—2—— und praktiſchſte in dieſem Augenblick für uns zu ſein. Ich bitte Sie deshalb, den Antrag Spiegel nicht anzunehmen. Er iſt ſchon deshalb unan⸗ nehmbar, weil wir, wenn er angenommen würde, nicht wiſſen: was will die Stadtverordneten⸗ verſammlung nun eigentlich? will ſie die eigene Regie haben, oder will ſie ſie nicht haben? Denn aus verſchiedenen und ſich widerſprechenden Grün⸗ den kann gegen den Magiſtratsantrag geſtimmt werden. Ich bitte Sie deshalb, den Antrag Spiegel nicht anzunehmen. (Zuruf.) — Herr Stadtv. Dr Spiegel iſt vielleicht ſogar ſo freundlich, ſein Amendement zurückzuziehen — ich glaube, er hat ſelbſt ſchon 3weifel — und der Magiſtratsvorlage zuzuſtimmen, nach der wir am praktiſchſten und am billigſten fahren. Stadtv. Gebert: Meine Herren, es tut mir ja wirklich leid, daß der Magiſtrat ſo ſehr ſchwierige Arbeiten mit dieſer Vorlage gehabt hat. Für mich ſteht das eine einmal feſt, und ich kann im Namen meiner Freunde erklären: für uns iſt die eigene Regie eine Prinzipienfrage. Aber gerade bei der Abfuhr iſt die eigene Regie unter allen Umſtänden notwendig, eiſern notwendig, und jede Stunde, die ſie hinausgeſchoben wird, bedeutet für uns einen Rückſchritt. Wenn hier nun angeführt wird, das gemiſchte Syſtem ſei vielleicht akzeptabel, ſo wird doch bei einer Vergebung an einen Unternehmer auch wieder die Frage an den Herrn Unternehmer heran⸗ treten: wo bleibt er mit dem Kehricht, hat er Ab⸗ ladeplätze uſw.? Alle dieſe Fragen würden eben⸗ falls beſtehen bleiben, damit hätten wir zu rechnen. Nun iſt von Herrn Kollegen Stein geſagt worden — — (Andauernde Unruhe. Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Kaufmann: Ich bitte die Herren um etwas Ruhe! Stadtv. Gebert (fortfahrend): — daß ihm die Diſziplinloſigkeit der Angeſtellten des jetzigen Herrn Unternehmers aufgefallen iſt. Ja, meine Herren, iſt denn das zu verwundern? das iſt doch ſo klar, wie nur irgend etwas. Sehen Sie ſich doch das Arbeitsmaterial an, mit welchem dieſer Herr Fricke arbeitet! Da muß ja Diſziplinloſigkeit einreißen. Ungenügende Löhne werden gezahlt. Die Behandlung iſt oftmals ganz unglaublich, wenn ich mich nicht ausdrücken will: ſchlecht; da iſt 5. ganz klar, daß Diſziplinloſigkeit einreißen muß. Sie verlangen geſchulte Kutſcher, und es wird behauptet, es ſei nicht möglich, geſchulte Kutſcher in der genügenden Anzahl in der beſtimmten Zeit herbeizuſchaffen. Nun, meine Herren, das iſt eine Ausrede, und ich glaube, Sie nehmen ſie auch nicht ernſt; daran glaubt kein Menſch. Kutſcher und eingearbeitete Arbeiter können Sie genug be⸗ kommen. Wie liegt es denn nun, meine Herren, mit den Pferden? Der neue Unternehmer oder ſagen wir der angeworbene Unternehmer muß ſeine Pferde doch in die neugebauten Ställe hinein⸗ ſtellen. Was iſt das Reſultat? Dieſe Pferde können doch auch krank werden und verſagen, und dann ſtehen wir wieder vor der Kalamität. 