worden. die Handlungsgehilfen eine kürzere Arbeitszeit haben; im Gegenteil, würden wir von der Stadt auch Handlungsgehilfen beſchäftigen, dann würden wir ſelbſtverſtändlich unſern Antrag auch auf die Handlungsgehilfen ausdehnen. Da wir aber in der Stadt. Charlottenburg leider noch nicht ſo weit ſind, daß wir ſelbſt Handelsgeſchäfte beſitzen, da wir noch keine Handlungsangeſtellten als ſtädtiſche Beamte haben, ſo können wir natürlich den Antrag auf dieſe Klaſſe von Mitbürgern nicht ausdehnen. Herr Kollege Liſſauer hat ſich dann ſehr warm der kleinen Gewerbetreibenden angenommen. Er meint, das Einkommen des Arbeiters ſei ſo gewaltig geſtiegen und das des kleinen Gewerbetreibenden ſei fort und fort im Rückgange begriffen. Meine Herren, ſo ganz ſtimmt das auch nicht. Gewiß, das Einkommen der Arbeiter iſt in den letzten Jahren geſtiegen, aber doch auch nur nominell. Sie vergeſſen dabei, daß der Wert des Geldes ein ganz anderer ge⸗ worden iſt, ſo daß in Wirklichkeit der Arbeiter, wenn er auch nominell einen höheren Verdienſt hat als in früheren Jahren, tatſächlich nicht beſſer ſteht, weil er für ſeine ganze Lebenshaltung viel mehr auf⸗ wenden muß. Aber ſelbſt wenn es den Arbeitern beſſer geht als früher, wenn ſie tatſächlich ein beſſeres Einkommen haben, dann, glaube ich, gibt es doch niemand unter uns, der das den Arbeitern mißgönnte. Das haben ſich die Arbeiter in der Hauptſache aus eigener Kraft errungen. Was dann die kleinen Gewerbetreibenden be⸗ trifft, — meine Herren, ſo ſchlimm ſteht es auch damit nicht, daß es allen kleinen Gewerbetreibenden ſo ſchlecht geht, daß ſie 13, 14 Stunden am Tage arbeiten müſſen, nur um die Löhne für ihre Arbeiter zu erſchwingen! Man ſollte ſich doch vor Über⸗ treibungen hüten. Wir haben eine Reihe von kleinen Gewerbetreibenden, denen es weit ſchlechter geht als den Arbeitern, das gebe ich ohne weiteres zu. Das ſind diejenigen, die rückſtändige Betriebe haben, die mit der Zeit nicht fortgeſchritten ſind, die die Konkurrenz des Großkapitals nicht aushalten können. Wenn ſolche kleinen Gewerbetreibenden ſich nur dadurch halten können, daß ſie ihre Arbeiter nach Möglichkeit ausbeuten, ſie etwa 13 bis 14 Stunden beſchäftigen und womöglich noch gering entlohnen, dann iſt damit der Beweis erbracht, daß ſolche Be⸗ triebe heute überhaupt keine Exiſtenzberechtigung mehr haben. Alſo alles das, was die geehrten Herren Vor⸗ redner gegen den Antrag des Ausſchuſſes aus⸗ geführt haben, iſt meines Erachtens nicht ſtichhaltig. Ich habe es für notwendig gehalten, noch einmal ausdrücklich zu betonen, daß uns nicht an einer Sympathiekundgebung nach außen liegt, ſondern daß wir durch dieſe ſogenannte Sympathiekund⸗ gebung prinzipiell erklären wollen, daß wir für eine Verkürzung der Arbeitszeit ſind. Wer ſich dieſer Meinung nicht anſchließen kann, den bitte ich noch⸗ mals dringend, lieber Farbe zu bekennen und gegen den erſten Antrag zu ſtimmen, damit wirklich Klar⸗ heit geſchaffen wird. Stadtv. Gebert: Meine Herren, die Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Crüger haben zum Schluß gezeigt, daß er überhaupt prinzipiell gegen die Verkürzung der Arbeitszeit iſt. Er ſagte nämlich, man müſſe Rückſicht nehmen auf die Induſtrie uſw. Werte Anweſende, wir