576 die Beſchwerden der Anlieger der Kaiſer⸗] Dieſe Sätze wirken noch um ſo ſchlimmer, wenn Frie drich⸗Straße anerkennen, auch immer anerkannt haben. Wir haben früher ſchon ver⸗ ſchiedentlich die Mißſtände dort zur Sprache ge⸗ bracht, und die Folge iſt auch geweſen, daß die Stadtverordnetenverſammlung dem Vorſchlage des Etatausſchuſſes im März d. I. gefolgt iſt und be⸗ ſchloſſen hat, in den Etat für 1909 in erſter Linie 119 200 ℳ für die Aſphaltierung vom Stuttgarter Platz bis zur Peſtaloziſtraße einzuſetzen. Die An⸗ regungen, die früher gegeben worden ſind, ſind eben immer an den eigenartigen Verhältniſſen geſcheitert. Wir haben von dem Herrn Stadt⸗ ſyndikus gehört, daß erfreulicherweiſe jetzt Ausſicht vorhanden iſt, die Mißſtände zu beſeitigen und daß der Verkehrsausſchuß dafür Sorge tragen wird, daß das alte Straßenbahnprojekt nunmehr zur Verwirklichung gelangen dürfte. Ich möchte bei der Gelegenheit aber noch darauf aufmerkſam machen, daß die ganzen Ver⸗ kehrsverhältniſſe beſonders vom Süden nach dem Norden unſerer Stadt ſehr viel zu wünſchen übrig laſſen. Es iſt tatſächlich manch⸗ mal ſchwer möglich, irgendeine Verbindung ſchnell zu erreichen. Man muß dort 10, 12, auch 15 Minuten warten, bis ein Straßenbahnwagen der betreffenden Linie kommt; manchmal kommen ſie alle auf einmal, manchmal kommt gar keiner. Sehr häufig iſt auch bei pünktlichem Eintreffen kein Platz mehr vorhanden, da auf vielen Linien nicht die großen Wagen in genügen⸗ der Zahl vorhanden ſind. Auch darauf bitte ich Bedacht zu nehmen, daß hier Remedur geſchaffen wird. Eine Beſſerung dieſer Verhält⸗ niſſe wäre vorläufig vielleicht durch die Einführung eines einfachen Omnibusverkehrs, ähnlich dem Verkehr der ſogenannten Sechſeromnibuſſe in Berlin, zu erreichen. Das wäre immer noch viel beſſer als dieſe jetzt teilweiſe unhaltbaren Zu⸗ ſtände. Die andern Vororte, z. B. Schöneberg, haben bedeutend beſſere Verkehrsverbindungen mit Berlin als wir. Ich gebe der Hoffnung Aus⸗ druck und bin auch der feſten Überzeugung, daß der Verkehrsausſchuß ſämtliche, Mißſtände bald beſeitigen wird. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Damit iſt die Anfrage erledigt. Punkt 20 der Tagesordnung: Vorlage betr. Verſtärkung der Mittel zum Erſatz von Arbeitslöhnen bei Berwendung minder⸗ wertiger Arbeitskräfte. — Druckſache 477. (Die Beratung wird eröffnet.) Stadtv. Wilk: Meine Herren, es handelt ſich in dieſer Vorlage um die Verſtärkung der Mittel für Arbeitslöhne bei der Verwendung minder⸗ wertiger Arbeitskräfte. Die Summe beträgt 3361,91 ℳ. Ich hätte gewünſcht, daß die Summe weſentlich höher wäre. Das iſt aber nicht möglich, da die Stadt die betreffenden minderwertigen Arbeitskräfte mit außerordentlich ſchlechten und unzureichenden Löhnen abfindet. Es werden für verheiratete Leute 35 9, für unverheiratete 30 und für jugendliche Arbeiter 25 die Stunde bezahlt. man bedenkt, daß die Leute nur in ganz beſchränkter Arbeitszeit beſchäftigt werden. Wir hätten ja gegen eine beſchränkte Arbeitszeit nicht das Geringſte