Stadtv. Wilt (fortfahrend): Wir wünſchen vor allen Dingen, daß man bei derartigen Not⸗ ſtandsarbeiten die Leute nicht mit Löhnen abſpeiſt, mit denen ſie auch ſelbſt bei ſparſamſter Wirtſchaft nicht auskommen können. Unſere Arbeiterfrauen ſind wahre Finanzkünſtlerinnen, ich verſtehe es manchmal nicht, wie die Frau in der Lage iſt, bei dem geringen Einkommen des Mannes ihre Familie noch zu ernähren. Und da ſtellt ſich Herr Stadtrat Jaſtrow hin und hält dieſe Löhne für leidlich aus⸗ kömmlich; er meint, die Arbeiter wären mit dieſen Löhnen zufrieden. keineswegs zufrieden, ſie können nicht exiſtieren. Es iſt wirklich zu wünſchen, daß Sie endlich ernſte Anſtalten machen, auf dem Wege vorzugehen, auf dem Sie ſich ſo ſehr viel rühmen, ſo außer⸗ ordentlich gute ſoziale Tätigkeit zu üben. Das könnten Sie am beſten dadurch beweiſen, indem Sie den Leuten ein einigermaßen auskömmliches Geld geben. Frageſteller Stadtv. Zietſch: Meine Herren! Die Anfrage, die wir an den Magiſtrat gerichtet haben — und wir bitten Sie, ſich dem anzuſchließen — iſt ja nur die Fortſetzung anderer Vorſtöße, die wir ſchon im Laufe dieſes Jahres in der Verfolgung derſelben Materie vorgenommen haben. Die erſte Stadtverodnetenſitzung, die in dieſem Jahre ſtatt⸗ gefunden hat, beſchäftigte ſich ſchon mit einem der⸗ artigen Antrage unſererſeits, dahingehend, daß die Stadtverwaltung geeignete Maßnahmen zur Für⸗ ſorge gegenüber der fortſchreitenden Arbeitsloſigkeit unternehmen möchte. Damals hatte ſich die Mehr⸗ heit der Stadtverordnetenverſammlung auf den Standpunkt geſtellt — nachdem dieſe Anregung von uns einem Ausſchuß überwieſen worden war —, daß ein beſonderer Notſtand zurzeit nicht vorläge, man im übrigen in den Magiſtrat das vollſte Ver⸗ trauen ſetzen könnte, daß er in dem Augenblick, wo der Notſtand ſtärker in die Erſcheinung treten würde, die geeigneten Maßnahmen ergreifen würde, um der Arbeitsloſigkeit und ihren Folgen entgegen⸗ zutreten. Damals haben Sie unſeren Ausführun⸗ gen nicht Glauben ſchenken können oder nicht glauben wollen, daß tatſächlich die Arbeitsloſigkeit in ganz anderer Weiſe vorwärts ſchreitet und ſich ſchon erkennbar gemacht hat, als Sie es annahmen. Die verhältnismäßig kurze Zeit hat uns durch die Entwicklung des Wirtſchaftsmarktes in unſerer Auf⸗ faſſung über die Arbeitsloſigkeit vollkommen recht gegeben. Und nicht nur wir haben dieſe Erfahrung gemacht, nicht nur im öffentlichen Leben haben ſich unſere damaligen Vorausſetzungen als richtig erwieſen, ſondern auch auf dem Gebiete der pri⸗ vaten Wohltätigkeit hat es ſich gezeigt, daß wir im Frühjahr reſp. im Winter dieſes Jahres ſchon mit Recht alles ſo vorausgeſagt hatten, wie es ge⸗ kommen iſt. Ich gehe wohl nicht fehl in der An⸗ nahme, daß verſchiedene der Herren im Magiſtrat und in der Stadtverordnetenverſammlung, die als leitende Perſonen in privaten Wohltätigkeitsver⸗ einigungen ſitzen, die Erfahrung ſelbſt gemacht haben, daß wir mit unſeren Prophezeiungen recht behalten haben. Die hier zur Diskuſſion gekom⸗ mene Überſchreitung des diesjährigen Armenetats der Stadt Charlottenburg hat uns damals ſchon Gelegenheit gegeben, die von Ihnen nicht beach⸗ teten Warnungen nochmals hervorzuheben. Am 17. Juni d. I. griffen wir unſere Anregung wieder auf und glaubten, die Sache dadurch etwas Das iſt nicht wahr, ſie ſind A78. in Fluß bringen zu können, daß wir