587 gemacht worden ſei, Anträge zur Bekämpfung der ſich über dieſe höchſt intritate Frage auseinander⸗ augenblicklichen Arbeitsloſigkeit zu ſtellen, entgegen⸗ zuſetzen. gerufen habe, dieſe Darſtellung ſei falſch. Ich bin den Beweis dafür ſchuldig und will ihn erbringen. Wir haben uns in der einen Sitzung der ge⸗ miſchten Deputation lediglich mit der Frage be⸗ ſchäftigt: hat die gemiſchte Deputation die Aufgabe, die gegenwärtige Arbeitsloſigkeit zu behandeln oder hat ſie die Probleme der Arbeitsloſigkeit von all⸗ gemeinen Geſichtspunkten zu behandeln. Da wir uns über dieſe Frage in der erſten Sitzung der Deputation nicht einig werden konnten, war natür⸗ lich keine Gelegenheit gegeben, in dieſer Sitzung bereits beſtimmte Anträge zu ſtellen. Der Magiſtrat hat ſich, wie geſagt, nachher ſo entſchieden, wie Herr Stadtrat Dr Jaſtrow es dargeſtellt hat. Nun bildete verabredungsgemäß den zweiten Gegenſtand der Beratung der gemiſchten Deputation das Thema „Notſtandsarbeiten“, und zwar mit der Definition, daß es ſich um die eigentlichen, die engeren Not⸗ ſtandsarbeiten handeln ſollte, d. h. um ſolche Ar⸗ beiten minderen Wertes, die lediglich zum Zwecke der Arbeitsloſenbeſchäftigung unter Verkürzung des Lohnes und der Arbeitszeit unternommen werden. Bei dieſer Gelegenheit ſtellten Herr Stadtv. Zietſch und Herr Dr Borchardt Anträge, die ſich gar nicht auf das Thema „Notſtandsarbeiten“, ſondern auf ſogenannte verſchobene Arbeiten bezogen, und da wurde ihnen von mir als dem Vorſitzenden geſagt: mit dieſem Thema der verſchobenen oder ver⸗ frühten Arbeiten beſchäftigen wir uns heute nicht, ſondern mit dem Thema der eigentlichen Notſtands⸗ arbeiten; Anträge alſo, die ſich auf die verſchobenen Arbeiten beziehen, können wir im Augenblick nicht erörtern. Aber es iſt ausdrücklich ſowohl vom Magiſtrat wie von der Deputation — Herr Dr Jaſtrow hat das bereits feſtgeſtellt — den Herren Kommiſſionsmitgliedern zugeſtanden worden, daß ſie ſelbſtverſtändlich im Rahmen des auf der Tages⸗ ordnung befindlichen Verhandlungsgegenſtandes auch Anträge ſtellen können, die ſich mit der gegen⸗ wärtigen Arbeitsloſigkeit beſchäftigen. Ich glaube, meine Herren, der Verlauf der jetzigen Debatte hat dem Magiſtrat und der Hand⸗ habung in der gemiſchten Deputation durchaus recht gegeben: wir müſſen die beiden Themata — augenblickliche Arbeitsloſigkeit und das allgemeine Arbeitsloſenproblem — unterſcheiden und trennen, ſonſt kommen wir vom Hundertſten ins Tauſendſte; einmal beſchäftigen wir uns mit der gegenwärtigen Arbeitsloſigkeit, und dann kommen wieder weit⸗ ſichtige Ausblicke auf die allgemeine Arbeitsloſen⸗ frage. Nur eine ſtrikte Trennung der beiden Fragen kann uns davor bewahren, daß wir uns ins Uferloſe verlieren. Ich habe mich gefreut, hierin gerade bei Herrn Stadtv. Zietſch auf Übereinſtimmung zu ſtoßen. Deswegen meine ich, auch heuté wird es ſich empfehlen, daß wir uns nur mit dem Gegen⸗ ſtande der Anfrage befaſſen, nämlich mit der augen⸗ blicklichen Arbeitsloſigkeit. Die Frage, ob die eigentlichen Notſtandsarbeiten unter Verkürzung der Arbeitszeit und des Lohnes ein zuläſſiges und zweckentſprechendes Mittel ſind, oder ob es beſſer iſt, dieſe Notſtandsarbeiten, die Herr Stadtv. Zietſch nur als ein Almoſen bezeichnet, gleich durch die unmittelbare Hergabe der entſprechenden Gelder zu erſetzen, iſt ſo weitſchichtig, daß wir uns heute dar⸗ über