Wenn man ſich das Ergebnis der Arbeitsloſen⸗ der Maurer, Schloſſer, Maler, Tiſchler zuſammen⸗ zählung ganz roh klar machen will, ſo geſchieht das nach meiner Meinung am beſten durch die Ver⸗ gleichung runder Ziffern für Charlottenburg und für Berlin. Charlottenburg hat in runder Ziffer 2000 Arbeitsloſe gezählt und Berlin 30 000. Nach Prozenten berechnet ergibt das für Charlottenburg 0,74 % der geſamten Bevölkerung, für Berlin 1,38 %. Alſo ganz rund kann man ſagen: in Char⸗ lottenburg ſind verhältnismäßig halb ſo viele Arbeitsloſe gezählt worden wie in Berlin. Ver⸗ gleicht man Charlottenburg mit den umliegenden Städten, ſo haben allerdings Wilmersdorf und Schöneberg noch weniger Arbeitsloſe als Char⸗ lottenburg. Rixdorf aber hat mehr. Wilmersdorf und Schöneberg tragen einen ganz andern Cha⸗ rakter, es ſind Städte mit geringer Arbeiter⸗ bevölkerung, und Rixdorf iſt ſelbſtverſtändlich die Arbeiterſtadt par excellence. Hingegen hat Char⸗ lottenburg lange nicht mehr die Zuſammenſetzung, die es früher gehabt hat. Charlottenburg iſt heute in ganzen Vierteln eine wirkliche Arbeiterſtadt. Die Zuſammenſetzung von Charlottenburg und Berlin iſt in dieſer Beziehung nicht mehr ſo weſentlich ver⸗ ſchieden wie früher. Man muß aber nach irgend⸗ welchen andern Anhaltspunkten ſuchen, um heraus⸗ zubekommen, welche Bedeutung der Ziffer bei⸗ zulegen iſt. Wenn man vergleichen will, ſo liegt es am nächſten, frühere Charlottenburger Zählungen zu nehmen. Bei der Zählung, die das Deutſche Reich am 2. Dezember 1895 veranſtaltete, kam ziemlich genau dieſelbe Zahl heraus, nämlich 2124. Das war aber damals in dem noch kleineren Char⸗ lottenburg eine Arbeitsloſenziffer von 3,5 %, wäh⸗ rend wir heute 0,74 % gezählt haben. Die gewerk⸗ ſchaftliche Zählung von 1902 brachte merkwürdig auch beinahe dieſelbe Ziffer, etwas größer: 2266 — und damals hatte Charlottenburg ſchon zuge⸗ nommen, war aber immerhin kleiner als heute; dieſe Ziffer bedeutete damals 2,6 %. — Doch ich ſehe eben, dieſe Prozentziffern können ſo nicht ſtimmen, es müſſen andere Beziehungen ſein. Ich kann das augenblicklich nicht feſtſtellen. Es muß hier irgendein Prozentſatz von etwas anderem als von der Bevölkerung aufgenommen ſein. Es ſcheint, es ſind die Prozente der männlichen Bevölkerung, ſo daß man alſo die Prozentziffern der Jahre 1895 und 1902 ungefähr halbieren müßte. Die beiden Zählungen von 1895 und 1902 ergaben größere Prozentziffern als die gegenwärtige Zählung. — Nun war 1895 das letzte Jahr einer wirtſchaftlichen Niedergangsperiode, man befand ſich in dem ÜUbergang vom Niedergang zur Beſſerung. 1902 war ebenfalls eine Kriſis. Beides waren zwar ſchlechte Jahre, aber mäßig ſchlechte Jahre. Wir haben alſo diesmal eine geringere Prozent⸗ ziffer herausbekommen, als in den beiden Zeiten der Arbeitsloſigkeit von 1895 und 1902, die doch beide in einer Saiſon überwunden wurden. Es iſt alſo an ſich die Hoffnung begründet, daß, ſo lange wir nur dieſe Ziffer haben, das eine Arbeitsloſigkeit iſt, mit der die Beteiligten in einiger Zeit wohl noch fertig werden. Sie iſt nicht ſo groß wie in den Fällen, in denen die verhältnismäßig leichte Überwindung ſtattgefunden hat, wenngleich die Verſchiedenheit der Zählmethode einen Einfluß ge⸗ übt hat, der nicht genau