—— 440 die Frage weiter zu prüfen. Das iſt uns ganz klar, daß wir in abſehbarer Zeit zu einer Entſcheidung werden kommen müſſen, ob wir die eigene Regie werden einführen müſſen oder nicht. Aber das iſt klar, daß wir heute die Entſcheidung nicht treffen können; wir wollen eben keinen Sprung ins Dunkle. Wir haben in der Vorlage vom Jahre 1907 geſagt: wir wollen die Frage prüfen, ob die eigene Regie eingeführt werden ſoll. In die Prüfung dieſer Frage ſind wir ſehr eingehend eingetreten. Sowohl in der Deputation wie im Magiſtrat ſind wir dabei zu der Entſcheidung ge⸗ kommen, daß wir heute für die eigene Regie uns noch nicht entſcheiden können. Wir haben alſo auch durchaus gehalten, was wir damals ver⸗ ſprochen haben. Nun, meine Herren, der Antrag des Herrn Stadtv. Dr Landsberger! Ich bitte um Verzeihung, Herr Sanitätsrat Landsberger, wenn ich ſage: dieſer Antrag iſt ein Verlegenheitsan tr a g. Sie wiſſen auch nicht, was Sie machen ſollen, (Heiterkeit) und kommen nun mit einem Antrag, der ſo aus⸗ ſieht, als wenn er uns hilft — und er hilft uns gar nicht. Zunächſt war mir nicht klar, was das heißen ſoll, „es ſoll mit Fricke verhandelt werden“. Worüber ſoll mit Fricke verhandelt werden? Sie haben nachträglich erklärt: darüber, ob Fricke bereit iſt, ſeinen Vertrag mit uns zu löſen. Das alſo meinen Sie; dann würde ich Ihnen dankbar ſein, wenn Sie das in dem Antrage zum Ausdruck bringen würden. Ferner ſollen wir ausſchreiben. Ja, meine verehrten Herren, der Vertrag mit Fricke läuft bis zum 1. April 1910. Das ſind noch anderthalb Jahre. Wenn wir jetzt ausſchreiben, was glauben Sie, was wir für Offerten bekommen? Kann irgend jemand eine Offerte machen, wenn er noch nicht weiß, wie es nach anderthalb Jahren ausſieht mit Löhnen, Preiſen für Futtermittel uſw.? Eine ſolche Ausſchreibung wird kein brauchbares Reſultat bringen. Und nun dazu noch die Außerung des Herrn Stadtv. Landsberger in öffentlicher Sitzung, die morgen in allen Zeitungen ſteht, daß die Ausſchreibung uns zu nichts verpflichtet! Nein, meine Herren, ein ſolcher Vorſchlag hat gar keinen praktiſchen Zweck. Der Magiſtrat will die ſchwerwiegende end⸗ gültige Entſcheidung, ob eigene Regie oder nicht, heute nicht treffen, weil heute nicht der geeignete Moment iſt; er will dieſe Entſcheidung auf eine gewiſſe Zeit vertagen. Der Ausſchuß ſchlägt vor: auf drei Jahre. Schön, nehmen wir uns nach drei Jahren noch einmal die Sache vor, um ſie wieder von neuem zu beſprechen! (Stadtv. Zietſch: Keine Vertagung! — Stadtv. Hirſch: Das ſteht nicht drin; nach drei Jahren ſollen Sie die Regie einführen!) — Sie werden geſtatten,daß wir imMagiſtrat während der drei Jahre auch unſerſeits unſere Überlegungen anſtellen und unſere Entſchließungen danach treffen. Dieſer Ausſchußantrag verpflichtet den Magiſtrat zu nichts. Der Magiſtrat wird in den drei Jahren nicht die Schlafmütze über den Kopf ziehen und nichts in der Sache tun, ſondern er wird prüfen er wird das, was Herr Stadtv. Lands⸗ berger will, tun: er wird prüfen „ ob wir nicht eine weſentliche Wandlung in dieſer Zeit ſchaffen können, die uns befriedigt. Und wir hoffen, daß es uns gelingen wird, zu einem guten Reſultat zu kommen. Das iſt meiner Anſicht nach der