einzuwenden, wenn die Leute nur einigermaßen auskömmlich entlohnt würden. Es iſt doch geradezu ein Skandal, wenn man bedenkt, daß Leute, die ſchon an und für ſich wochen⸗, monatelang auf dem Straßenpflaſter liegen und die nun endlich durch die Gemeinde die Gelegenheit bekommen, irgendwelche Arbeit zu verrichten, mit Löhnen abgeſpeiſt werden, mit denen ſie nichts anfangen können. Sie müſſen doch auch erwägen, daß es Leute ſind, die durch die ewige Arbeitsloſigkeit in Schulden geraten ſind; die können mit ſolchen Löhnen nichts anfangen. Sie haben wahrſcheinlich gar nicht das richtige Empfinden dafür, wie es einer Arbeiterfamilie zumute iſt, wenn der Mann die ganze Woche hindurch ſchwere Arbeit verrichtet hat — Sie werden zugeben, daß dieſe Notſtands⸗ arbeiten nicht leicht ſind, wie z. B. die Arbeit hier an den Ufermauern, mit der freilich noch nicht begonnen worden iſt —, wenn die Leute den Tag über ausgemergelt ſind und des Sonnabends nicht einmal ſo viel verdient haben, daß ſie einigermaßen auskommen können. Die Stadt nutzt hier in einer wirklich rigoroſen Weiſe die Notlage der Arbeiter aus, indem ſie ihnen nicht anſtändige Löhne zahlt. Es wäre an der Zeit, daß derartiges aufhörte und daß die Stadtgemeinde endlich mal ſich veranlaßt fühlte, andere Löhne zu zahlen als die in der Vor⸗ lage mit 35, 30 und 25 für die Stunde an⸗ gegebenen. Stadtrat Dr. Faſtrow: Der Herr Vorredner hat gewünſcht, die geforderte Summe möge höher ſein, damit höhere Löhne gezahlt werden könnten. Dieſe beiden Dinge ſtehen, wie aus der Vorlage ſelbſt hervorgeht, nicht in dieſem urſächlichen Zuſammenhange. Der Magiſtrat tut, was erforder⸗ lich iſt, ohne Rückſicht darauf, welche Höhe heraus⸗ kommt. Das iſt in der Begründung mit ganz ausdrücklichen Worten geſagt worden. Es beſteht zwiſchen dem Magiſtrat und der Stadtverordneten⸗ verſammlung volles Einvernehmen darüber, daß in dieſer Beziehung geſchehen ſoll, was zu geſchehen hat, und daß die Summe, die dabei herauskommen wird, nachträglich mitgeteilt wird. Wenn dieſe Vorlage an die Verſammlung gelangt iſt, ſo hat das lediglich den Zweck, der Übung nachzukommen, daß Etatsüberſchreitungen ohne Kenntnis der Ver⸗ ſammlung nicht dauernd vorgenommen werden. In der Ausführung über die Löhne, die gezahlt werden, hat der Herr Vorredner zwei Dinge miteinander vermengt, die nicht vermengt werden dürfen. Man muß bei dieſen Arbeiten, für die ſich der Name Notſtandsarbeiten einge⸗ führt hat, unterſcheiden zwiſchen Notſtandsarbeiten im engeren und weiteren Sinne. Unter Notſtands⸗ arbeiten im engeren Sinne verſteht man ſolche, die lediglich zu dem Z3wecke unternommen werden, um Arbeiter, die ſich in Not befinden, über Waſſer zu halten. (Stadtv. Wilk: Aber damit doch nicht!) Das ſind die Arbeiten, bei denen 35 9, 30 5 und 25 9 gezahlt werden. Es ſind Arbeiten, die man ſonſt nicht vornehmen würde, und die man lediglich deswegen vornimmt, um Arbeitsloſe zu beſchäftigen. Dieſe Arbeiten haben nicht den Zweck, den Arbeits⸗ loſen einen vollen Unterhalt zu gewähren, ſondern