Vorſteher Kaufmann: Es liegt kein Anlaß vor, dem Wunſche nicht nachzukommen, zumal die Frage auch höchſt untergeordnet iſt. Wir kommen ja an die Anträge jetzt ſowieſo heran. Ich möchte zunächſt den dringlichen Antrag des Magiſtrats zur Kenntnis der Verſammlung bringen. Ich geſtatte mir gleichzeitig, zur Moti⸗ vierung den Wortlaut des Antrags zu verleſen. Vorlage betr. Unterſtützung der durch dasErdbeben in Italien Geſchädigten. „Urſchriftlich an die Stadtverordneten⸗Verſammlung mit dem Antrage, zu beſchließen: Zur Unterſtützung der durch das Erdbeben in Italien Geſchädigten werden 5000 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds bewilligt. Durch das Erdbeben in Italien, bei dem mehr als 100 000 Menſchen den Tod gefunden haben, die Stadt Meſſina mit anderen Städten und Dörfern in Trümmerſtätten zerfallen ſind, die Kultur breiter Länderſtrecken vernichtet iſt, iſt eine Entſetzen erregende Notlage der von dem Unglück Heimgeſuchten entſtanden, ſowohl der mehr oder minder Schwerverletzten unter den Überlebenden, als auch der Hinterbliebenen der Verunglückten, der vielen Tauſende, die nur mit dem nackten Leben davongekommen ſind und ohne Hab und Gut, ohne Lebensmittel, ohne Obdach dem Hunger und dem Elend preisgegeben ſind. Schleunige Hilfe tut Not. Die allgemeine Menſchenliebe regt ſich überall in unſerem deutſchen Vaterlande, um bei dieſem furchtbaren Unglück die Not lindern zu helfen. Auch wir haben beſchloſſen, eine Summe von 5000 ℳ zur Unterſtützung der Geſchädigten aus dem Dispoſitionsfonds zur Verfügung zu ſtellen, und beantragen, unſerem Beſchluſſe zuzu⸗ ſtimmen.“ Meine Herren, wir haben zuerſt über die Dringlichkeit dieſes Antrags zu beraten. Mit der Dringlichkeit können wir, glaube ich, gleich über den Antrag ſelbſt entſcheiden. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung einſtimmig dieſer Vorlage ihre Billigung geben wird, wenn auch nicht zu verkennen iſt, daß mit der Gewährung von Unterſtützungen an Länder außerhalb des deutſchen Vaterlandes ein gefähr⸗ liches Präzedens verbunden ſein könnte. Ich glaube aber, in dieſem Falle iſt die Größe des Un⸗ glücks dazu angetan, uns über das Bedenken hinwegzuſetzen, zumal wir die Ausnahme bei dieſer Bewilligung ſchon durch meine wenigen Worte konſtatiert haben. Ich frage nun, ob die Verſammlung die Dringlichkeit der Verhandlung unterſtützt. — Das iſt der Fall. Ich bitte nun die Herren, die die Dringlichteit und zugleich die Annahme der Be⸗ willigung beſchließen wollen, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Ich konſtatiere die einſtimmige Annahme. Meine Herren, wir kommen nun zu dem dringlichen Antrage der Stadtv. Hirſch und Gen. 11 betr. Zählung der Arbeitsloſen. Der Antrag lautet: Die Stadtverordnetenverſammlung wolle be⸗ chließen: Der Magiſtrat wird erſucht, die für den 15. Februar d. I. vorgeſehene Arbeitsloſen⸗ zählung in der Weiſe vornehmen zu laſſen, daß die Arbeitsloſen in ihren Wohnungen gezählt werden. Ich ſtelle hier auch die Frage der Dringlich⸗ teit. — Die Dringlichkeit der Verhandlung wird unterſtützt. Ich bitte nun die Herren, die die Dringlichkeit dieſes Antrags und damit den Antrag ſelbſt ohne weitere Diskuſſion beſchließen wollen, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Auch das iſt anſcheinend einſtimmig angenommen. Wir können nunmehr, da das Bedenken des Herrn Kollegen Dr Borchardt beſeitigt iſt, auch die Feſtſetzung der Sitzungstage ſo, wie ich ſie vorhin verleſen habe, genehmigen. — Ein Widerſpruch iſt nicht erfolgt; die Sitzungstage ſind ſo feſtgeſetzt, wie ſie vorhin von mir vorgeſchlagen worden ſind. Das Protokoll der heutigen Sitzung voll⸗ ziehen die Herren Kollegen Becker, Dr von Liszt und Mann. Meine Herren, es iſt von Herrn Kollegen Hirſch beantragt worden, den Punkt 6 der Tages⸗ ordnung in öffentlicher Sitzung zu beraten. Ich ſchließe jetzt die öffentliche Sitzung, um über dieſen Antrag in geheimer Sitzung beraten zu laſſen. (Die Sitzung wird auf kurze Zeit durch eine nicht öffentliche Sitzung unterbrochen.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, die Abſtimmung über den Antrag Hirſch und Gen. iſt ſo ſchnell vor ſich gegangen, daß ich nicht ſo raſch habe folgen können. Ich hatte angenommen, es würde einem der Antragſteller das Wort zur Begründung des Antrags erteilt werden, und hatte mir vorgenommen, dann darauf hinzuweiſen, daß wir zu dem Antrage noch keine Stellung nehmen können, weil dieſer Antrag einer ein⸗ gehenden Prüfung bedarf und man prima vista nicht ſagen kann, ob er durchführbar iſt. Nur das wollte ich heute erklären, damit Sie ſich nicht wun⸗ dern, wenn, ohne daß der Magiſtrat etwas erklärt hat, vielleicht nachher eine Ablehnung des Antrags durch den Magiſtrat erfolgen ſollte. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren, ich kann auch nam ns meiner Freunde erklären, daß wir ſehr erſtaunt waren, als der Herr Vorſteher die Erklärung abgab, daß unſer Antrag angenommen iſt. Das hat uns natürlich ſehr gefreut; es paſſiert ja nicht oft. Es wäre aber unſerer Anſicht nach richtiger geweſen, wenn der Herr Vorſteher, nachdem die Dringlichkeit beſchloſſen war, zunächſt einem der Antragſteller das Wort zur Begründung erteilt hätte. Ich gebe ja zu, daß der Herr Vorſteher inſofern korrekt ge⸗ handelt hat, als er geſagt hat: diejenigen, die für die Dringlichkeit und damit gleichzeitig für den Antrag ſind, mögen die Hand erheben. Aber wir ſind es nicht gewohnt, daß ſo ſchnell unſere Anträge angenommen werden, (Heiterkeit) und haben uns deswegen durch die Art der Ab⸗ ſtimmung etwas verblüffen laſſen. Ich möchte doch bitten, mit Rückſicht auf die Wichtigteit der Sache und mit Rückſicht darauf, daß es nach der Erklärung des Herrn Oberbürger⸗