keinesfalls ausſprechen können. Die gemiſchte Deputation wird Ihnen ſeinerzeit über dieſe Frage Bericht erſtatten, und dann wird es am Platze ſein, greifen. Im Hinblick auf den gegenwärtigen Zuſtand möchte ich allerdings die Frage aufwerfen, ob wirk⸗ lich den Arbeitern damit gedient ſein würde, wenn dieſe ſogenannten Notſtandsarbeiten, die immerhin 200 bis 260 Arbeitsloſen eine Beſchäftigung geben, eingeſtellt würden, und ob wirklich dieſe Arbeiten für die Leute, die die Herren Wilk und Zietſch hier vertreten, keinen Wert haben? Ich glaube, wir werden, wenn wir uns eingehend damit beſchäftigen, uns eines Beſſeren überzeugen. Für den Augen⸗ blick kann ich jedenfalls nur erklären, daß ſie un⸗ entbehrlich ſind, und daß wir in die größte Ver⸗ legenheit kommen würden, wenn wir nicht 260 Leute auf dieſe Art und Weiſe beſchäftigen könnten. Stadtv. Wöllmer: Meine Herren, diejenigen meiner näheren Freunde, welche der erſten De⸗ putationsſitzung beigewohnt haben, darunter auch ich, waren allerdings ebenfalls der Anſicht des Herrn Kollegen Zietſch, daß es die Aufgabe der gemiſchten Deputation ſei, nicht nur in abstracto, ſondern auch in concreto dieſe Frage zu behandeln, alſo auch Stellung zu der gegenwärtigen Arbeits⸗ loſigkeit zu nehmen. Der Magiſtrat hat ſich auf einen andern Standpunkt geſtellt, er hat den Be⸗ ſchluß anders intrepetiert. Es bleibt alſo nichts anderes übrig, als ſich damit zufrieden zu geben. Ob es, wie der Herr Bürgermeiſter meint, zweck⸗ mäßiger iſt, eine ſtrikte Trennung der beiden Dinge vorzunehmen — mag ſein, es iſt möglich. Es wäre nach meiner Anſicht zweckmäßiger geweſen, wenn der Deputation auch dieſe Aufgabe zugeteilt worden wäre. Es würde uns dann heute die große Debatte erſpart worden ſein. (Sehr richtig! — 4 Matting: Keines⸗ falls!) Die Deputation hat bis jetzt zwei Sitzungen gehabt. Die erſte Sitzung befaßte ſich, wie der Herr Bürgermeiſter ſchon hervorgehoben hat, ledig⸗ lich mit der geſchäftlichen Behandlung, die zweite mit den Notſtandsarbeiten. Nun werden wir ja hoffentlich nicht vor jeder weiteren Deputations⸗ ſitzung eine Anfrage der Herren Zietſch und Ge⸗ noſſen haben, was gegenüber der gegenwärtigen Arbeitsloſigkeit zu tun iſt, und alle die Dinge, die die Deputation in ihrem Rahmen behandeln ſoll, auch gleichzeitig in der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung behandeln wollen. Herr Kollege Zietſch und Herr Kollege Wilk haben vor allen Dingen an der Notſtandsarbeit deshalb Anſtoß genommen, weil dabei die Arbeitsloſen zu gering bezahlt würden, und Herr Kollege Zietſch beſonders deswegen, weil er dieſe Notſtandsarbeit nur als eine verſchleierte Unterſtützung anſieht; es wäre ihm, wie er ſich eben ausdrückte, dann lieber, daß gleich eine Arbeits⸗ loſenunterſtützung gegeben würde. Ich kann dieſen Standpunkt des Herrn Kollegen Zietſch nicht be⸗ Meine Herren, denken Sie, es kommt jemand, der keine Arbeit hat, und ich beſchäftige ihn z. B. in meinem Garten mit einer Arbeit, die vielleicht nicht gerade nötig iſt, die aber auch nicht gerade unproduktiv iſt, die ich vielleicht ſpäter vor⸗ nehmen könnte. Iſt es nicht würdiger für den Be⸗ treffenden, wenn ich ihm die ſcheinbar überflüſſige Arbeit zuweiſe und ihn dafür bezahle, als wenn ich ihm 2 ℳ in die Hand ſtecke und ihn dann gehen laſſe? Ich meine, daß die Leiſtung in barem Geld ohne Gegenleiſtung ſich mit der Würde des Arbeiters