382 — andern Zweck, als die Arbeiter über Waſſer zu halten. tigten Arbeitern das, daß ſie den Arbeitsmarkt ent⸗ Damit habe ich mit voller Entſchiedenheit geſagt, daß ich für die Löhne, die da gezahlt werden, keines⸗ wegs in Anſpruch nehme, daß es auskömmliche Löhne ſeien. Aber von dem Lohn wird ja ſehr viel mehr beſtritten als Eſſen und Trinken. Von dem normalen Lohn der Arbeiter werden aufſchiebbare Ausgaben beſtritten. Es gibt Ausgaben, die man macht, wenn man das Geld hat, und die man ver⸗ ſchieben kann, wenn man es augenblicklich nicht hat. Für dieſen Teil der Ausgaben braucht der Notſtands⸗ ohn nicht einzutreten. (Zuruf des Stadtv. Wilk.) — Herr Stadtv. Wilk wird bei ſeiner ſehr großen Kenntnis der Arbeiterververhältniſſe, mit der er glaubt, uns alle hier zu übertreffen, ſelbſt ein ſehr ſachverſtändiger Ratgeber und Auskunfterteiler über die Frage ſein, welches die Ausgaben in einem Arbeiterbudget ſind, die nötigenfalls ein oder zwei Monate verſchoben werden können. (Sehr gut!) Die Notſtandsarbeiten haben ihren ganz beſtimmten, eingeengten Zweck. Mehr als das ſollen ſie nicht leiſten, und innerhalb dieſer Grenzen halten ſich auch die Löhne bei den Notſtandsarbeiten. Wenn Herr Wilk der Meinung geweſen iſt, daß ſie den Ar⸗ beitern gar nichts nutzen, ſo gibt es dagegen 115 Gegenbeweiſe. Dies ſind die 115 Arbeiter, die ſich nicht etwa bloß um dieſe Arbeiten beworben haben, ſondern die auch darin ausharren. Sie würden nicht darin ausharren, wenn ſie der Meinung wären, daß ihnen dieſe Arbeiten gar nichts nutzen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) — Sie nutzen ihnen, wie wir ſehr wohl wiſſen, wenig. Wir ſind von der Beſcheidenheit dieſer Maßregel ſehr durchdrungen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Na alſo!) Wir gehören keineswegs zu denen, die in der Not⸗ ſtandsarbeit die Löſung dieſer Schwierigkeiten er⸗ blicken. Wir brauchen gar nicht darauf aufmerkſam gemacht zu werden, daß das ſehr beſcheidene Maß⸗ regeln ſind. Aber auch beſcheidene Maßregeln ver⸗ dienen nicht mit Null auf eine Stufe geſtellt zu werden. Man ſoll dem lieben Gott auch für die kleinen Kartoffeln dankbar ſein, (Heiterkeit) 2 und man ſoll auch die Menſchen nicht ſchmähen, wenn ſie bloß kleine Kartoffeln geben, mit dem vollen Bewußtſein, daß es nicht anders geht. In der Parkverwaltung haben die Arbeiten vom 9. November ab begonnen mit 1—2—13 Ar⸗ beitern, deren Zahl im November bis auf 60, im Dezember auf 61 geſtiegen iſt. Das iſt die Zahl, die dort beſchäftigt werden kann. Danach kam die Arbeit in der Straßenreinigung, die vom 26. No⸗ vember ab begann mit 11—15—20 Arbeitern; deren Zahl iſt im November auf 23, im Dezember auf 54 geſtiegen, ſo daß die Zahl 115 herauskommt. Wir ſind imſtande, bei weiterem Bedürfnis in der Straßenreinigung noch mehr Arbeiter einzuſtellen. Nun iſt die Frage: was kann damit geleiſtet werden, daß der Arbeiter über Waſſer gehalten wird? Nach meiner Anſicht leiſten dieſe Arbeiten zweierlei: Erſtens geſchieht den Arbeitern, die dort ſo lange gehalten werden, bis ſie normale Arbeit finden, ein Dienſt für dieſe 3Zwiſchenzeit. Man kann ja nicht wiſſen, wann das der Fall ſein wird, es kann vielleicht ſchon in kurzer Zeit der Fall ſein. Zweitens aber leiſtet ſelbſt eine beſcheidene Zahl von hier beſchäf⸗ laſtet. Es iſt die