Verhältniſſe zu haben. Ich kann hier namens des Vereins deshalb ſprechen, weil ich als Ver⸗ treter des Magiſtrats dem Verein angehöre und auf dieſe Weiſe über die Verhältniſſe des Vereins einigermaßen Beſcheid weiß. Wie Sie aus der Vorlage erſehen, handelt es ſich um ein Kapital von 355 000 ℳ, das der Verein in dieſes Haus geſteckt hat; bis auf 165 000 ℳ, die die Sparkaſſe gibt und die mit dieſen 6600 verzinſt werden ſollen, ſind es eigene Mittel, auch den Betrieb leiſtet der Verein aus Mitteln, die er im weſentlichen ſelbſt aufbringt. Es iſt alſo eine recht beträchtliche Aufwendung, die der Verein zugunſten der Mütter und Säuglinge macht, und ich meine, daß dieſe Vorleiſtung des Vereins es rechtfertigt, daß wir ihm eine gewiſſe Garantie geben, damit er wenigſtens für die nächſte Zeit, bis er ſich feſt konſolidiert hat, nicht ſorgenvoll in die Zukunft zu ſehen braucht. Deshalb hat der Magiſtrat dem Wunſche entſprochen, eine möglichſt lange Friſt vorzuſehen. Wenn ich darauf hinweiſe, daß in ähnlichen Verhältniſſen, z. B. dem Schiller⸗ theater gegenüber, wir uns auf 25 Jahre gebunden und ſogar ein Optionsrecht auf die nächſten 25 Jahre bewilligt haben, ſo ſcheint es mir nicht außerge⸗ wöhnlich, wenn wir hier eine 15 jährige Unkünd⸗ barkeit für dieſe Leiſtungen dem Verein zuſichern. Stadtv. Ruß: Nach den Ausführungen der beiden Herren Vorredner möchte ich befürworten, die Vorlage ohne Ausſchußberatung anzunehmen. Stadtv. Vogel 1: Meine Herren, ich würde nicht auf Ausſchußberatung beſtenen, aber ich muß mir doch einige Bemerkungen zu der Vorlage er⸗ lauben. Znuächſt glaube ich, daß das Intereſſe der Stadtverordneten an den Beſtrebungen des Vereins nicht geringer iſt als das des Magiſtrats, und dann halte ich es auch für richtig, daß ſeitens der Stadt⸗ verordneten ebenfalls ein Mitglied in den Vorſtand kommt. Weiter möchte ich noch auf eins aufmerkſam machen. Im §1 heißt es, daß der Verein Säuglinge mit ihren unverehelichten oder eheverlaſſenen Müttern aufnimmt. Meine Herren, auch Frauen, die nicht eheverlaſſen ſind, rönnen nach ihrer Ent⸗ bindung der Aufnahme ebenfalls bedürftig ſein, z. B. wenn ſie lange unverſchuldet arbeitslos ſind. Damit auch die Kinder ſolcher Mütter nicht zu⸗ grunde gehen und das Band zwiſchen ihnen und der Mutter gefeſtigt wird, glaube ich, daß eine Er⸗ gänzung des Entwurfs in dieſer Hinſicht nötig iſt. Es heißt zwar in dem Entwurf § 3, daß dem Verein 14 Betten für Kinder mit Müttern von der ſtädtiſchen Armenverwaltung überwieſen werden können, und es iſt anzunehmen, daß dieſe ÜUberweiſung einmal nicht an irgend welche konfeſſionellen Rückſichten geknüpft wird, was ja auch ſonſt nie geſchieht, ferner aber auch nicht daran, daß es nur eheverlaſſene, un⸗ eheliche Mütter ſein müſſen, ſondern daß die Armenverwaltung, wenn eine Bedürftigkeit von Müttern, die nicht eheverlaſſen ſind, ſich heraus⸗ ſtellt, auch deren Aufnahme in dem Heim ver⸗ anlaſſen wird. Aber wie geſagt, es ſind nur 14 Betten, und es wäre zu wünſchen, daß bei den übrigen 26 Betten auch dieſe Beſchränkung nicht Platz greift. Es gibt ja noch andere Umſtände, die einem Stillen und der Pflege der Kinder durch die eigene Mutter hinderlich ſein können. Es kommt unter 417 den