Sie baten, den Magiſtrat zu erſuchen, eine gemiſchte Depu⸗ tation zur weiteren Verfolgung der Arbeitsloſen⸗ fürſorge einzuſetzen. Sie ſind damals dieſer An⸗ regung beigetreten. Die gemiſchte Deputation hat ſich gebildet, nachdem der Magiſtrat ſeine Zu⸗ ſtimmung dazu erklärt hatte, und ſie kam zuſammen. Nun zeigte ſich die ſonderbare Erſcheinung, daß der Magiſtrat über den Sinn des Beſchluſſes, den die Stadtverodnetenverſammlung damals gefaßt hatte, als ſie die gemiſchte Deputation wünſchte, anderer Auffaſſung war als die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung ſelbſt. Dieſe Auffaſſung war die, daß die gemiſchte Deputation ſich nicht nur mit den Fragen zu beſchäftigen haben würde, welche die Ein⸗ engung der Arbeitsloſigkeit und ihrer Folgen für künftige Zeiten betrafen, ſondern die gemiſchte Deputation ſollte ſich auch mit der Beratung von Mitteln beſchäftigen, die geeignet wären, der gegen wärtigen Notlage entgegenzutreten. Dieſer Auffaſſung der Mehrheit der Stadtverord⸗ netenverſammlung hatte ſich auch die Mehrheit der gemiſchten Deputation angeſchloſſen, und die Deputation hatte die Magiſtratsvertreter erſucht, ſich vom Magiſtrat entſprechende Inſtruktionen geben zu laſſen. Der Magiſtrat hat ſich nicht auf dieſen Standpunkt geſtellt, ſondern er hat durch ſeine Vertreter in der gemiſchten Deputation erklärt, die gemiſchte Deputation ſolle ſich mit allgemeinen theoretiſchen Fragen über die z u⸗ künftige Geſtaltung der Fürſorge gegenüber den Arbeitsloſen beſchäftigen. Nebenbei, ſo hatte man loyalerweiſe erklärt, könne man ja auch über die Mittel ſprechen, die notwendig ſind, um der augenblicklichen Notlage entgegenzutreten; aber es ſollte nicht die Aufgabe der gemiſchten Depu⸗ tation ſein, dazu Stellung zu nehmen. Der Magiſtrat hatte ja zweifellos von ſeinem Standpunkt aus recht, weil er die Anſicht vertrat, daß er alles getan habe, was überhaupt von ſeiten der Stadt zu tun möglich wäre, um der gegen⸗ wärtigen Arbeitsloſigkeit und ihren Folgen Einhalt zu tun. Herr Stadtrat Samter hat als Dezernent in der betreffenden Sitzung vom 4. November aus⸗ einandergeſetzt, welche Arbeiten der Magiſtrat zur Einengung der Arbeitsloſigkeit und ihrer Folgen vorgeſehen habe, und dabei geſagt, daß in erſter Linie für Charlottenburg in Frage komme, daß der Kompoſthaufen umgegraben werden ſoll. Ferner ſollten zur Reinigung von Straßen, die bisher nicht gereinigt oder nicht in wünſchenswerter Weiſe gereinigt werden konnten, Kolonnen bis zu 20 Mann gebildet werden. Auf dieſe Weiſe käme man in die Lage, bis zu 200 oder 260 arbeitsloſe Leute bei dieſen als Notſtandsarbeiten bezeichneten Unternehmungen zu beſchäftigen. Nun darf nicht vergeſſen werden, daß inzwiſchen nach den Mit⸗ teilungen, die in der gemiſchten Deputation gemacht worden ſind — ich begehe wohl keine Indiskretion, wenn ich das ſage, das würde auch wohl ohne weiteres von dem Magiſtrat nachher geſagt werden müſſen —, nur bei dieſen Arbeiten, bei der Um⸗ grabung des Kompoſthaufens bzw. der Reinigung der Straßen, die bisher nicht gereinigt worden ſind, was an und für ſich auch kein idealer Zuſtand, würdig einer Weltſtadt wie Charlottenburg, iſt, daß es Straßen gibt, die nicht gereinigt werden (Bürgermeiſter Matting: Das iſt ein Irrtum!) — oder nicht genügend gereinigt werden, wie es wünſchenswert iſt — wenn das nicht der Fall wäre,