größte Gefahr für den Arbeiter bei Beginn einer Arbeitskriſe, daß ſich alles zu niedrigeren Preiſen anbietet, daß ein fürchterlicher Lohndruck entſteht, weil alles darauf hindrängt. Wenn man dieſen Andrang an den Arbeitsmarkt auch nur ein klein wenig entlaſtet, und wenn man denen, die nicht an den Notſtandsarbeiten teilnehmen, eröffnet, daß ſie vielleicht ſpäter auch heran kommen, wenn es noch nötig ſein ſollte, ſo wird die furchtbare Haſt, mit der der Andrang auf den Arbeitsmarkt ſtattfindet, gemildert. Darum ſoll man auch über dieſe kleine Maßregeln nicht ſo geringſchätzig denken, daß man ſagt, ſie kämen gar nicht in Betracht. Sie ſind wenig, aber ſie ſind etwas. Allerdings, der Meinung bin ich auch, daß die Maßregeln zur Linderung der Arbeitsloſigkeit deſto mehr wirken, je weiter man ſich vom Problem der Arbeitsloſigkeit entfernt und ſich dem der all⸗ gemeinen Wirtſchaftspolitik zuwendet; denn die Arbeitsloſigkeit iſt doch nur das Symptom einer allgemeinen wirtſchaftlichen Lage, und es wird immer darauf ankommen, dem Gewerbe ſelbſt etwas mehr Nahrung zu geben. Man könnte daher ſchon etwas mehr tun mit Arbeiten, die man gar nicht als Notſtandsarbeiten bezeichnen kann, und die ich vorhin charakteriſiert habe, die lediglich Ver⸗ frühungen darſtellen. Darauf geht wohl auch haupt⸗ ſächlich die Anfrage des Herrn Zietſch. Da hat der Magiſtratsausſchuß im Einvernehmen beſonders mit der Tiefbauverwaltung die Arbeiten feſtgeſtellt, die früher in Angriff genommen werden können. Die Kanaliſation in der Kaiſerin⸗AuguſtasAllee iſt bereits begonnen, die Anlage einer Druckrohr⸗ leitung an der Spandauer Chauſſee ebenfalls. Die Arbeiten an der Dovebrücke werden vor dem 1. Februar nicht beginnen können. Die Aptierung des Rieſelfeldes iſt bis jetzt noch im Stadium des Projekts, es läßt ſich noch nicht abſehen, wann ſie in Angriff genommen werden kann. Das Projekt für die Ufermauer an der Königin⸗Luiſe⸗Straße muß geändert werden; hierzu ſind die Ausſchreibungen erfolgt. Die Ufermauer vor dem zukünftigen Stein⸗ platz an der Fortſetzung der Königin⸗Luiſe⸗Straße wird in der nächſten Sitzung der Tiefbaudeputation beraten werden. Die Uferbefeſtigungen am Tegeler Weg ſind im Bau begriffen. Nach Weihnachten können einige Arbeiten in Angriff genommen werden, die für den Etat 1909 in Betracht kommen, und die einſtweilen auf Vorſchußkonto beſtritten werden. Das ſind namentlich Neu⸗Beſchotterungen von Chauſſeen auf Weſtend und am Tegeler Weg bis an die Jungfernheide. — Alſo auch darin gibt ſich der Magiſtrat Mühe, ſolche Arbeiten herauszu⸗ finden, die man verfrühen kann. Dieſe Arbeiten fallen an ſich keineswegs bloß in das Gebiet der Arbeiterpolitik. Die Verfrühung geſchieht im Inter⸗ eſſe der allgemeinen Wirſchaftspolitik überhaupt, da es ſich empfiehlt, in den Zeiten zu bauen, in denen ſonſt eine geringere Nachfrage nach Arbeitern vorhanden iſt. Herr Stadtv. Zietſch hat ſeine Anfrage auch mit Ergebniſſen der Arbeitsloſenzählung begründet. Ich kann ſehr vielem, was Herr Zietſch angeführt hat, vollſtändig zuſtimmen. Ich möchte aber doch einiges wiedergeben, teils weil ich in manchen Punkten zu andern Ergebniſſen lomme, teils auch, weil es ſich im Intereſſe der Überſichtlichteit viel⸗ leicht empfiehlt, daß ich die Kategorien —1 . auf die ich ſpäter zu ſprechen kommen will. 4