—— 525 —— Borſteher Kaufmann: Herr Kollege Holz, der an dieſen Verhandlungen teilgenommen hat, wider⸗ ſpricht ſeinerſeits der Verleſung dieſes Protokolls. Ich bitte, die Sache auf ſpäter zu vertagen, ich möchte vorerſt die betreffenden Herren befragen. Es waren bei dieſen Verhandlungen zugegen die Herren Jachmann, Holz, Zander, Protze, Hirſch, Dr Borchardt und meine Wenigkeit. Da ich Herrn Dr Borchardt nicht hier ſehe, ſo bin ich jetzt überhaupt nicht in der Lage, das Protokoll zu verleſen; ich kann es nur, wenn ſämtliche Unterzeichneten ihre Zuſtimmung gegeben haben. Ich werde alſo die Sache vertagen und behalte mir vor, nachdem die Genehmigung von den Beteiligten ausgeſprochen worden iſt, das Protokoll wörtlich zu verleſen. Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordunng: Einführung der neugewählten Stadtverordneten. k Der Herr Oberbürgermeiſter hat das Wort. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Es ſind im dieſem Jahre eine größere Zahl von Erſatzwahlen für die Stadtverordneten⸗Verſammlung nötig ge⸗ worden. In dieſen Erſatzwahlen ſind folgende Herren gewählt worden: Herr Spediteur Guſtav Scharnberg, Herr Zahntechniker Otto Ewald, Herr Rentier Max Bergmann, Herr Sanitätsrat Dr Hugo Bauer, Herr Oberlehrer Profeſſor Emil Neukranz, Herr Rentier Karl Braune, Herr Rentier Wilhelm Brode, Herr Rentier Albrecht Guttmann. Ich habe die Ehre, Sie, meine geehrten Herren, im Namen der ſtädtiſchen Verwaltung aufs beſte zu begrüßen, Sie, die Sie neu eintreten, und Sie, die Sie ſchon ſeit einer langen Reihe von Jahren früher als Stadtverordnete Ihre Arbeit, Ihr Wiſſen und Können und Ihre Zeit in den Dienſt der Gemeinde geſtellt haben und über deren Wiederwahl wir uns freuen. Sie treten, meine geehrten Herren, in Ihr Amt als Stadtverordneter ein in einem bedeutungs⸗ vollen Jahr, in dem Jubiläumsjahr der Städte⸗ ordnung, in dem ſich die Bürger der Städte unſeres preußiſchen Vaterlandes die Wirkungen, die Erfolge, die Bedeutung der Selbſtverwaltung in zahlreichen ernſten Feiern vorgehalten haben, wobei manches gute Wort insbeſondere über die Bedeutung des Amtes der Stadtverordneten erklungen iſt. Ich kann Ihnen den Kreis Ihrer Rechte und Pflichten, die Sie als Stadtverordnete haben, nicht beſſer umgrenzen als mit den wunderbaren, herrlichen Worten, mit denen der Freiherr vom Stein in dem § 110 der Städteordnung davon ſpricht. Er ſagt dort wörtlich von den Stadtverordneten: „Das Geſetz und ihre Wahl ſind ihre Vollmacht, ihre Überzeugung und ihre Anſicht vom gemeinen Beſten der Stadt ihre Inſtruktion, ihr Gewiſſen aber die Behörde, der ſie deshalb Rechenſchaft zu geben haben.