——— worden, daß gelegentlich anderer Verhandlungen mit den Vertretern mehrerer Vorortgemeinden die Angelegenheit erwogen und eine Beſprechung für den Herbſt in Ausſicht genommen worden iſt. Ich erlaube mir die Anfrage, ob eine ſolche Be⸗ ſprechung ſtattgefunden hat reſp. ob zu erwarten iſt, daß die Beſprechung in abſehbarer Zeit ſtatt⸗ findet. Es wäre doch dringend zu wünſchen, daß, wenn eine Gemeinde ſich dazu entſchlöſſe, den Neunſtundentag einzuführen, dann auch von den andern Gemeinden Groß⸗Berlins das nachgeahmt würde. Ich will damit nicht etwa ſagen, daß, wenn eine andere Gemeinde die Einführung des Neunſtundentages ablehnt, dann Charlottenburg aus dieſem Grunde von der Forderung zurück⸗ gehen ſollte. Ich bin vielmehr der Meinung, daß, ſelbſt wenn alle übrigen Gemeinden in der Um⸗ gebung von Berlin und Berlin ſelbſt ſich weigern, dieſe Forderung zu erfüllen, trotzdem Charlotten⸗ burg allen Anlaß hat, entſprechend unſerm ur⸗ ſprünglichen Antrage die Arbeitszeit auf 9 Stunden zu verkürzen. Bürgermeiſter Matting: Die angekündigte Beſprechung wird unter allen Umſtänden noch in dieſem Winter ſtattfinden. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, im Ausſchuß war ganz allgemein die Stimmung vorhanden, daß es ſehr erwünſcht wäre, in den Betrieben, wo eine ſtarke Abnutzung der. Arbeits⸗ kraft eintritt, die zehnſtündige Arbeitszeit herab⸗ zuſetzen. Wenn ich trotzdem hier, wie es auch im Ausſchuß der Fall geweſen iſt, gegen den erſten Satz Stellung nehme und Sie bitte, getrennt über beide Sätze abſtimmen zu wollen, und wenn ich meinerſeits beantragen möchte, dem erſten Satz nicht zuzuſtimmen, ſo hat das folgende Gründe. Meine Herren, der erſte Satz ſteht zunächſt in einem vollkommenen Widerſpruche mit dem zweiten Satz. Im zweiten Satze heißt es: der Magiſtrat wird erſucht, bei der Etatsberatung zu erwägen, in welchen Betrieben ſich eine Verkürzung der Arbeitszeit ermöglichen läßt; das iſt eine Differenzierung, das iſt eine Berückſichtigung der verſchiedenen Schwierigkeiten, der verſchiedenen Verhältniſſe in den verſchiedenen Berufen. Ich halte es für ganz richtig, wenn in einem ſchwierigen Berufe die Arbeitszeit von 10 Stunden erheblich verkürzt wird. Man kann in manchen Betrieben noch auf eine geringere Arbeitszeit als 9 Stunden kommen; wir ſind ſchon in manchen Betrieben auf eine geringere Zeit gekommen. Etwas ganz anderes iſt es aber, prinzipiell zu ſagen: die Ver⸗ ſammlung ſteht einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stunden ſympathiſch gegenüber. Das iſt eine prinzipielle Stellungnahme der Kommune, die natürlich weite Wirkungen für die geſamte Indu⸗ ſtrie hat. Weiter kommt in Betracht, daß die Verkür⸗ zung auf 9 Stunden in manchen Betrieben gar nicht das trifft, was wirklich in der Praxis nachher zur Ausführung gelangen würde. Es gibt Be⸗ triebe, wo, wenn eine Verkürzung eintreten ſoll, die zehnſtündige Arbeitszeit nicht, wie hier ver⸗ langt, auf eine neunſtündige, ſondern auf eine achtſtündige verkürzt werden würde, indem man dazu übergehen würde, eine dreifache Schicht am Tage einzuführen. Es könnte ſich da aus tech⸗ mchen Rückſichten, unter Umſtänden