— 427 Ich er⸗ einmal eingehender beſchäftigen müſſen. innere Sie an unſere Beratungen, die wir in der zweiten Sitzung dieſes Jahres über die Gründung eines Verkehrsverbandes unter den beteiligten Ge⸗ meinden Groß⸗Berlins betreffs UÜbernahme des Straßenbahnverkehrs in eigene Regie gepflogen haben. Ich darf Sie daran erinnern, daß bei dieſen Beratungen eine nicht kleine Rolle die drohende Erweiterung der Konzeſſion der Straßenbahn⸗ geſellſchaften auf dem Wege des Ergänzungs⸗ verfahrens geſpielt hat. Ich erlaubte mir damals, und zwar unter Ihrer Zuſtimmung, auszuführen, daß dieſer zu gründende Zweckverband in ſeiner erſten Tätigkeit hauptſächlich ein Schutzverband ſein würde, ein Schutzverband gegen die uns drohende Gefahr, die klein anzuſchlagen wir durch⸗ aus nicht die geringſte Veranlaſſung haben. Ich habe die gleichen Ausführungen in der einzigen Sitzung, die der von Ihnen eingeſetzte Ausſchuß gehabt hat, noch einmal wiederholt, und auch hier wurde allſeitig dieſe Meinung geteilt. Heute, meine Herren, liegt für uns Anlaß vor, uns in der ernſteſten Weiſe gegen eine ſolche Er⸗ weiterung der Konzeſſion der Straßenbahngeſell⸗ ſchaften zur Wehr zu ſetzen. Zu meinem Bedauern muß ich konſtatieren, daß dieſer Zweckverband, dieſer Schutzverband, wie ich ihn vorhin genannt habe, noch nicht zuſammengetreten iſt, und daß die heilſamen Wirkungen, die Sie und ich von dieſem Verbande in dieſer Frage erhofften, uns nicht teil⸗ haftig werden können. Ich bedauere dies auf das lebhafteſte. Die Schuld daran liegt aber nicht an uns, nicht an den ſtädtiſchen Behörden Charlotten⸗ burgs, ſondern an andern Dingen, die zu beein⸗ fluſſen außerhalb unſerer Macht ſtand. Ich muß aber ſagen, daß dieſes Bedauern erheblich an Intenſität verloren hat, und daß die Furcht, es könnte unſerer Stadt dadurch ein Schaden er⸗ wachſen, ſehr abgeſchwächt worden iſt, nachdem ich die Mitteilung des Magiſtrats geleſen und daraus entnommen habe, in welcher intenſiven und gründ⸗ lichen Weiſe er dem Projekte der Straßenbahnen auf den Leib gerückt iſt. Ich kannte ſeine Haltung ſchon einigermaßen aus den Verhandlungen der Tiefbaudeputation, aber ich bin der Meinung — und ich weiß, daß dieſe Anſicht von vielen meiner Freunde geteilt wird, und ich hoffe, daß die ganze Verſammlung ſich ihr anſchließen wird —, daß wirkſamer, als es hier durch den Magiſtrat ge⸗ ſchehen iſt, die Verteidigung der Stadtrechte Char⸗ lottenburgs nicht hätte geſchehen können. (Sehr richtig! und Bravo!) Ich glaube, wir haben alle Veranlaſſung, dem Magiſtrat für dieſe lichtvolle, ſchöne und gründliche Arbeit unſern ganz beſonderen Dank auszuſprechen. (Bravo!) Ich könnte mich nach dieſen Worten eigentlich ſehr kurz faſſen, meine Herren, und könnte Sie lediglich auf dieſe Arbeit verweiſen, da ich mich außer⸗ ſtande fühle, Ihnen irgend etwas mitzuteilen, das beſſer, klarer und eindrucksvoller wäre als das, was der Magiſtrat Ihnen bereits geſagt hat. Aber ich halte es doch für zweckmäßig, daß wir uns hier vor der Offentlichkeit und eben gerade vor der Offent⸗ lichkeit wenigſtens über die Grundzüge dieſer Aus⸗ einanderſetzung des Magiſtrats noch einmal ver⸗ ſtändigen und das zur Beſprechung bringen, was auch für die weiteren Ziele unſerer Arbeiten nützlich und dienlich ſein wird. Die Tendenz, die der Magiſtrat