470 Es kann daher ſehr wohl vorkommen, daß ſie Grund⸗ es werden durch die eine Stunde nur höchſtens ſtücke kaufen muß, die ſich momentan, auch auf Jahre hinaus vielleicht, ſchlecht verzinſen; trotzdem iſt dies nicht falſch, ſondern in Vorausſicht deſſen, was kommen wird, eine ſehr richtige Wirtſchaft. Ich glaube, wir würden heute ganz anders daſtehen, wenn vor 20, 30 Jahren die damaligen Vertreter der Stadt Charlottenburg mehr Grund und Boden gekauft hätten. (Sehr richtig!) Meine Herren, ich komme zum Schluß meiner Ausführungent: das iſt das Defizit von 3 Millionen. Ich habe nicht gewußt, wie ich es mir erklären ſollte, und Gott ſei Dank kann ich vor Ihnen erklären: ich weiß es auch heute noch nicht. (Bravo! und Heiterkeit.) Ich rechne nicht mit einem Defizit von 3 Millionen, ſondern, wenn normale Verhältniſſe — alſo normal ſogar wirtſchaftlich ſchlechte Verhältniſſe — bleiben, daß wir auch in dieſem Jahre noch mit einem aller⸗ dings den Verhältniſſen angemeſſenen geringeren, kleineren Überſchuß abſchließen werden. (Bravo!) Stadtv. Dr. Crüger: Ich habe mich nur be⸗ dingungsweiſe zum Wort gemeldet; ich wollte Herrn Stadtv. Zander ſelbſtverſtändlich das Vorrecht geben — denn er iſt wohl der am meiſten Inter⸗ eſſierte —, hier zu ſprechen. Stadtv. Zander: Meine Herren, wenn ich gewußt hätte, daß ich heute hier abgeſchlachtet werden ſollte, was ich aus der Tagesordnung nicht habe erſehen können — denn auf der Tages⸗ ordnung hat nichts davon geſtanden —, ſo hätte ich mich auf dieſe Sache präpariert. Da ich aber eine Zeitung nicht geleſen habe und nicht weiß, was für Berichte die Zeitungen gebracht haben, ſo kann ich nur auf dasjenige antworten, was hier geſagt worden iſt; denn daß ich dieſe Zahlen nicht aus dem Kopfe vorgebracht habe, ſondern ſie mir aufgeſchrieben habe, aus dem Etat aufgeſchrieben habe, wird mir jeder der Herren glauben. Ich kann Ihnen aber eins ſagen über die 900 000 ℳs, die dort erwähnt worden ſind. Ich habe nicht geſagt, daß wir dieſe 900 000 ℳ Minus haben, ſondern ich habe geſagt: es iſt angenommen, daß unſere Gasanſtalt 1 850 000 Mark, wenn ich mich recht entſinne, in dieſem Jahre Überſchuß bringen ſoll; ich habe weiter geſagt, daß nach dem Vortrag des Herrn Stadtv. Stadthagen am 23. September hier in der Stadtverordneten⸗ verſammlung im Juni und Juli die Zunahme gegen den Voranſchlag um 17% zurückgeblieben iſt, und habe geſagt: wenn dieſe Zunahme bis zum Schluſſe des Jahres anhält, ſo wird danach ein Defizit gegen den Voranſchlag von 300 000 ℳ entſtehen. Ich habe weiter geſagt, daß, wenn die ominöſe Gasſteuer, die im Reichstage vorgeſchlagen iſt, mit 0,5 §, auf den Kubikmeter, durchgehen ſollte, ſo werden bei einem Verbrauch von 50 000 000 chm, den wir in Charlottenburg haben, 250 000 ℳ neue Schulden entſtehen, wenn wir dieſe Summe nicht von den Konſu⸗ menten erhöben. Ich habe weiter geſagt, daß der Acht⸗Uhr⸗Ladenſchluß uns ca. 250 000 ℳ weniger bringen wird. Meine Herren, der Acht⸗Uhr⸗Laden⸗ ſchluß bedeutet 1¼ Stunde weniger, und da man im Durchſchnitt nur mit 4 Stunden in einem Laden rechnen kann, und ich nur den vierten Teil für die Läden angenommen habe, ſo iſt es, glaube ich, eine merk⸗ würdige