492 treten, die der Herr Bürgermeiſter ſchon angedeutet hat, daß wir nicht mehr in der Lage ſind, uns ein Lehrermaterial auszuſuchen, wie wir es für unſer voll⸗ und hochentwickeltes Volksſchulweſen für nötig halten, und damit wird eine Schädigung der Schule, der Schule Charlottenburgs verbunden ſein, die in ihren Wirkungen heute noch gar nicht abzuſehen iſt, die aber allmählich die ernſteſten Befürchtungen wachrufen muß. (Sehr richtig!) Meine Herren, dieſen Perſpektiven gegenüber drängt ſich doch die Frage auf: müſſen wir nicht alles verſuchen, um zu verhindern, daß dieſer Geſetzentwurf Geſetz wird? ch habe daran gedacht, ob vielleicht der Preußiſche Städtetag gegen dieſen Beſoldungs⸗ geſetzentwurf mobil gemacht werden könnte. Aber, meine Herren, ich muß es hier ausſprechen — obgleich es ein ſehr heikles Ding iſt, das hier aus⸗ zuſprechen —: ich bin mir nicht ganz ſicher, ob nicht vielleicht einer Zahl von preußiſchen Städten gerade die Beſtimmungen, gegen die wir als ſchul⸗ und bildungsfreundliche Stadt uns mit aller Entſchiedenheit wenden, nicht ganz unerwünſcht ſind. Meine Herren, die Lehrerſchaft wird auf dem Gebiete der Beſoldung zur Ruhe verurteilt — Ruhe iſt ja überhaupt dasjenige, was der Entwurf erreichen will, das predigt die Begründung des Entwurfs auf jeder Zeile —, und ich kann mir manches Stadtoberhaupt, manche ſtädtiſche Ver⸗ waltung denken, die im Punkte der Beſoldung mit ihrer Lehrerſchaft gerade nicht auf beſtem Fuße ſteht, und der dieſe Ruhe nicht unlieb wäre. Darum iſt es mir zweifelhaft, ob das Plenum des Preußiſchen Städtetages ſchließlich zu einem einſtimmigen oder wenigſtens mit großer Mehrheit gefaßten Beſchluſſe kommen würde, und es iſt natürlich für die Anhänger dieſes Entwurfes und für die Regierung dann ein gefundenes Eſſen, einen etwa mit geringer Mehrheit gefaßten Beſchluß in ihrem Sinne auszubeuten. Aber ich meine,der Weg würde doch gangbar ſein, daß der Magiſtrat der Stadt Charlottenburg, der gewiß in dieſem Falle des Einverſtändniſſes der geſamten Stadtverordnetenverſammlung ſicher iſt, bei dem Vorſtande des Preußiſchen Städte⸗ tages anregt, die Frage der Lehrerbeſoldung innerhalb dieſes Vorſtandes einmal zu erörtern. Der Vorſtand des Deutſchen Städtetages hat ſich jüngſt mit der Gas⸗ und Elettrizitätsſteuer be⸗ ſchäftigt, obgleich dieſe Entwürfe damals noch garnicht vorlagen; ich meine, der Vorſtand des Preußiſchen Städtetages ſollte Veranlaſſung nehmen, ſich mit dem Entwurfe des Lehrer⸗ beſoldungsgeſetzes, der in allen ſeinen unheilvollen Beſtimmungen vorliegt, zu beſchäftigen. Weiter hoffe ich, daß die Stadt Charlottenburg bei dem preußiſchen Abgeordnetenhauſe ohne Rück⸗ ſicht auf die Frage, ob das Erfolg hat oder nicht, gegen dieſen Entwurf mit allem Nachdruck pro⸗ teſtiert. Wir können heute einen derartigen Antrag nicht ſtellen, da geſchäftsordnungsmäßig an An⸗ fragen Anträge nicht geknüpft werden dürfen: ich glaube aber, es genügt auch, in dieſer Weiſe dem Magiſtrat zur Kenntnis zu bringen, daß es die Stadtverordnetenverſammlung ſehr begrüßen würde, wenn er dieſer Frage eine eingehende Prüfung zuteil werden ließe. Die beiden Wege, die Wirkungen des