— 278 — Perſonen, die im Ehrendienſte der Stadt tätig] Rathauſe für verdiente Perſonen, die im Ehren⸗ geweſen ſind, auf die Ehrentafel geſetzt werden. Da fragt man zunächſt: welches iſt denn ein ob⸗ jektiver Maßſtab, um das Verdienſt wirklich un⸗ abhängig von perſönlichen Neigungen und ſub⸗ jektiven Meinungen feſtſtellen zu können? Sollen nur große, ſeltene, in die Augen fallende Verdienſte, ich will einmal ſagen die Schenkung eines großen Kapitals für einen gemeinnützigen Zweck, An⸗ erkennung finden, oder ſoll auch die jahrelang fortgeſetzte ſtille Erfüllung von Pflichten, die der Ehrenbeamte übernommen hat, ausreichen, um die Möglichkeit zu gewähren, ihm einen Platz auf der Ehrentafel zu geben? Wenn der erſte Fall eintreten ſollte, dann würden im Laufe der Jahre nur wenige Namen auf die Ehrentafel kommen, wenn der letztere Platz greift, wahrſcheinlich viele. Wenn aber die Namen auf der Ehrentafel ſehr zahlreich werden, dann verliert die Auszeichnung an Wert. Wenn jedoch im Laufe der Jahre immer nur ſehr wenige und nur wegen ganz hervorragender Verdienſte auf die Ehrentafel geſetzt werden, ſo verliert die Ehrentafel bei der großen Maſſe der Ehrenbeamten, von denen die meiſten ja eben nur ihre Pflicht erfüllen können, das Intereſſe; ſie arbeiten nur in einem engeren Kreiſe, und mögen ſie da auch noch ſo eifrig arbeiten, ſo werden ſie doch niemals die Ausſicht haben, daß ihre Kinder und Enkel den Namen des Vaters oder Großvaters an ehrenvoller Stelle im Rathauſe leſen werden. Ferner ſagt der Magiſtrat: es ſoll der Antrag, eine ſolche Perſon auf die Ehrentafel zu ſetzen, früheſtens ein Jahr nach dem Tode des zu Ehrenden geſtellt werden dürfen. Manchem erſcheint dieſe Friſt zu kurz, manchem erſcheint ſie zu lang, je nach der verſchiedenartigen Vorſtellung von der Größe der Ehre, die man mit dieſer Eintragung in die Ehrentafel verbindet. Dann iſt geſagt: ein Gemeindebeſchluß muß über dieſe Ehrung ent⸗ ſcheiden. Dieſer Gemeindebeſchluß wird natürlich notwendig ſein. Die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung z. B. wird es doch nie zugeben, daß der Ma⸗ I giſtrat ganz allein das Totenrichteramt über ein Mitglied der Verſammlung vollzieht, und um⸗ gekehrt kann es der Magiſtrat doch nicht dulden, daß wir etwa allein über die Würdigkeit eines ſeiner Mitglieder urteilen. Aber ſolch ein Ge⸗ meindebeſchluß kann zu ſehr unerquicklichen Ver⸗ handlungen führen. Wer bürgt uns dafür, daß Magiſtrat und Stadtverordnete in jedem Falle denſelben Maßſtab anlegen?“ Wer bürgt uns ferner dafür, daß der Mehrheitsbeſchluß das Richtige trifft? Die Beſchlüſſe ſind hier bei uns und beim Magiſtrat immer Mehrheitsbeſchlüſſe und zuweilen Beſchlüſſe einer ſchwachen Mehrheit, die ſich sufällig zuſammengefunden hat. (Sehr richtig!) Das ſind alles Scheiergtenen die man nicht verkennen darf. Aber dieſe Schwierigkeiten müſſen über⸗ wunden werden, wenn wir überhaupt eine Ehren⸗ tafel haben wollen, und ich glaube, ſie können über⸗ wunden werden. Sie können überwunden werden, wenn man vorher ein förmliches Statut aus⸗ arbeitet, das beſtimmte Geſichtspunkte feſtſetzt und beſtimmte Grenzen zieht und auch für das Zu⸗ ſtandekommen ſolchen Gemeindebeſchluſſes ganz beſondere Regelung trifft. Ich erlaube mir daher den Antrag zu ſtellen, von Punkt e den Satz an⸗ zunehmen: „Die Errichtung einer Ehrentafel im dienſte der Stadt tätig geweſen ſind, wird genehmi 4 und dann hinzuzufügen: „Die Beſtimmungen übe die Aufnahme in die Ehrentafel werden durch 20 beſonderes Statut feſtgeſetzt.