feſtzuſtellen iſt. Die Hauptkategorien der Arbeitsloſen ſtellen ſich trotz allem, was eingewendet worden iſt, nach meiner Meinung ſo, daß, wenn man die Kategorie addiert, die Hälfte der gelernten Arbeiter unter den Arbeitsloſen dem Bauhandwerk angehört. Es iſt auch gar kein ſtichhaltiger Einwand, wenn man nachweiſen kann, viele ſeien ſchon arbeitslos ge⸗ weſen, bevor die Saiſon der Arbeitsloſigkeit eintrat. Auch dieſe ſind Saiſon⸗Arbeitsloſe. Rechnet man bei den ungelernten Arbeitern das Baugewerbe für ſich allein, ſo kommen 363 Arbeiter heraus. Wenn man noch die Kategorien der Arbeiter in der Metall⸗ und Maſchineninduſtrie hinzunimmt, ſo ſtellen dieſe zuſammen mehr als die Hälfte der un⸗ gelernten Arbeiter. Es iſt allerdings richtig, es gibt in dieſer Sta⸗ tiſtik eins, was eine gewiſſe Intenſität der Arbeits⸗ loſigkeit zeigt: das iſt der Familienſtand. 881 der gezählten männlichen Arbeiter — alle dieſe hier beſprochenen einzelnen Kategorien beziehen ſich auf die 1879 männlichen Arbeitsloſen nach Abzug der Kranken uſw. — ſind ledig, 954 verheiratet, 44 ſind verwitwet, geſchieden uſw. Daß ſo viele Verheiratete darunter ſind, iſt ganz ſicher ein Be⸗ weis einer gewiſſen Intenſität. Denn ſo weit ſind heute wohl im allgemeinen die Arbeitgeber in ihrer Rückſichtnahme, daß ſie ſich ſchwerer entſchließen, Verheiratete zu entlaſſen, als Ledige. (Stadtv. Zietſch: Teilweiſe iſt das der Fall!) — Nun ja, aber es iſt ſchon in gewiſſer Weiſe typiſch geworden. — Auch das iſt richtig, daß wir es unter den Arbeitsloſen nicht etwa, wie vielfach behauptet wird, mit hergelaufenen Leuten zu tun hätten. Die Arbeitsloſenzählung hat dies in keiner Weiſe er⸗ geben. Es iſt vollkommen richtig, daß die vor⸗ handene Arbeitsloſigkeit zum weitaus größten Teil wirkliche Charlottenburger Arbeiter betrifft. Nach der Statiſtik ſind nur 21 % weniger als 1 Jahr 3 Charlottenburg, und das iſt keine ſehr große ahl. Nun haben wir uns nicht bloß mit der Zählung begnügt, ſondern unſer ſtatiſtiſches Amt iſt auch bemüht geweſen, zu ermitteln, wie viele von den damals gezählten Arbeitsloſen jetzt noch arbeitslos ſind. Das ſtatiſtiſche Amt hat mit großer Mühe und, wie man wohl anerkennen kann, mit Zuverläſſigkeit dieſe Feſtſtellung gemacht. 4 Wochen nach der Zählung waren wieder in Arbeit 458; es waren vorübergehend in Arbeit an den Tagen, wo man es ermitteln konnte, 80; es waren von Charlotten⸗ burg verzogen 92. Das ſind zuſammen 630, die alſo von jener Zahl von 1879 inzwiſchen Arbeit gefunden haben. (Stadtv. Hirſch: Und wie viele Neue ſind hinzu⸗ gekommen?) — Es ſoll natürlich Herr Hirſch nicht glauben, daß ſo nahe liegende Gedanken jemandem entgehen, der dieſe Sache durchdenkt. (Heiterkeit.) Ich glaube nicht, daß die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung gerade die allerkürzeſt denkenden Leute in den Magiſtrat hineinſchickt. Es ſoll ſelbſtver⸗ ſtändlich damit nicht geſagt ſein, daß die Zahl der Arbeitsloſen ſich um ſo viel vermindert hat; denn wieviele Arbeitsloſe hinzugekommen ſind, weiß man ja nicht. Es ſoll dies nur einen ungefähren Maßſtab dafür geben, ob denn die als arbeitslos Gezählten wirklich in der Arbeitsloſigkeit dauernd verharren. Um einen Maßſtab dafür zu gewinnen, können, glaube ich, ſolche Ermittlungen doch