2 437 — Da ſtehe ich prinzipiell auf dem Standpuntkt, der von den Fuhrunternehmern eingenommen wird: daß ſich in Charlottenburg, beſonders wenn es ſich um ein Proviſorium bis 1913 handelt, noch genug Unternehmer finden laſſen, die auch eigene Stal⸗ lungen genug haben; und ich verkenne auch nicht das weitere Argument der Fuhrunternehmer in der vorliegenden Mitteilung derſelben: ſie wollen Herr n eigenen Ställen ſein, ſie wollen nicht in fremde Ställe mit ihren Wagen und Pferden und Leuten kommen, um ſich vielleicht Vorſchriften vom Magiſtrat machen zu laſſen, die ſie in ihrem Ge⸗ werbe als hindernd empfinden; deshalb wollen ſie in ihren eigenen Ställen Herren bleiben. Es iſt eine faſt unüberwindliche Abneigung, die die Fuhr⸗ unternehmer gegen ſtädtiſche Ställe haben. Aber anderſeits hat auch die Stadt kein Inter⸗ eſſe daran, eigene Stallungen zu bauen. Es iſt ſchon darauf hingewieſen worden — ich glaube, von Herrn Kollegen Stein —: wir haben ja gar keine Garantie dafür, ob nicht auch ein Privat⸗ unternehmer uns unſere Ställe verrotzt, daß er durch kranke Tiere Krankheiten hineinbringt, die nachher unausrottbar ſind; die Stadt hätte dann, trotz einer gewiſſen Haftpflicht des Unternehmers, doch nur den Schaden und die Koſten. Zu unſerer ablehnenden Stellung gegen die Magiſtratsvorlage bringt uns auch der Vertrag von 1907, durch den dem Privatunternehmer ſchon die Reparaturarbeiten abgenommen wurden, weil der Privatunternehmer gar zu fahrläſſig mit den ſtädtiſchen Wagen und Gerätſchaften umgegangen war. Ja, wenn das mit den Wagen und Gerät⸗ ſchaften geſchieht, dann wird der Unternehmer auch nicht behutſamer mit den ſtädtiſchen Stallungen umgehen. Deshalb ſehen wir durchaus keine Not⸗ wendigkeit ein, namentlich wenn es ſich nur um ein Proviſorium bis 1913 handeln ſollte, für dieſes Proviſorium Stallungen zu bauen; das halten wir für unnötig, um ſo unnötiger, als der Magiſtrat ſagt: die Zeit iſt außerordentlich kurz für ihn, er kann unter Umſtänden die Baulichkeiten nicht durchführen. Wenn er fünf Jahre Zeit hat, dann kann er die Baulichkeiten in aller Ruhe vorbereiten und ausführen laſſen. An dem Koſtenpunkt, daß die Regie höhere Koſten erfordere, ſolle man die Regieübernahme aber unter keiner Bedingung ſcheitern laſſen. Wir haben ſchon manches in der Stadt unter⸗ nommen, was uns nachher nicht direkt Einnahme⸗ quellen verſchafft hat, und von dem Standpunkt aus hat auch ein ſozial fortgeſchrittenes Gemein⸗ weſen niemals eine Forderung der öffentlichen Reinlichkeit auf den Straßen zu betrachten, ſondern hier handelt es ſich um die Frage: welche mo⸗ raliſchen Vorteile ſpringen für die Stadt aus der eigenen Regie heraus? Und die ſind ganz erheblich. Man darf auch nicht darauf hinweiſen, daß die Regieübernahme uns nur mehr Ausgaben bringt. Wenn wir den Wagenpark haben, wenn wir die Stallungen, die Pferde für die Straßenreinigung haben, dann iſt es nur ein kleiner Schritt, den die Stadt machen würde, um das Beerdigungsweſen in eigene Regie zu übernehmen. In andern Städten haben wir es auch, und da bewährt ſich das Beerdigungsweſen als recht ergiebige Ein⸗ nahmequelle für die Stadt. Was wir freilich auch nicht für das Richtige halten. Wir kommen alſo dem Magiſtrat mit dem erſten