“ Dann haben wir das, was wir brauchen, wir haben den prin⸗ zipiellen Beſchluß, der am 19. November verkündet werden kann, und wir haben Zeit zur ruhigen Erwägung und Beratung. Es kann dann das Statut ausgearbeitet und genehmigt werden. Es eilt nicht ſo, daß wir jetzt binnen 8 oder 14 Tagen eilig die Beſtimmungen treffen müſſen. Die Anträge, die ich zu ſtellen habe, lauten folgendermaßen: Aus Anlaß der Hundertjahrfeier der Städte⸗ ordnung werden a) 100 000 ℳ zur Errichtung einer Stiftung für Perſonen, die im Ehrendienſte der Stadt tätig geweſen ſind, und für deren Hinterbliebene mit dem Namen „Freiherr vom Stein⸗Stiftung“ bewilligt. 50 000 ℳ werden ſofort aus dem Dispoſitions fonds bereitgeſtellt, weitere 50 000 ℳ ſind durch ratenweiſe Einſtellung in die Etats der nächſten Jahre zu decken. Ferner wird b) zum Gedächtnis des Freiherrn vom Stein im Rathauſe eine Büſte desſelben auf⸗ geſtellt. Der dazu erforderliche Betrag iſt aus den Mitteln für künſtleriſche Aus⸗ ſchmückung des Rathauſes zu entnehmen. Außerdem wird c) die Errichtung einer Ehrentafel im Rat⸗ hauſe für verdiente Perſonen, die im Ehrendienſte der Stadt tätig geweſen ſind, genehmigt. Die Beſtimmungen über die Aufnahme in die Ehrentafel werden durch ein beſonderes Statut feſtgeſetzt. Die zur Anſchaffung der Tafel erforderlichen Mittel ſind ebenfalls aus bereiten Beſtänden zu entnehmen. ch bitte Sie, dieſen Anträgen zuſtimmen zu wollen. Stadtu. Dr. Crüger: Meine Herren, es liegt hier der in der Stadtverordnetenverſammlung nicht gerade ſo häufige Fall vor, daß, ſoweit ich wenigſtens glaube, die Gefühle der Stadtverordneten be⸗ urteilen zu können, durchweg einmütige Sympathie beſteht gegenüber dem Grundgedanken der Magi⸗ ſtratsvorlage. Denn wie der Magiſtrat, ſo wollen auch wir entſprechend den Ausführungen des Herrn Berichterſtatters mit dieſem Beſchluß die dankbare Anerkennung für den großen Schöpfer der preu⸗ ßiſchen Städteordnung zum Ausdruck bringen, jener Städteordnung, die die Wege geebnet hat, auf denen ſich Bürgerſinn bewegen konnte, auf denen die Bürgertugenden zu ihrer vollen Entfaltung gelangen konnten, Wege, auf denen die außerordentlich großen Erfolge erzielt worden ſind, auf die der Herr Be⸗ richterſtatter ſo treffend hingewieſen hat. Nicht zu verkennen iſt dabei allerdings, daß in dieſe freud ige Stimmung der Erinnerung an jene Tage ſich auch ernſte, trübe Gedanken miſchen; denn wenn wir an jene Tage zurückdenken, ſo müſſen wir uns un⸗ willkürlich auch daran erinnern, daß das Werk, auf dem heute die Städteverfaſſung beruht, im Laufe des Jahrhunderts manche Anderungen erfahren hat, die nicht gerade zur Entwicklung der Selbſtver⸗ waltung gedient haben, und es iſt ein merkwürdiger Zufall, eine merkwürdige 4 , daß man