in ſeinem Schreiben verfolgt, war mir von vornherein klar. Es war mir klar, daß ſie nur in einer vollkommenen Ablehnung gipfeln konnte. Denn ich kann mir keinen Magiſtrat denken, ich kann mir auch keine Stadtverordneten denken, die jemals dem zu⸗ ſtimmen würden, daß das Recht der Selbſtver⸗ waltung in bezug auf Verkehrsfragen ohne jeden Widerſtand an Erwerbsgeſellſchaften ausgeliefert wird, daß das Mitbeſtimmungsrecht für die Ge⸗ meinde nicht nur für die 90 Jahre, ſondern, wie ich auch weiterhin zeigen werde, eigentlich für die Ewigkeit vollkommen illuſoriſch gemacht, voll⸗ kommen aufgehoben wird. Für dieſe ſeine Grund⸗ tendenz bringt nun der Magiſtrat eine Reihe von ſchwerwiegenden Bedenken als Fundament für den Aufbau ſeines Werkes herbei, und er teilt ſie in 3 Kategorien ein: in rechtliche, in kommunale und allgemeinpolitiſche und endlich in techniſche Be⸗ denken. — Ich werde Ihnen ſelbſtverſtändlich nicht alles das vortragen, was ſchon in dem Magiſtrats⸗ ſchreiben ſteht — das würde eine Arbeit mehrerer Stunden ſein —, ſondern ich beſchränke mich auf dasjenige, was ich für beſonders erwähnenswert halte. Das erſte rechtliche Bedenken, das der Ma⸗ giſtrat anführt, iſt ein formalrechtliches, aber als weitgehendſtes muß es an die Spitze geſtellt werden, wenn auch die Kraft ſeiner Gründe vielleicht nicht ſo ſtark iſt wie die weiter folgenden juriſtiſchen Ausführungen. Dieſes Bedenken beſchränkt ſich darauf, die Kompetenz des von den Straßenbahnen angerufenen Oberpräſidenten in 3weifel zu ziehen. Es iſt ſelbſtverſtändlich: wenn ein Brief an eine falſche Adreſſe geht, iſt es nicht nötig, mit dem irrtümlichen Empfänger ſich nachher noch weiter über den materiellen Inhalt dieſes Briefes zu unterhalten. Somit iſt es auch richtig, daß alle weiteren Erwägungen fortfallen, wenn tatſächlich der Oberpräſident nicht die richtige Inſtanz iſt. Ich ſtehe ganz auf dem Standpunkte des Magiſtrats in dieſer Beziehung: die Verquickung, welche die Straßenbahngeſellſchaften haben eintreten laſſen, indem ſie die Anträge zweier verſchiedener Ge⸗ ſellſchaften zu einem Antrage vereinigten, und indem ſie die geſamten Wegeunterhaltungspflichtigen zu⸗ ſammengezogen haben, bringt eine Verdunkelung der Rechtslage hervor, namentlich des Gerichts⸗ ſtandes. Deswegen hat der Magiſtrat auch ganz mit Recht darauf hingewieſen, daß eine Trennung der Anträge unbedingt eintreten muß, und daß über die Anträge dann geſondert zu beraten und zu beſtimmen ſein wird. Es iſt ganz klar: würde ein Ergänzungsverfahren gegen die Gemeinde Charlottenburg allein in Frage kommen, ſo könnte gar kein Zweifel ſein, welches Forum anzurufen wäre. Die zuſtändige erſte Inſtanz iſt der Bezirks⸗ ausſchuß und die zweite der Provinzialrat der Provinz Brandenburg, auf keinen Fall aber der Oberpräſident und ebenſo wenig in der zweiten Inſtanz der Miniſter der öffentlichen Arbeiten. Das zweite juriſtiſche Bedenken iſt ſehr viel erheblicher und von ſehr viel größerer Tragweite, es greift die Zuläſſigkeit des Ergänzungsverfahrens bei dem Stande der Dinge überhaupt an. Der Magiſtrat iſt der Anſicht — und ich glaube, wir müſſen ihm darin vollkommen beipflichten —, daß ein Ergänzungsverfahren nicht mehr möglich iſt im Rahmen eines bereits beſtehenden Unter⸗ nehmens, das heißt im Rahmen eines Unter⸗