439 ohne den Ausblick auf die Regie die Magiſtrats⸗ im Ausſchuß ſeine Stellungnahme ſcharf getenn⸗ vorlage nicht annehmen würden. Nun, meine Herren, wenn der Magiſtrat Zeit zur Prüfung haben ſoll, und zwar 5 Jahre, dann verlange ich auch für die Stadtverordnetenverſammlung, daß ſie mit den Fortſchritten des Transportweſens, z. B. der Automobile, rechnen darf und ſich nicht feſtlegt auf etwas, was 1913 geſchehen ſoll, daß ſie ſich die Entſchlüſſe vorbehält. Mir ſcheint, es iſt ſehr zweck⸗ mäßig, zu verſuchen, ob wir nicht zunächſt eine weſentliche Wandlung der gegenwärtigen Zuſtände ſchaffen können unter Erhöhung unſerer Geld⸗ leiſtungen, aber noch lange nicht unter ſolcher Erhöhung, als wenn wir auf den Boden der eigenen Regie treten oder auf den Boden der Magiſtrats⸗ vorlage. Deshalb bitte ich Sie, meinen Antrag anzu⸗ nehmen, der dahin geht, nach Verhandlungen mit dem bisherigen Fuhrunternehmer — behufs Löſung des beſtehenden Kontrakts — alsbald eine neue Aus⸗ ſchreibung zu veranlaſſen nach beiden Seiten hin, einmal auf Grund der freien Verhältniſſe, wie ſie jetzt beſtehen, wobei ich eine Aufbeſſerung für un⸗ bedingt nötig und richtig halte, und zweitens unter der Vorausſetzung, daß der Magiſtrat Remiſen, Wagen und Stallungen vorhält. Ich möchte noch bemerken, daß man auch hin⸗ ſichtlich des Perſonals der Straßenreinigung, das ſehr viel zu wünſchen übrig laſſen ſoll, ſicherlich eine Wandlung herbeiführen können wird, wenn man ſich die Genehmigung der Lohntarife vor⸗ behält, einen Einfluß von ſeiten der Stadt darauf übt — ein Beſtreben, das wir ja auch in andern Verwaltungszweigen verfolgen. Ich meine, daß man bei ſtrafferer Aufſichtsführung ſowohl eine beſſere Diſziplin beim Perſonal wie ein beſſeres Pferdematerial zu erreichen vermögen wird. (Bravo! bei den Liberalen.) Borſteher Kaufmann: Von Herrn Kollegen Hirſch iſt mit genügender Unterſtützung namentliche Abſtimmung über Ziffer 1I der Ausſchußanträge beantragt worden. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, ich habe in der vorigen Sitzung geſagt, und ich möchte das an der Spitze meiner heutigen Ausführungen wieder ſagen: daß die Anſichten darüber, was das Beſte iſt, ſo weit auseinandergehen, liegt einfach an der nicht zu leugnenden Tatſache, daß die ganze Angelegenheit heute für eine Entſchei⸗ dung, ob Regie oder nicht, noch nicht reif i ſt. Die Ausführungen, welche in der vori⸗ gen Sitzung, im Ausſchuß und in der heutigen Sitzung vorgebracht worden ſind, beſtärken mich durchaus in der Richtigkeit dieſer Auffaſſung. Meine Herren, es iſt natürlich keine angenehme Situation, wenn man vor einer ſolchen Frage ſteht und ſich ſagen muß: man weiß heute noch nicht, wie man ſich entſcheiden ſoll. Es wird dann natürlich ein Prügelknabe geſucht, und dieſer Prügelknabe bietet ſich mit ſeinem breiten Rücken ſo leicht: „der Magiſtrat iſt es, er iſt ſchuld, er iſt unbeſtimmt in ſeiner Haltung, und daran liegt's.