—— 419 — Vorſteher Kaufmann: Herr Kollege Vogel, haben Sie einen beſtimmten Antrag geſtellt? (Wird verneint.) Dann iſt Ihre Anregung erledigt. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: a) Dem abgedruckten Entwurf einer Verein⸗ barung mit dem Verein Säuglingsheim wird zugeſtimmt. b) Die für das Rechnungsjahr 1908 nach § 2 der Vereinbarung erforderliche Summe von 3300 ℳð iſt dem Dispoſitionsfonds zu ent⸗ nehmen.) Inzwiſchen iſt ein Antrag des Herrn Kollegen Stein eingegangen: Die Stadtverordnetenverſammlung wolle beſchließen, den Magiſtrat zu erſuchen, für eine beſſere Beleuchtung der Kurfürſten⸗ ſtraße Sorge tragen zu wollen. Ich werde den Antrag auf die Tagesordnung der nächſten Sitzung ſtellen. Ferner iſt ein dringlicher Antrag des Herrn Kollegen Otto mit genügender Unterſtützung ein⸗ gegangen: Die Stadtverordnetenverſammlung erſucht den Magiſtrat, zum 1. Oktober dieſes Jahres an der Auguſte⸗Viktoria⸗Schule eine 1 M⸗ Klaſſe zu errichten. Ich laſſe zunächſt über die Dringlichkeit ab⸗ ſtimmen. (Die Verſammlung beſchließt die Dringlichkeit des Antrages.) Wir treten dann, wenn ich keinen Widerſpruch höre, ſogleich in die Beratung des Antrages ein: Dringlicher Antrag der Stadtverordneten Otto und Gen. betr. Errichtung einer 1 M⸗Klaſſe an der Auguſte Viktoria⸗Schule. Ich habe den Antrag bereits verleſen. Antragſteller Stadtv. Otto: Meine Herren, an der Auguſte⸗Viktoria⸗Schule ſind zwei Klaſſen⸗ reihen, eine 0⸗Reihe und eine M⸗Reihe. Die 0⸗Reihe iſt ausgebaut; wir haben ſeit dem 1. Avril dieſes Jahres 10 Klaſſen. Die M⸗Reihe müßte jetzt ausgebaut werden; denn die II M-Klaſſe ſchließt mit dem 1. Oktober ihr Penſum ab. Nach⸗ dem uns der Magiſtrat eine Vorlage in dieſer Richtung nicht unterbreitet hat, muß ich annehmen, daß er nicht die Abſicht hat, der M⸗Reihe eine 1 aufzuſetzen. Er muß für dieſen Fall verfügen, daß die Schülerinnen, die jetzt die I1 M abſolviert haben, wenn ſie nicht die Schule verlaſſen wollen, ebenfalls in die erſte Klaſſe der O⸗Reihe gehen. Ich halte einen derartigen Weg für päda⸗ gogiſch durchaus unerwünſcht. Es würde ſich dann der Zuſtand ergeben, daß in einer Klaſſe — in dieſem Falle in der 1 0⸗Klaſſe — zwei Abteilungen unterrichtet werden müſſen, von denen die eine Abteilung ein halbes Jahr weiter in ihrer Ent⸗ wicklung iſt, als die andre. Es laſſen ſich ja für dieſen Standpuntt des Magiſtrats vielleicht einige Gründe anführen. Es könnte im Augenblick Schwierig⸗ keiten machen, da die Auguſte⸗Viktoria⸗Schule in einem Erweiterungsbau begriffen iſt, einen defini⸗ tiven Klaſſenraum für die neu zu errichtende 1 M-Klaſſe zu finden; es könnte auch Schwierig⸗ keiten machen, gleich eine geeignete Lehrtraft an⸗ zuſtellen. Schließlich ſpielt ja auch die Frage, welche Frequenz die Klaſſe haben wird, eine Rolle. Ich glaube aber, daß es nicht die Abſicht der Stadt⸗ verordnetenverſammlung iſt, was die Frage