heutigen wirtſchaftlichen Verhältniſſen ſehr oft vor, daß die Mutter in der Fabrik arbeitet, der Vater — ſehr oft unverſchuldeterweiſe — arbeitslo⸗ iſt, ſo daß die Familie auf die Tätigkeit der Mutter angewieſen iſt. Die Mutter iſt aber, wenn ſie arbeitet, meiſt nicht imſtande, das Kind ſelbſt zu ſtillen. Dann tritt eben der Übelſtand ein: entweder leidet die übrige Familie oder das Kind. Da möchte ich eine Anfrage an den Magiſtrat richten, ob er auch einen Antrag von dem Regierungspräſidenten in Potsdam bekommen hat, die Einrichtung von Stillſtuben in den Fabriken zu fördern. Es ſind ſeit einer Reihe von Jahren in mehreren Gegenden des In⸗ und Auslandes, z. B. in Spanien und Portugal und dann am Rhein mit beſtem Erfolg in größeren Fabriken ſogenannte Stillſtuben ein⸗ gerichtet worden, wo die in der Fabrik beſchäftigten Mütter ihren Säuglingen zu beſtinnmten Stunden die Bruſt geben können. Für die Wartung der Säuglinge während der übrigen Zeit werden Schweſtern angeſtellt. Der preußiſche Miniſter des Innern hat eine ſolche Verordnung durch den Regierungspräſidenten den Berliner Vororten zu⸗ gehen laſſen, und ſo viel ich weiß, iſt in Weißenſec und Schöneberg der Gedanke ſofort aufgenommen worden. Die Fabrikbeſitzer ſind aufgefordert worden, ein Zimmer in den Räumen der Fabrik umſonſt zur Verfügung zu ſtellen, wo die dort arbeitenden Mütter ihren Kindern in den Pauſen die Bruſt geben können. Alle Unkoſten für die Kontrolle der Stillſtuben durch einen Arzt und die Anſtellung von Schweſtern für die größeren Fabriken will die Gemeinde tragen. Auch das Kriegs⸗ miniſterium hat angeordnet, daß in den Spandauer Militärwerkſtätten derartige Einrichtungen für die dortigen Arbeiter getroffen werden. Im Ausland iſt das ja ſchon länger in UÜbung. In Spanien be⸗ ſteht das Geſetz vom 13. März 1900, das folgende Beſtimmungen hierüber enthält: Frauen und Mädchen iſt während der Stillungsperiode innerhalb der Arbeitszeit täglich eine Stunde frei zu geben, um die Bruſt reichen zu können, und zwar eine halbe Stunde vormittags und eine halbe Stunde nachmittags. Dieſe zwei halben Stunden ſind den Müttern anſtandslos für die Zeit zuzugeſtehen, für die ſie ſie für geboten halten, nach vorheriger Benachrichtigung des Ar⸗ beitsleiters bei Eintritt in die Arbeit, welche Stunden ſie gewählt haben. Unter keinen Umſtänden ſoll die zur Stillung beſtimmte Stunde bei der Berechnung des Tagelohns in Abzug gebracht werden. Wenn das Kind in die Anlage gebracht wird, ſind der Mutter auf Verlangen 4 Pauſen von je 15 Minuten zum Stillen zu gewähren. Auch iſt ihr für das Stillen pro Tag mehr als eine Stunde zu bewilligen, wenn ſie mit einem ent⸗ ſprechenden Lohnabzug einverſtanden iſt. Es ſind alſo ganz ausführliche Beſtimmungen getroffen; Sie finden ſie in den Veröffentlichungen des Kaiſerlichen Geſundheitsamts von 1901. Meine Herren, auch wir haben eine große Reihe von Fabriten, in denen zahlreiche Mädchen und Frauen beſchäftigt werden. Ich erinnere an die großen Fabriken von Siemens am Salzufer, in der Franklin⸗ und Helmholtzſtraße, dann die Fabriken von Zwiebuſch, Dr Caſſirer, Löwinsky uſw. Wir haben eine ganze Reihe von Etabliſſements, wo weibliche Perſonen beſchäftigt werden, und wo