ſollten nicht Rückſicht Wir haben gar nichts dagegen, daß auch tanfing. nehmen auf die Induſtrie, ſondern wir ſollten vorK⸗ bildlich als Kommune für die Induſtrie ſein. Das iſt unſere Aufgabe, das muß ſie ſein, und gerade nach dieſer Richtung hin wird es unſere Aufgabe ſein müſſen, in erſter Linie die Arbeitszeit unſerer eigenen Betriebe ſo zu regeln, daß auch die Privat⸗ betriebe ein Beiſpiel daran nehmen können. Wenn hier geſagt wird: wir müſſen auch auskommen können — nun, wir haben ſo oft Gelegenheit, Summen zu bewilligen, die manchmal überflüſſig ſind, die können wir ganz gut zulegen. Man braucht nicht die alten Geſchichten hier aufzurollen, aber das eine trifft doch zu: wir können oftmals an andern Sachen weit beſſer ſparen. Wenn von dem Herrn Kollegen Liſſauer geſagt wird, daß die Löhne der Arbeiter um 40% geſtiegen ſeien, ſo darf man nicht vergeſſen, daß gerade der kleine Mittelſtand oder der Mittelſtand überhaupt von den Arbeitern lebt. Wer geht denn zu dem kleinen Kaufmann in der Neben⸗ oder Querſtraße? — doch wohl nicht die Hautevolee, die Bourgeviſie, die nicht, ſondern der Arbeiter geht hin! In dem Moment, wo der Arbeiter verdient, hat auch der Mittelſtand mehr Einnahmen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten und Widerſpruch.) Das iſt eine ganz einfache Erklärung. Hierzu kommt, daß, wenn die Arbeitszeit verkürzt wird, auch ganz logiſch ſich die Löhne erhöhen. Dadurch erhält der betreffende Arbeiter mehr Bewegungsfreiheit nach der finanziellen Seite, er kann beſſer und bequemer einkaufen. Alle dieſe Punkte müſſen wir in Be⸗ tracht ziehen. Wenn Sie, meine Herren, der Verkürzung der Arbeitszeit nicht unſympathiſch gegenüberſtehen, dann möchte ich Ihnen empfehlen: beauftragen Sie doch heute den Magiſtrat, ſo ſchnell wie möglich die neunſtündige Arbeitszeit einzuführen. Dann haben Sie klipp und klar das getan, was ſeit Jahren ſchon gewünſcht worden iſt. Aber auch dazu werden Sie ſich nicht verſtehen, das werden Sie nicht wollen. Darum werden alle möglichen Entſchuldigungen vorgebracht, und es wird geſagt: wir müſſen auf die Induſtrien der Nachbarorte uſw. Rückſicht nehmen. Ich empfehle Ihnen, den Ausſchußantrag anzu⸗ nehmen; dann haben wir nachher um ſo leichter die Möglichkeit, die Verkürzung der Arbeitszeit herbei⸗ zuführen. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, der erſte Teil dieſes Antrages, über den hier ſo viel geſtritten wird, iſt herübergenommen aus einem von mir geſtellten Antrage, der mit dem vom Kollegen Hirſch ſeinerzeit geſtellten Antrage veramalgamiert worden iſt. Ich muß mich alſo ſozuſagen als Vater dieſes Wortes „ſympathiſch“ bekennen. Da iſt es mir nun in der heutigen Verſammlung etwas komiſch ergangen. Als ich die Ausführungen der Herren von links hörte, die im übrigen etwas im Gegenſatz zu dem ſtehen, was wir im Ausſchuſſe be⸗ ſchloſſen haben, vor allen Dingen, als ich dasjenige hörte, was vom Herrn Kollegen Gebert geſagt wurde, da hatte ich nicht übel Luſt, dieſes mein Kind zu verleugnen und beiſeite zu ſchieben. (Stadtv. Hirſch: Ich adoptiere es!) Anderſeits — beruhigen Sie ſich, Herr Kollege Hirſch! — habe ich mich gefreut, daß der Satz darin ſtand, und das war, als Herr Liſſauer zu reden (eiterkeit.)