—— 421 — Punkt 12 der Tagesordnung: Vorlage betr. Enteignung von Straßenland der Galvaniſtraße, des Charlottenburger und des Salzufers aus Anlaß des Neubaues der Dove⸗ brücke. — Druckſache 364. Berichterſtatter Stadtv. Dzialoszynski: Meine Herren, Sie erinnern ſich, daß in der Sitzung vom 20. Mai 1908 beſchloſſen wurde, aus Anlaß des Neubaues der Dovebrücke — es iſt die Brücke mit der Schifferfigur und dem Häuschen, in welchem der Lademeiſter zu wohnen hat — von den Zu⸗ fahrtſtraßen die Galvaniſtraße, das Charlotten⸗ burger Ufer und das Salzufer in den an die Brücke angrenzenden Teilen zu regulieren. Die Stadt hatte mit Rückſicht auf dieſen Beſchluß mit 8 Grund⸗ beſitzern wegen Abtretung des Geländes zu verhan⸗ deln und iſt mit 5 Grundbeſitzern einig geworden. Mit 3 Grundbeſitzern iſt dagegen die Stadt nicht einig geworden; es ſind Frau v. Studnitz, ein Kaufmann Kuhlmann und die Mundtſchen Erben. Die Verhandlungen mit den erſten beiden ſind geſcheitert, weil dieſelben bei weitem übertriebene Anſprüche geſtellt haben. Die Verhandlungen mit den Mundtſchen Erben hatten zuerſt zu einer Zuſage des Vertreters der Mundtſchen Erben ge⸗ führt, mit der der Magiſtrat operieren konnte; aber bevor der Vertrag abgeſchloſſen war, hat der Vertreter der Mundtſchen Erben ſeine Zuſage als auf einem Irrtum beruhend zurückgezogen. Unter dieſen Umſtänden bleibt uns mit Rückſicht darauf, daß dieſe Regulierung dringlich iſt und keinen Aufſchub leidet, nichts anderes übrig, als dieſe drei Grundſtücke zu enteignen. Der Magiſtrat beantragt dieſe Enteignung, und ich empfehle Ihnen, dieſem Antrage zuzuſtimmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: 1. Der Magiſtrat wird ermächtigt, das Ent⸗ eignungsverfahren zum Zwecke des Erwerbs des Straßenlandes der Grundſtücke Galvani⸗ ſtraße 13, Bd. 17 Bl. Nr. 991 des Grund⸗ buchs, der Frau v. Studnitz gehörig — Salz⸗ ufer 22, Bd. 4 Bl. Nr. 82 des Grundbuchs von Charlottenburg⸗ Berlin, den Mundt⸗ ſchen Erben gehörig, ſowie des Grundſtückes des Kaufmanns Kuhlmann am Zuſammen⸗ laufe der Galvaniſtraße und des Charlotten⸗ burger Ufers, Bd. 146 Bl. Nr. 5202 zu be⸗ treiben. 2. Die Koſten ſind den durch Stadtverordneten⸗ beſchluß vom 20. Mai d. Is. (Druckſache Nr. 247) bereitgeſtellten Mitteln zu ent⸗ nehmen und, ſoweit ſie dort nicht vorhanden, aus Anleihemitteln zu beſtreiten.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 13 der Tages⸗ vordnung: Vorlage betr. Schenkungs⸗ und Kaufvertrag für das Grundſtück der Stiftung Kaiſerin⸗Auguſte⸗ Viktoria⸗Haus zur Bekämpfung der Säuglings⸗ ſterblichkeit. — Druckſache 365. