——— 431 daß das Staatsminiſterium nicht dulden wird, die und das ihm vom Magiſtrat vorgelegte reichhaltige Stadtgemeinden derartig vergewaltigen zu laſſen. (Lebhafte Zuſtimmung.) Ich bitte Sie, meine Herren, ſtimmen Sie ein⸗ ſtimmig für die Ihnen vorgelegte Reſolution! (Allſeitiges Bravo.) Stadtv. Hirſch: Ich habe namens meiner Freunde zu erklären, daß auch wir uns der vom Herrn Vorſteher verleſenen Reſolution vollinhaltlich anſchließen. Wir tun es einmal, weil es ſich darum handelt, einen Angriff gegen die Selbſtverwaltung abzuwehren, wobei Sie uns ſtets auf Ihrer Seite finden werden, und zweitens, weil die Begründung der Vorlage durch den Magiſtrat im Grunde ge⸗ nommen einen Sieg der ſtets von der Sozial⸗ demokratie propagierten Idee des Munizipal⸗ ſozialismus bedeutet. Meine Herren, als früher von unſerer Seite — ich meine hier nicht uns, die wir in dieſem Saale ſind, ſondern unſere Freunde in Berlin — als früher von ſeiten unſerer Berliner Freunde die Kommunaliſierung des Verkehrs für Berlin angeſtrebt und beantragt wurde, da waren es gerade diejenigen Herren, die jetzt mit uns zu⸗ ſammen für die Übernahme des Verkehrs in eigene Regie eintreten, die einer ſolchen Vorlage grund⸗ ſätzlich widerſprachen. Wir freuen uns über den Wandel, der ſich im Laufe der letzten 25 Jahre in den Anſchauungen auch der Vertreter einer andern Weltanſchauung vollzogen hat, und wir können nur wünſchen, daß die Grundgedanken, die in der Denk⸗ ſchrift des Magiſtrats zum Ausdruck kommen, nicht nur auf dem Gebiete der Verkehrspolitik Geltung erlangen, ſondern daß ſie auch hinübergreifen auf andere Gebiete, wo es ſich ebenfalls um die Frage handelt, ob wir Angelegenheiten, die eigentlich die Kommune allein zu beſorgen hat, privaten Erwerbs⸗ geſellſchaften ausliefern ſollen oder nicht. Wir können uns vollkommen damit einverſtanden er⸗ klären, wenn der Magiſtrat in ſeiner Denkſchrift gegen die Inanſpruchnahme von Vermögenswerten der Gemeinde für Tunnelprojekte proteſtiert. Wir können uns auch damit vollkommen einverſtanden erklären, daß der Magiſtrat dagegen Proteſt erhebt, daß aus Mitteln der Gemeinde koſtſpielige Tunnel⸗ bauten ausgeführt werden. Wir wollen nur hoffen, daß ſich in Zukunft der Magiſtrat auch dann auf unſere Seite ſtellt, wenn wir dagegen proteſtieren, daß aus Mitteln der Allgemeinheit andere private Erwerbsgeſellſchaften unterſtützt werden. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung ſtimmt der vom Vorſteher verleſenen Reſolution zu.) Vorſteher Kaufmann: Ich ſtelle feſt, daß die Annahme der Reſolution einſtimmig erfolgt iſt, (Bravo!) und ich ſtelle ferner feſt, daß die Verſammlung von der Magiſtratsvorlage Kenntnis genommen hat. Wir gehen über zu Punfkt § der Tagesordnung: Bericht des Ausſchuſſes über die Borlage betr. Nenſchaffung einer Beamtenſtelle (Magiſtrats⸗ aſſeſſor). Druckſachen 322, 407. Berichterſtatter Stadtv. Bollmann: Meine Herren, der von Ihnen in der Sitzung am 9. Sep⸗ tember eingeſetzte Ausſchuß hat am Montag getagt Material eingehend geprüft. Das gewünſchte Material über die Tätigkeit der drei Oberbeamten iſt nicht vorgelegt worden; die Beſchaffung wäre auch mit außerordentlichen Schwierigkeiten ver⸗ bunden geweſen. Es dürfte Sie jedenfalls inter⸗ eſſieren, daß hauptſächlich auf die Tätigkeit gerade der drei oberen Beamten das bedeutende Plus des Steuerſolls infolge Beanſtandungen, das wir jetzt haben, zurückgeführt wird. Es hat im Jahre 1904 83 000 ℳ betragen und iſt jetzt auf ca. 387 000 ℳ ge ſt ie ge n. Die Heranziehung eines Aſſeſſors aus einer der andern Stellen iſt nicht möglich, da die andern Stellen tatſächlich auch ſehr ſtark belaſtet ſind; es beſteht keine Möglich⸗ keit, einen der Herren dort zu entbehren. Die Feſtſtellung der hauptſächlich in der Zeit vom November bis März erforderlichen Überſtunden — das iſt die Hauptarbeitszeit — hat einen Durch⸗ ſchnitt von 2 Überſtunden pro Tag ergeben. Die Beamten der Steuerver wal⸗ tung haben alſo im Durchſchnitt pro Tag 2 Uberſtunden während dieſer Zeit leiſten müſſen, eine auch bei der Durchſchnittsberechnung immerhin noch ſehr hohe Zahl. Der Magiſtrat iſt auch der Anſicht, daß es auf die Dauer nicht tunlich ſein wird, die Beamten derart außerordentlich heranzuziehen. Die Zahl der abgegebenen Steuererklärungen, die ſich nur auf Einkommen von 3000 ℳ an be⸗ ziehen, betrug 1905: 17 282, 1906: 17 989, 1907: 19 086 und 1908: 22 387. Die Bevölkerungsziffer iſt geſtiegen von 224 000 im Jahre 1905 auf 265 000 im Jahre 1908. Die Prozentzahl der Erkrankungen unter den Beamten in der ge⸗ ſamten Verwaltung iſt 13,4; davon entfallen 12,8 % ungefähr auf die Steuerabteilung. Der Herr Vorſitzende der Veranlagungskommiſſion hat aus⸗ drücklich erklärt, daß, wenn die beantragte Stelle nicht bewilligt werden würde, er die Verant⸗ wortung für die geſetzlich vorgeſchriebene Nach⸗ prüfung der Steuererklärungen ablehnen müßte. Dies allein hätte ſchon genügen müſſen, die Not⸗ wendigkeit der Bewilligung dieſer Stelle einzuſehen. Durch die beabſichtigte Reorganiſation glaubt man auch die Überſtundenzahl weſentlich beſchränken und in jeder Beziehung Erleichterungen für die Beamten herbeiführen zu können, da ja auch die Bureauvorſteher für die Folge nich t mehr lediglich eine kontrollierende Tätigkeit aus⸗ üben ſollen. Der Ausſchuß hat nach ſehr eingehender Be⸗ ratung ein ſtim mig beſchloſſen, Ihnen die Annahme der Magiſtratsvorlage zu empfehlen, und ich bitte Sie namens des Ausſchuſſes, die Vor⸗ lage anzunehmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Aus⸗ ſchuſſes, wie folgt: Zum 1. November 1908 wird die Stelle eines Magiſtratsaſſeſſors (Klaſſe A I11 des Normalbeſoldungsetats) neu geſchaffen. Da⸗ gegen iſt die durch den Stadthaushaltsetat für 1908 Kapitel 1 Abſchn. 1 Nr. 12/29 vom 1. Oktober d. JI. ab bewilligte Beamtenſtelle (Bureauvorſteher) nicht zu beſetzen.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 9 der Tages⸗ ordnung: 6