auch aus 554 finanziellen, viel mehr empfehlen, auf 8 Stunden zurückzugehen als auf neun Stunden. Mit dieſem allgemeinen erſten Satze iſt alſo nichts getan. Die Sympathiekundgebung, inſofern als über⸗ haupt die Herabſetzung der Arbeitszeit in ſchwie⸗ rigen Betrieben gewünſcht wird, liegt im zweiten Satze. Daher würde ich bitten, den erſten Satz zu ſtreichen, da er eventuell zu Mißverſtändniſſen vor allen Dingen auch in der Bürgerſchaft, Keitu der Induſtrie führen würde. Stadtv. Gebert: Meine Herren, ich weiß nicht, ob der Herr Kollege Stadthagen den Be⸗ ſchluß des Ausſchuſſes richtig verſtanden hat. In dem Augenblicke, wo es ſich um die Verkürzung der Arbeitszeit prinzipiell handelt, iſt es auch unſere Aufgabe, dem Wunſche auf Verkürzung der Arbeitszeit eine Form zu geben. Dieſe Form finden wir in der Forderung einer neunſtündigen Arbeitszeit. Der Magiſtrat mußte eine Grund⸗ lage haben. Wird nur der zweite Satz angenom⸗ men, ſo hat der Magiſtrat keine Grundlage. Es war daher unſere Aufgabe, durch eine Sympathie⸗ kundgebung der ganzen Forderung ein beſtimmtes Gepräge zu geben. Wenn nun der Herr Vor⸗ redner glaubt, daß die Verkürzung der Arbeitszeit auf 9 Stunden in verſchiedenen ſtädtiſchen Be⸗ trieben Schwierigkeiten machen würde, ſo bin ich nicht dieſer Anſicht. verſchiedenen Städten Deutſchlands bereits eine neunſtündige, in verſchiedenen ſogar eine acht⸗ ſtündige Arbeitszeit eingeführt worden iſt, und ich bin der feſten Überzeugung, daß wir es auch hier machen können. Ich muß meine Verwunderung darüber aus⸗ ſprechen, daß wir 5 Jahre gebraucht haben, nur um endlich eine Sympathiekundgebung zu finden. Das fällt mir auf. Ich war ja nicht von Anfang an hier und kann mir kein Urteil darüber erlauben; aber als ich das Material ſah, habe ich darüber mein Erſtaunen ausgedrückt, wie es möglich iſt, daß eine Stadt wie Charlottenburg 5 Jahre ge⸗ braucht, um zu einer Sympathiekundgebung für die Arbeiter zu gelangen. Das iſt eine Tätigkeit, die Lorbeeren verdient. Nun die Arbeiter ſelbſt! Sie haben in Petitionen ſeinerzeit den Magiſtrat gebeten, eine Verkürzung der Arbeitszeit, eine Erhöhung der Löhne uſw. vorzunehmen, und unſer Magiſtrat hat es fertiggebracht, ein ganzes Jahr hindurch die betreffenden Organiſationen, welche es be⸗ antragt hatten, ohne Antwort zu laſſen. Meine verehrten Anweſenden, das macht nach außen hin, unter den Arbeitern einen eigentümlichen Ein⸗ druck. Wenn wir den Antrag des Herrn Kollegen Dr Stadthagen akzeptieren, dann bin ich der feſten Uberzeugung, daß die Arbeiter in den ver⸗ ſchiedenen Betrieben ein Zutrauen zu dem Magiſtrat und zu der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung nicht mehr haben werden; denn ſie ſind meines Erachtens lange genug ſchon — ſagen wir einmal — ein bißchen in die Länge mit ihren Wünſchen gezogen worden. Aus dieſem Grunde iſt der Antrag des Aus⸗ ſchuſſes gerechtfertigt: er will auf der einen Seite eine Sympathiekundgebung ausdrücken, er will aber auch, daß es bei einer bloßen Sympathie⸗ kundgebung nicht bleibt, ſondern daß etwas Er⸗ ſprießliches und Vernünftiges dabei herauskommt. Das eine trifft doch zu, daß in 2Wat