Ausſchußantrag entgegen: wir geben ihm die nötige Zeit, die Vorarbeiten zu betreiben. Wir bitten, daß dem auch ſtattgegeben wird. Entſchieden möchte ich mich gegen den Antrag des Herrn Kollegen Landsberger und den bereits angekündigten Antrag des Herrn Kollegen Stadt⸗ hagen wenden. Ich bin aus den ſchon angeführten Gründen dagegen. Der Antrag des Herrn Kollegen Landsberger bedeutet ohne weiteres ein Privi⸗ legium für den Fuhrunternehmer Fricke; da iſt nicht mehr von einer öffentlichen Ausſchreibung die Rede, ſondern wie ich den Antrag verſtanden habe, ſoll mit Fricke nur unterhandelt werden. (Zuruf bei den Liberalen: Wegen Loslöſung des Vertrages!) — Dann habe ich mißverſtanden; dann ſind meine diesbezüglichen Ausführungen hinfällig. Aber es bleiben meine Bedenken inſofern gegen den Antrag Landsberger beſtehen, als er dem Vertragszu⸗ ſtand mit einem Privatbetriebe eine weitere Dauer ſichert. Ich bin auch gegen den Antrag des Herrn Kollegen Stadthagen, und meine Freunde werden es ebenfalls ſein, weil er ſogar die Möglichkeit eines Kontraktes mit einem Privatunternehmer auf die Zeitdauer von 12 Jahren vorſieht. Soweit könnte ſich ſelbſt im äußerſten Falle eine Stadtgemeinde einem Privatunternehmer gegenüber nicht binden. Wir bitten deshalb, den Ausſchußantrag, wie er vorliegt, hier einſtimmig anzunehmen. Wir können den Magiſtrat damit nicht binden, das weiß ich auch. Es iſt uns irgendwelche exekutive Gewalt gegen den Magiſtrat, daß wir ihn zwingen könnten, irgendwelche Anträge der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung auszuführen, nicht gegeben. Aber ich meine, es liegt, wenn die Zeit herankommt, die Angelegenheit wieder zu beraten, an der Energie der Stadtverordnetenverſammlung und ihrer Mehrheit, ob ſie einem Antrage, den ſie gefaßt hat, Geltung verſchaffen will oder nicht. Wir haben in den letzten Sitzungen vom Magiſtrat ſagen hören, daß die von ihm einſtimmig angenommenen An⸗ träge auch von der Stadtverordnetenverſammlung Berückſichtigung finden müſſen, und ich meine, wenn mit Einſtimmigkeit, oder wenn nicht mit Einſtimmigkeit, ſo doch mit überwiegender Mehrheit dieſer Ausſchußantrag in der Stadtverordneten⸗ verſammlung angenommen wird, ſo wird auch der Magiſtrat die Verpflichtung fühlen, uns im Jahre 1913 eine Vorlage betr. die Regieübernahme zu unterbreiten, die unſeren Wünſchen entſpricht. (Bravo!) Stadtv. Dr. Landsberger: Meine Herren, als ich die Vorſchläge des Ausſchuſſes las, hatte ich ſofort den Eindruck, daß zu der ausreichenden Klärung, deren Mangel wir am Schluß der vorigen Verhandlung beklagt haben, durch die Ausſchuß⸗ ſitzung wenig geſchehen iſt. Die Sache ſteht heute noch ſo, wie ſie am Schluß der vorigen Verhandlung geſtanden hat. Die heutige Debatte iſt eigentlich nur eine Fortſetzung der Debatte der vorigen Sitzung, und wir haben neues, klärendes Material durch den Ausſchuß nicht unterbreitet bekommen. Das einzige Novum, das inzwiſchen paſſiert iſt, iſt die Zurückziehung des Antrages a der Magiſtrats⸗ vorlage, der aber den meiſten von uns von vorn⸗ herein als etwas Überflüſſiges erſchienen war; denn es war nicht nötig, daß wir beſchließen ſollten, von dem Vorſchlage abzuſehen — der übrigens bloß al⸗ Wun ſch der Stadtverordnetenverſammlung ge⸗