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Spiegel: Meine Herren, wir haben im Januar 1906 zur Feier der Silberhochzeit des Kaiſerpaares einen Teil eines in unſerem Beſitze befindlichen Grundſtückes, und zwar einen Teil in Größe von ungefähr 1 ½ Hektar, der Stiftung Kaiſerin⸗Auguſte⸗Viktoria⸗Haus zum Geſchenk gemacht, damit auf dieſem Grundſtücks⸗ teile die geplante Muſteranſtalt zur Bekämpfung der Säuglingsſterblichkeit errichtet werden könne. Als dann in einem ſpäteren Stadium von ſeiten des Kuratoriums dieſer Stiftung der Wunſch an die Stadtgemeinde herantrat, einen benachbarten Grundſtücksteil in Größe von 3083 qm noch dazu überwieſen zu erhalten, haben wir unſer Ein⸗ verſtändnis damit erklärt, daß dieſer Grundſtücks⸗ teil zum Preiſe von 60 000 ℳ an die Stiftung verkauft würde. Beides, ſowohl das Geſchenk als der Verkauf, geſchah unter dem Vorbehalt, daß das geſchenkte Grundſtück unentgeltlich, das ver⸗ kaufte unter Rückzahlung des Kaufpreiſes wieder an die Stadt zurückfallen ſollte, wenn der Zweck der Stiftung geändert würde, ohne daß die Stadt ihre Genehmigung dazu gibt. Der Ihnen jetzt vorgelegte Vertrag regelt im allgemeinen die Bedingungen in einer mit unſeren Beſchlüſſen übereinſtimmenden Weiſe und trifft zugleich auch Verfügung darüber, wie es mit den auf den Grundſtücken errichteten Gebäuden ge⸗ halten werden ſoll. Es iſt naturgemäß nicht zu verlangen, daß die Stiftung in dem ja an ſich etwas unwahrſcheinlichen Falle des Rückfalls der Stadt die errichteten Gebäude unentgeltlich überlaſſen ſolle: es muß ihr eine Art Eigentumsrecht daran überlaſſen werden, und es muß deshalb feſtgeſetzt werden, ob die Stadt verpflichtet iſt, dieſe Gebäude zu übernehmen, und unter welchen Bedingungen ſie ſie zu übernehmen hat. In dem Vertrage iſt nun die Frage ſo geregelt worden, daß ſowohl die Stadt als die Stiftung die Übernahme ver⸗ langen kann, und für die Ubernahme ſind zweierlei Maßſtäbe der Wertabſchätzung feſtgeſetzt, zwiſchen denen die Stadt, je nachdem, was ihren Intereſſen mehr zuſagt, die Wahl hat. Der eine Maßſtab iſt der, daß der Wert nach dem Herſtellungspreis abzüglich der üblichen Tilgungsquoten von jährlich ½ zu entſchädigen iſt; nach dem anderen wird von dem jeweiligen Taxwert eine Quote ent⸗ richtet, und zwar innerhalb der erſten hundert Jahre nach Errichtung der Gebäude 75 % des je⸗ weiligen Bauwertes, nach hundert Jahren nur 50%. Wir haben ſeinerzeit dem Magiſtrat einige Wünſche ausgeſprochen, deren Erfüllung wir vor Abſchluß des Vertrages mit der Stiftung gewähr⸗ leiſtet ſehen wollten. Es iſt nun bei den Akten ein Protokoll über eine Sitzung des Kuratoriums vom 16. September 1908; in dieſer Sitzung iſt einſtimmig anerkannt worden: 1. daß der nach § 5 Abſatz 4 der Stiftungs⸗ ſatzung ſeitens der ſtädtiſchen Körperſchaften Charlottenburgs in das Kuratorium zu ent⸗ ſendende Vertreter die Rechte eines ordent⸗ lichen Mitgliedes haben ſoll, 2. daß nicht beabſichtigt iſt, bei den Grundſätzen über die Aufnahme von Pfleglingen einen Unterſchied hinſichtlich der Konfeſſion oder der Ehelichkeit zu machen, 3. daß bei der Aufnahme von Pfleglingen die Ortsangehörigen der Stadt Charlottenburg in erſter Linie berückſichtigt werden ſollen. Damit, meine Herren, iſt im weſentlichen dem Rechnung getragen, was wir von der Stiftung erwarteten. Wir könnten ſonach der Regelung, wie ſie in dem Vertrage vorgeſehen iſt, ohne