Geſetzes abzuſchwächen, die der Herr Bürgermeiſter hier angedeutet hat — er hat ja ſelbſt angegeben, ſie ſeien ihm beim erſten Leſen der Vorlage durch den Kopf geſchoſſen —, erſcheinen mir wenig gangbar. Eine Herabſetzung der Pflichtſtundenzahl der Lehrer und Lehrerinnen bedürfte der Genehmigung der Schulaufſichtsbehörde, und ob die Schulauf⸗ ſichtsbehörde, nachdem ſie ſchon vorweg die Be⸗ gründung dieſer Maßnahme heute hier gehört hat, (Heiterkeit) geneigt iſt, dieſe Genehmigung auszuſprechen, iſt mir mehr als zweifelhaft. Das zweite Projekt würde ich mit außer⸗ ordentlicher Freude begrüßen. Ich würde mich freuen, wenn es gelänge, inſofern wenigſtens dem Entwurf ein Paroli zu bieten, als wir ernſthaft bemüht wären, die Klaſſenfrequenz herabzuſetzen. Wenn dabei dann die von dem Herrn Bürger⸗ meiſter eigentlich gewünſchte Nebenwirkung eintritt, ſo wäre das zu begrüßen; aber auch die Tatſache an ſich würde wertvoll genug und von der größten Bedeutung für unſer Volksſchulweſen ſein. Daß wir der Verſchlechterung der Lehrerge⸗ hälter auf dem Wege nicht vorbeugen konnten, von dem Herr Kollege Zietſch hier geſprochen hat, das hat auch der Herr Bürgermeiſter ſchon an⸗ gedeutet. Selbſtverſtändlich hätte die Regierung alle Anträge, die auf eine Beſſerung der Lehrer⸗ beſoldung hinausliefen, nicht genehmigt mit Rück⸗ ſicht darauf, daß ein Lehrerbeſoldungsgeſetz vorliege. Ich will noch den einen Punkt herausſtellen: daß auch, was die Mietsentſchädigung angeht, die Lehrer ſchlechter behandelt werden ſollen als alle anderen Beamten. Der Herr Finanzminiſter von Rheinbaben hat im Abgeordnetenhauſe eine ganze Reihe von Gründen angeführt, die gegen eine Differenzierung des Wohnungsgeldzuſchuſſes ſprechen; aber dieſe Differenzierung der Mietsent⸗ ſchädigung ſieht das Lehrerbeſoldungsgeſetz vor, und zwar nicht, wie bisher, in der Regel, ſondern mit durchaus bindender Kraft. Auch das iſt ein Punkt, der die Lehrerſchaft ſchlechter behandelt als die geſamte übrige Beamtenſchaft. Ich perſönlich, meine Herren, falle nach den Beſtimmungen dieſes Geſetzes nicht unter das Geſetz. Wenn ich trotzdem hier in ausführlicher Weiſe auf dieſe Frage eingegangen bin, ſo war es das Bedürfnis und die ernſt empfundene Ver⸗ pflichtung, der tiefgehenden Beunruhigung, die dieſer Entwurf unter Charlottenburgs Volks⸗ ſchullehrern und Volksſchullehrerinnen hervor⸗ gerufen hat, hier einen entſchiedenen und nachhalti⸗ gen Ausdruck zu geben. 8 (Bravo!) Bei dem Wohlwollen und dem tiefen Verſtändnis, das dieſe Fragen jederzeit beim Magiſtrat und beider Stadtverordnetenverſammlung gefunden haben, vertraue ich auch diesmal, daß die ſtädtiſchen Be⸗ hörden nichts unverſucht laſſen werden, um ihrer⸗ ſeits gegen die Geſetzwerdung dieſes Entwurfes nachdrücklichſt Proteſt zu erheben. (Lebhaftes Bravo.) Stadtv. Zietſch: Meine Herren, ich kann mich auch jetzt wieder kurz faſſen, weil ich nur ei niges zu dem, was der Herr Bürgermeiſter ausgeführt hat, bemerken möchte. Ich verkenne durchaus nicht die Schwierigkeiten, die jetzt für die endgültige Regelung der Frage durch die Vorlagen im preußiſchen Landtage aufgetaucht ſind. Aber die Vermutung, die ich