“ Wenn Sie, meine geehrten Herren, nach dieſer Inſtruktion, die Ihnen der Freiherr vom Stein gegeben hat, Ihre Arbeit, Ihr Handeln, Ihre Beſchlüſſe und das, was Sie in dieſer Ver⸗ ſammlung ſprechen, einrichten, und wenn Sie der Ihnen vom Freiherrn vom Stein geſetzten Aufſichts⸗ behörde, Ihrem Gewiſſen, in allen Dingen folgen, dann wird Ihre Arbeit, die Sie in dieſem Saale leiſten, der Stadt zum Segen gereichen und Ihnen ſelbſt zur Ehre. Daß das geſchehe, iſt der auf⸗ richtige Wunſch, den ich Ihnen heute ausſpreche. Ich verpflichte Sie ſomit durch Handſchlag an Eidesſtatt auf die Erfüllung Ihrer Amtspflichten. (Der Handſchlag erfolgt.) (Bravo!) Vorſteher Kaufmann: Meine ſehr geehrten Herren Kollegen! Es liegt mir die angenehme Pflicht ob, Sie namens der Stadtverordneten⸗ Verſammlung zu beglückwünſchen und willkommen zu heißen. Der Herr Oberbürgermeiſter hat Sie in ſeinen Ausführungen auf die Zeit hingewieſen, in der Sie in dieſe Verſammlung eintreten, auf die Zeit, in der wir die Hundertjahrfeier der Städte⸗ ordnung begangen haben. Er hat Ihnen denſelben Leitſatz, den ich auch wörtlich zitieren wollte, vorgehalten, (Heiterkeit) und ich meine, man kann Ihnen kein beſſeres Geleitwort mit auf den Weg geben. Ein Teil von Ihnen hat bereits mit uns gearbeitet, kennt unſere Arbeiten, ein anderer Teil tritt neu in unſere Verwaltung ein. Meine Herren, Sie werden dauernd andere Arbeiten finden, die Arbeiten der Stadt ruhen nicht, ſie ſind in ewigem Fluß; immer neue Aufgaben treten an uns heran, immer neues Streben, vorwärts zu kommen, macht ſich bemerk⸗ bar. Wir, die wir die moderne Weltanſchauung als unſer Grundprinzip anerkennen, ſind natürlich beſtrebt, ſoweit wir können, auf dem Wege ſozialer Fürſorge voranzuſchreiten, und ich bin einer der letzten, der Halt machen möchte, wenn es gilt, neue Dinge hier in Fluß zu bringen. Aber eines möchte ich doch nicht unerwähnt laſſen: Bei dieſem Streben müſſen uns Grenzen gezogen werden durch die Leiſtungsfähigkeit der Gemeinde, und ich hoffe, daß Sie zwar mit uns in voller Überzeugung Gutes ſchaffen, aber das Vorhandene, das Vermögen der Stadt immer im Auge behalten werden, damit wir nicht in Verlegenheiten hineintreiben. Ich möchte auch noch einen Punkt hier hervor⸗ heben: Ich habe vielfach bei Wahlen die Außerung gehört, daß die Wählerſchaft die Gewählten als die Vertreter ihres Bezirks betrachtet. Das, meine Herren, werden Sie wahrſcheinlich ſelbſt nicht empfinden. Sie werden ſich vielmehr als die Ver⸗ treter des Ganzen fühlen, und ich glaube auch, bei dem Wunſche, ſtets die Fühlung mit der Bürger⸗ ſchaft zu behalten, iſt es doch die Pflicht des Stadt⸗ verordneten, unbeirrt, ohne Rückſichtnahme auf die Wähler, ſo zu entſcheiden, wie er es für das gemeine Beſte der Stadt nach ſeinem Gewiſſen als richtig erachtet. (Bravo!) Mit dem Geleitwort, das der Herr Ober⸗ bürgermeiſter Ihnen zu Anfang ſeiner Rede gegeben hat, ſchließe ich, indem ich wiederhole: Das Geſetz und Ihre Wahl iſt Ihre Vollmacht, Ihre Überzeugung und die Anſicht vom gemeinen Beſten der Stadt die Inſtruktion, und Ihr Gewiſſen, meine Herren, iſt die Behörde, der Sie Rechenſchaft über Ihr Tun abzulegen haben! Mit dieſem Geleit⸗ ſatz treten Sie in unſere Verſammlung ein. Ich heiße Sie nochmals herzlich willkommen. (Bravo!) Wir kommen zu Punkt 2 der Tagesordnung: Vorlage betr. Verſtärkung der Etatsnummer Ord. Kap. IX 6—1 für 1908. Druckſache 439.