der Frequenz angeht, allzu engherzig zu ſein. Wenn wir z. B. eine Frequenz von 12 bis zirka 15 Schüle⸗ rinnen für dieſe Klaſſe haben würden, ſo, meine ich, wäre das Bedürfnis für dieſe Klaſſe erwieſen; wir würden dann unſere weibliche IJugend nur ſo behandeln, wie wir der männlichen Jugend gegenüber in unſeren höheren Lehranſtalten jeder⸗ zeit verfahren ſind. Es iſt ja den Herren aus der Stadtverordneten⸗ verſammlung bekannt, daß an höheren Mädchen⸗ ſchulen in Charlottenburg überhaupt ein Mangel beſteht, daß viele Charlottenburger Bürger nicht in der Lage ſind, ihre Töchter in eine ſtädtiſche höhere Mädchenſchule zu ſchicken. Solange dieſer Mangel leider noch beſteht, ſollten wir uns min⸗ deſtens bemühen, die beſtehenden ſtädtiſchen höheren Mädchenſchulen ſo gut auszubauen, als uns das möglich iſt, und es wird ein vollendeter Ausbau für die M⸗Reihe in der Auguſte⸗Viktoria⸗Schule nur erzielt werden, wenn wir eine 1 M-Klaſſe auf⸗ ſetzen. Meine Herren, Sie haben alle in dieſen Tagen geleſen, daß die neuen Beſtimmungen über das Mädchenſchulweſen erſchienen ſind, und daß ſie demnächſt den Landtag beſchäftigen werden. Es ſteht anzunehmen, daß die Beſtimmungen weſent⸗ liche Abänderungen im Landtage nicht erfahren werden. Dieſe Beſtimmungen ſehen ausdrücklich vor, daß als eine vollentwickelte höhere Mädchen⸗ ſchule nur eine ſolche mit 10 aufſteigenden Klaſſen anzuſehen iſt. Wenn wir alſo wirklich für ein halbes Jahr uns die Errichtung dieſer I M⸗Klaſſe noch er⸗ ſparen wollten, wir müßten ſie im nächſten Jahre, wenn die neuen Beſtimmungen Geltung haben, unter allen Umſtänden errichten. Ich glaube deshalb, daß es ſich im Intereſſe der Schule und im Intereſſe unſerer Bürgerſchaft empfiehlt, den Magaiſtrat zu erſuchen, die Errichtung einer 1 M⸗ Klaſſe in der Auguſte⸗Viktoria⸗Schule vorzuſehen. Der Antrag, den ich mir erlaubt habe zu ſtellen, iſt von allen Fraktionen, die in dieſer Verſammlung vertreten ſind, unterzeichnet worden; das Bedürfnis wird alſo allgemein anerkannt. Ich zweifle nicht daran, daß auch der Magiſtrat, nachdem dieſer Antrag hier geſtellt iſt und, wie ich hoffe, mit großer Mehrheit, wenn nicht einmütig, angenommen ſein wird, die Frage nochmals einer eingehenden und wohlwollenden Prüfung unterwerfen wird. Freilich wird dann auch für die Sophie⸗Charlotten⸗Schule die Frage zu prüfen ſein, ob nicht auch dort, wo die allgemeine Entwicklung genau die gleiche iſt, wie bei der Auguſte⸗Viktoria⸗Schule, eine I M⸗Klaſſe zu errichten wäre. Jedenfalls bitte ich die Stadt⸗ verordnetenverſammlung, dem Antrage zuzu⸗ ſtimmen. Bürgermeiſter Matting: Ich kann eine Er⸗ klärung nur für meine Perſon und für die des Herrn Stadtſchulrats abgeben, der augenblicklich durch eine andere dringende Sitzung verhindert iſt und mich um ſeine Vertretung gebeten hat. Meine Herren, die Angelegenheit iſt leider dadurch etwas verzögert worden, daß der Herr