“ (Stadtv. Zietſch: Sehr richtig!) Es iſt mir nun ſehr intereſſant, daß gerade Herr Stadtv. Jolenberg es iſt, der dieſen Vorwurf der unbeſtimmten und ſchwankenden Haltung heute zeichnet und mit ſolchem Erfolg begründet hatte, daß der Ausſchuß, der früher anderer Meinung geweſen war, der Magiſtratsvorlage zuſtimmte, Sie zu mir kamen und ſagten: ja, nach den jetzigen Ausführungen weiß ich nicht mehr, wo mir der Kopf ſteht, ob ich für die Regie bin oder gegen die Regie. 224• (Heiterkeit.) Da darf Herr Jolenberg uns nicht den Vorwurf machen, daß wir ſchwankend ſind. Wir haben von vornherein eine ganz beſtimmte Stellung eingenommen, die ich in den einleitenden Worten charakteriſierte: wir ſind heute nicht in der Lage, ſagen zu können, ob Regie oder keine Regie. Die Sache iſt eben heute noch nicht ſo weit in Char⸗ lottenburg, daß wir uns dieſer Entſcheidung heute ſchon unterziehen können. Wir müſſen einen Zuſtand ſchaffen, meine Herren, in dem wir a b⸗ warten, ob wir nicht, wie Herr Stadtv. Dr Landsberger ganz richtig ſagt, eine Wandlung werden ſchaffen können, die uns befriedigt. Laſſen Sie uns die Frage doch einmal prüfen, ob wir wirklich ſo ſchwankend geweſen ſind, wie die Herren Jolenberg und Zietſch uns vorwerfen wollen. Herr Stadtv. Zietſch ſagt: wir hätten in unſerer Vorlage im Jahre 1907 einen andern Standpunkt eingenommen. Das iſt nicht richtig. Wir haben keinen andern Standpunkt eingenommen als heute. Herr Stadtv. Zietſch hat ſogar ſelbſt eingeräumt, daß der Herr Dezernent damals, im Jahre 1907, ausdrücklich erklärt habe, die Mehrheit des Ma⸗ giſtrats ſei gegen eine Einführung der Regie. Das ſind wir auch heute noch. Aber nicht deshalb, weil wir im Magiſtrat ausgeſprochene Gegner der Regie wären — nicht deshalb! Wir nehmen heute den Standpunkt ein: wir können uns heute nicht ent⸗ ſcheiden als Gegner oder als Freunde, die Regie einzuführen oder nicht einzuführen, ſondern wir ſind aus zwei beſtimmten Gründen, die wir Ihnen des öfteren dargelegt haben, heute zu der Über⸗ zeugung gelangt, daß wir eine abwartende Stellung einnehmen müſſen. Der er ſt e Grund iſt der, daß, wie ich in der vorigen Sitzung ſagte, wir keinen Sprung ins Dunkle tun wollen in einer Zeit, in der wir nicht die nötigen Mittel haben, um große Differenzen in dem Etat ertragen zu können. Wir wiſſen heute nicht, was die eigene Regie koſten wird. Darin ſind wir uns alle einig, daß ſie ſehr viel teurer werden wird. Wir können aber in dem augenblicklichen Moment die Gefahr nicht auf uns nehmen, eine erhebliche Mehrkoſtenlaſt für die Straßenreinigung in den Etat einzuſtellen. Das können wir heute nicht machen, meine Herren; wir müſſen vorſichtig den Etat balanzieren. Und zweitens, meine Herren, können wir uns nicht entſcheiden, weil wir heute nicht wiſſen, wo wir den Kehricht laſſen ſollen. Ich glaube, daß dieſe Frage noch immer nicht genügend von Ihnen gewürdigt iſt. (Stadtv. Zietſch: Aber in 5 Jahren!) — Bitte, heute! Es handelt ſich darum, was wir heute tun ſollen. Wir haben heute keinen Platz, wo wir den Kehricht laſſen können, und infolgedeſſen ſind wir heute nicht in der Lage, eine eigene Regie einzuführen. Im übrigen haben erhebt. Sie, Herr Stadtverordneter Jolenberg, wir nichts, Herr Stadtv. Zietſch, gegen den zweiten werden ſich entſinnen, daß, nachdem der Magiſtrat Antrag des Ausſchuſſes. Wir ſind gern bereit,