413 Alſo auch nach dieſer Richtung kommen wir nicht zum Ziel. Dann will ich noch auf eins hinweiſen. Die Aufſtellung des Magiſtrats über die Ausgaben für Beſchaffung von Pferdematerial erſcheint mir zu hoch. Bei 160 Pferden iſt jedes Pferd mit 1500 berechnet. Dieſer Preis iſt zu hoch. Wir bekommen die ſchweren Pferde für 1200 und auch bereits für 1000 ℳ. Wenn wir 1000 ℳ für die ſchweren Pferde zugrunde legen und 600 ℳ für die leichten Pferde, ſo würde das eine Erſparnis gegenüber der Annahme des Magiſtrats von 63 000 ℳ er⸗ geben. Wenn wir die Aufſtellung nachprüfen, ſo kommen wir zu dem Reſultat, daß hier ungeheuer hoch veranſchlagt worden iſt. Das eine werden Sie mir doch zugeben, meine Herren: mag der Unternehmer Fricke, mag er Gehl heißen, mag er aus Berlin kommen oder ſonſt woher, er wird verſuchen, aus ſeinem Material Geld herauszu⸗ ſchlagen, zu verdienen, und er wird uns ſtets und ſtändig ſchlechtes Material offerieren. Es wird gar nichts anderes übrig bleiben. Betrachten Sie doch die Ausrechnung des Magiſtrats nach der Seite hin, was der Unternehmer erhalten ſoll! Da wird es Aufgabe des Unternehmers ſein, zu verdienen. Wenn das der Fall iſt, dann werden die Beſchwerden, die Herr Kollege Stein ſchon in der letzten Sitzung vorgebracht hat, nicht aufhören. Wir werden ganz dasſelbe Verhältnis bekommen. Wenn wir doch ſchon einmal ein muſtergültiges Inſtitut haben wollen, warum denn noch ſo lange damit warten? Meine Herren, ich habe die Be⸗ fürchtung, wenn Sie auch das Amendement des Herrn Kollegen Dr Spiegel annehmen, daß fol⸗ gendes eintreten wird. Im Jahre 1915 läuft der Vertrag mit der Müllabfuhr⸗Geſellſchaft ab. Man wird ſagen: wartet doch bis 1915, dann nehmen wir das auch noch mit hinzu. Und kommt dann das Jahr 1915 heran, dann wird man ſagent: jetzt iſt uns der Betrieb ſo groß, daß das nicht mehr geht, jetzt müſſen wir ihn verteilen oder zerteilen, und das Ende der Dinge iſt2 — wir werden die eigene Regie überhaupt nicht bekommen. Ich habe auch die Befürchtung, daß es dem Magiſtrat nicht ſo ernſt damit iſt, die eigene Regie einzuführen. Meine Herren, ich möchte Ihnen noch eine Stelle aus dem Gutachten des Herrn Branddirektors Bahrdt anführen. Er ſchreibt: Der eigene Betrieb der Abfuhr in vor⸗ beſchriebenem Rahmen ermöglicht nicht nur die pünktlichſte und vollſte Erledigung aller einſchlägigen Geſchäfte bei der beſten Er⸗ haltung der Einrichtungen, Geräte und Fahr⸗ zeuge, ſondern er wird auch dem vornehmen Charakter der Stadt entſprechend in äſthetiſch⸗ hygieniſcher Hinſicht völlig einwandfrei ſein können. Alſo hier wird klipp und klar geſagt: es ſoll ein großartiger Muſterbetrieb werden. Meine Herren, wollen wir den doch ſchaffen! Die paar Mark, die uns eventuell die Geſchichte teurer zu ſtehen kommt, wiegen lange nicht das auf, was nachher ein muſtergültiger Betrieb bedeutet. Die Stadt Charlottenburg, die doch immer muſtergültig ſein will, hat hier die ſchönſte Gelegenheit dazu. Sie kann gerade hier dafür ſorgen, daß bei der Ab⸗ fuhr muſtergültige Verhältniſſe geſchaffen werden. Es wird dagegen angeführt: wir haben keine Abladeplätze. Sehen wir uns doch andere Städte an, die haben auch keine Abladeplätze gehabt, ſie