Vorteil der Magiſtratsvorlage, daß ſie uns heute nicht zu irgendeiner ſchwerwiegenden, in finanzieller Be⸗ ziehung ſehr folgereichen Entſcheidung zwingt, (Widerſpruch) ſondern uns Raum gibt durch Schaffung eines Zuſtandes, bei dem wir gar keinen Schaden leiden, die Dinge abzuwarten und zu prüfen, ob ſich die Angelegenheit in der verhältnismäßig kurzen Zeit von drei Jahren zu einem befriedigenden Reſultat ausgeſtalten läßt. Nun, meine Herren, laſſen Sie uns ſchließlich noch die Frage prüfen, wie es iſt, wenn Sie die Magiſtratsvorlage ablehnen. Dann bleibt der alte Zuſtand beſtehen. Das iſt vielleicht kein Unglück, meine Herren. Aber die Stellung der Stadt iſt dabei keine günſtige. Denn, meine Herren, die Ringbildung, die ſich ſchon bei der vorigen Aus⸗ ſchreibung zeigte, wird ſich wieder zeigen. Der Umſtand, daß in dem Expoſé der Fuhrherren dieſe Frage geſtreift iſt, und daß dort geſagt worden iſt, daß „unſer Verein nie mals eine Ring⸗ bildung ſeiner Mitglieder verfolgt hat“, — das ſagt gar nichts, das trifft nicht den Kern. Wir haben ja nie behauptet, daß der Verein der Fuhrherren eine Ringbildung verfolgt hat. Aber wir wiſſen aus zuverläſſiger Quelle, daß eine Ringbildung ſtattgefunden hat — zum Schaden der Stadt, im finanziellen Intereſſe der Ringbildner: das iſt ja immer der Zweck ſolcher Ringbildungen. Wenn wir die Sache ſo laſſen, wie ſie heute iſt, d. h. ſolange der Kreis der in Betracht kommenden Unternehmer, die ſo große Stallungen vorhalten können, für 160 Pferde, wie wir ſie brauchen, heute wie vor drei Jahren ſehr klein iſt, ſo iſt die Gefahr der Ringbildung ſehr groß, und den Schaden wird die Stadt zu tragen haben. Das iſt, wie ge⸗ ſagt, eine Rechnung, die nicht angreifbar iſt. Wir kommen in eine mißliche Lage — die durch Geld zu überwinden iſt, zweifellos; aber es wird uns ſehr viel Geld koſten, während der Vorſchlag des Magiſtrats das Gute an ſich hat, daß er uns nicht Geld koſtet; denn wir werden die Zinſen für das Kapital, das für die Stallungen notwendig iſt, dadurch decken, daß wir weit billigere Angebote er⸗ halten werden, nachdem der Kreis der Unternehmer ein ſehr viel erweiterter geworden ſein wird. Wenn Sie heute ablehnen, dann ſind wir gewiſſermaßen vogelfrei gegenüber den ringluſtigen Unternehmern, und das iſt doch eine etwas heikle Situation, in der ich die Stadt nicht gern ſehen möchte. Nun noch eins zum Schluß: meine Herren, ich höre ſoeben in der heutigen Sitzung, daß die Stadt Berlin auf demſelben Wege vorgeht, den wir Ihnen vorgeſchlagen haben, ohne daß wir davon wußten; ich höre, daß Berlin aus eigenen Mitteln große Depots baut, ohne eine eigene Regie einzuführen. Ich bin nicht in der Lage geweſen, mich näher zu informieren. Aber das können Sie aus jener Mitteilung erſehen, daß auch andere Verwaltungen auf die Idee gekommen ſind, auf die der Magiſtrat gekommen iſt, und daß deshalb der eingeſchlagene Weg auch wohl ein praktiſcher Weg ſein muß. Ich bitte Sie alſo, lehnen Sie den Magiſtrats⸗ antrag nicht ab! Nehmen Sie den ganzen Aus⸗ ſchußantrag an — ich habe nichts dagegen, daß Sie auch den Punkt 1I1 annehmen; denn es ent⸗ ſpricht durchaus dem Willen des Magiſtrats, in eine Prüfung der Frage innerhalb der drei Jahre