Behauptung, wenn die Gasanſtalt ſagt: 25 000 ℳ weniger einkommen. Ich kann das ſelbſtverſtändlich nicht beweiſen; ich will glauben und will hoffen, daß das, was der Herr Kämmerer ſagt, auch eintreffen wird. Aber die Überzeugung kann ich nicht haben; das kann erſt die Zukunft lehren, ob das alles richtig iſt. Vor⸗ läufig werde ich abgeſchlachtet mit Behauptungen. Was die Grundſtücke anbetrifft, ſo iſt das meine perſönliche Meinung: ich bin der Überzeugung, daß, wenn man nicht weiß, woher man die Steuern nehmen ſoll, man keine Anleihen machen ſoll, man keine Grundſtücke kaufen ſoll. Denn die Grund⸗ ſtücke, die nichts einbringen, müſſen verzinſt werden, und die Zinſen müſſen woher kommen, ſie müſſen durch Steuern aufgebracht werden. Das iſt das, was ich geſagt habe. Auf die ein⸗ zelnen Zahlen kann ich mich ſelbſtverſtändlich nicht einlaſſen, da ich die Zeitungsberichte nicht kenne. Ich habe heute abend erſt von Herrn Kollegen Mottek gehört, daß in der Voſſiſchen Zeitung etwas davon geſtanden hat. Allerdings hätte ich es mir denken können, wenn ich politiſch klug geweſen wäre; denn Herr Haack war in der Verſammlung und hat geſagt: „Das werde ich Ihnen anſtreichen!“ (Lebhafte Zurufe und große Unruhe bei den Liberalen!) Stadtv. Dr. Crüger: Meine Herren, Herr Stadtv. Zander hat ſich als abgeſchlachtet betrachtet, und ich meine, daß wir dem dann eigentlich nicht viel hinzuzuſetzen haben. (Heiterkeit.) Daß er ſich nun aber darüber wundert, daß dieſe Prozedur mit ihm vorgenommen worden iſt, das erregt doch mein Erſtaunen; denn wenn er in der Weiſe, wie es tatſächlich geſchehen iſt, in der Offent⸗ lichkeit die Finanzen der Stadt Charlottenburg angreift oder vielmehr herniederreißt, dann iſt es doch ganz ſelbſtredend, daß bei der nächſten Gelegen⸗ heit ihm hier die Gelegenheit geboten wid, hier Rede und Antwort zu ſtehen. Und wenn er nun ſagt, er wäre hier nicht darauf vorbereitet, ſo verſtehe ich das nicht. Der Vortrag, den er gehalten hat, liegt doch nicht ſo lange zurück, daß er heute nicht mehr in der Lage ſein ſollte, hier auseinander zu ſetzen, was er vor wenigen Tagen in der Offent⸗ lichkeit vorgebracht hat. Auf mich macht es den Eindruck, daß er jetzt, nachdem der Herr Kämmerer geſprochen hat, außerſtande iſt, ſeine Behauptungen aufrechtzuerhalten. 4 (Sehr richtig!) 2 Wenn er ſich jetzt darauf zurückzieht, daß er ſagi: ja, das wären eben ſeine Anſichten, das wären ſeine Behauptungen — nun, ſo muß man das gelten laſſen. Wenn er ſagt: es iſt ſeine Anſicht, ſo wird es auch ſeine Anſicht ſein, und er mochte, ſolange er dem Stadtverordnetenkollegium nicht angehörte,ſe ine Anſichten auch draußen vertreten, wo und wie er will; aber wenn er Mitglied des Stadtverordnetenkollegiums iſt, ſo hat er auch noch ganz andere Intereſſen wahrzunehmen: dann muß er ſich darüber klar werden, welche Tragweite ſeine Worte in ſeiner Eigenchaft als Stadtverordneter haben. Wenn er ſeine Ausführungen einfach als Herr Zander gemacht hätte, dann würde in der Preſſe draußen gar keine Notiz davon genommen werden; wenn jetzt Notiz davon genommen wird, ſo hat er das nicht ſeiner Perſon als Herr Zander zu danken, ſondern ſeiner Stadtverordnetenqualität,