja kein Geheimnis, daß ſpeziell unter meinen Freunden es ſowohl überzeugte Anhänger, als auch ebenſo überzeugte Gegner der eigenen Regie gibt, und jeder von dieſen Teilen findet in der Vorlage etwas, was ihm die Freude daran verdirbt. Diejenigen, die gegen die eigene Regie ſind, ſehen in der Vorlage die Vorbereitung dieſer eigenen Regie, und es gibt unter ihnen eine ganze Anzahl, die glauben, daß bei geeigneter Suche nach andern Unternehmern auch ohne Vor⸗ haltung eigener Ställe Unternehmer gefunden werden, die Gutes in der Abfuhr leiſten; der eine oder der andere meint ſogar, daß man dafür gar nicht ſoviel auszugeben brauche, wie der Magiſtrat in dem Erläuterungsbericht vorgeſehen hat. Indeſſen, meine Herren, ich will nicht für die Gegner der eigenen Regie ſprechen. Denn ich bin Anhänger der eigenen Regie und bedaure mit den⸗ jenigen meiner Freunde, die der gleichen Anſicht