Ich möchte bei dieſer Gelegenheit betonen, daß das Bauwerk auf mich perſönlich einen ganz aus⸗ gezeichneten Eindruck gemacht hat. Man kann ja natürlich bei jedem Kunſtwerk einzelne Aus⸗ ſtellungen machen; volltommen iſt keins. Aber ich kann nur ſagen: es iſt ein Bauwert, auf das nicht allein Charlottenburg, ſondern auch Berlin ſtolz ſein kann, es iſt ein vorzügliches Portal für unſere Stadt, und ich wünſchte, daß es vorbildlich würde für ein Bauwerk, das auch einmal in der Döberitzer Heerſtraße errichtet werden möchte, damit die lange Straßenlinie architektoniſch angemeſſen unter⸗ brochen wird. Ich bitte um Annahme der Vorlage. Stadtv. Zietſch: Meine Herren, wenn vor⸗ hin bei einem andern Punkt der Tagesordnung von einem Herrn Kollegen geſagt worden iſt: wenn wir anderthalb Millionen mehr bewilligen könnten für die Charlottenburger Brücke, ſo könnten wir auch eine Million für einen andern Zweck ausgeben —, ſo hat ſich der Herr Kollege vorhin geirrt. Der Herr Berichterſtatter für dieſen Punkt hat ſchon aus⸗ geführt, daß es ſich nicht um eine Mehrbewilligung von anderthalb Millionen Mark handelt, ſondern heute dreht es ſich nur um eine Mehrbewilligung von 65 000 ℳ. Aber ſelbſt in Anſehung dieſer ver⸗ ringerten Summe ſind meine Freunde und ich gegen die Vorlage des Magiſtrats, und zwar aus folgenden Gründen: einmal aus etatsrechtlichen Bedenken und zweitens aus Bedenken, die darin zu ſuchen ſind, daß wir unter dem Einfluß von — wie ſoll ich ſagen — unkontrollierbarer Seite geſtanden haben — wenigſtens die Mehrheit der Stadtverordneten⸗ verſammlung — als dieſelbe ſchon Mehrbewilligungen für dieſes Bauwerk eingegangen iſt, ſo daß ſich jetzt die Geſamtüberſchreitung des erſten Koſtenanſchlages auf 7% ſtellt. Nun hat der Herr Berichterſtatter geſagt, auf ihn perſönlich habe das Bauwerk der Charlotten⸗ burger Brücke einen ganz imponierenden Eindruck gemacht. Ich bin nur darin der Meinung wie der Herr Berichterſtatter, daß über ein und dasſelbe Kunſtwerk verſchiedene Perſonen verſchiedener Meinung ſein können. Auch für die Anſchauung und für das Betrachten eines Bauwerkes werden ſich nicht für alle Betrachtenden dieſelben Normen aufſtellen laſſen, ſondern ein Kunſtwerk wird aus dem ſubjektiven Empfinden und Gefühl heraus be⸗ trachtet. Nun hat zweifellos der Herr Berichterſtatter bei der Betrachtung von ſolchen Bauwerten vor mir einen ganz enormen Vorſprung. Er iſt Fachmann, ich bin Laie. Ich kann alſo nur ganz unmaßgeblich darüber urteilen, während ich anerkennen muß, daß das Urteil des Herrn Kollegen Wolffenſtein für weitere Kreiſe von beſonderer Bedeutung ſein wird. Aber, wie geſagt, über ein Kunſtwerk läßt ſich ſtreiten. Meiner Auffaſſung nach entſpricht die Charlotten⸗ burger Brücke in ihrem Aufbau nicht der eigent⸗ lichen Aufgabe, die eine Brücke erfüllen ſollte. Meine Freunde und ich ſind durchaus nicht gegen Bewilligungen von Mitteln, die dafür aufgewendet werden ſollen, irgendein ſchönes, hervorragendes Bauwerk in irgendeiner Form zu ſchaffen; wir werden immer dafür zu haben ſein. Wir waren zur Überraſchung des Herrn Kollegen Holz ja auch dafür, daß ein Steinbrunnen errichtet wird. Aber bei der Charlottenburger Brücke handelt es ſich um ein viel zu opulentes Bauwert, in Be⸗ achtung ſeines Zweckes betrachtet. Eine Brücke mit derartigem Aufbau ließe ſich nur rechtfertigen, zweimal auf wenn auch die übrige Umgebung dem Bau ange⸗ paßt wäre. Hier aber, wo nur ein verhältnis⸗ mäßig ſchmaler Waſſerarm darunter hinweggeht, ein ſo erdrückendes Bauwerk hinzuſetzen, das iſt vom künſtleriſchen Standpunkt, meiner Auffaſſung nach, die ja nicht maßgebend ſein ſoll, zu wenig motiviert. At4r Dann aber bedeutet dieſe Brücke an und für ſich keine Brücke für Charlottenburg, ſondern ſie iſt mehr eine Brücke für Berlin. Die Hauptanſicht der Brücke geht nach der Berliner Seite hin. Wenn es möglich geweſen wäre, überhaupt eine Begründung für dieſen gewaltigen Säulenaufbau über dem kleinen Wäſſerchen zu finden, dann müßte der große Aufbau nach der Charlottenburger Seite hin errichtet worden ſein. — Aber, wie ge⸗ ſagt, über dieſe Kunſtanſichten kann man ſtreiten. Wir ſind in erſter Linie aus etatsrechtlichen Gründen gegen die Etatsüberſchreitung. Vorſteher Kaufmann: Ich möchte Herrn Kollegen Zietſch gegenüber doch die Verſammlung gegen den unmotivierten Vorwurf in Schutz nehmen, daß ſie unkontrollierbare Einflüſſe auf ihre Beſchluß⸗ faſſung hätte einwirken luſſen. Die Stadtverord⸗ netenverſammlung beſchließt meiner Anſicht nach immer nach ihrer eigenen Erwägung. Ob die Beſchlüſſe richtig ſind, die ſie faßt, müſſen wir dahingeſtellt ſein laſſen. Ich glaube, es erübrigt ſich, heute eine Kritik an den Beſchlüſſen der Ver⸗ ſammlung zu üben. Wäre ſeinerzeit Herr Kollege Zietſch ſchon hier geweſen und hätte ſich gegen die Anlage der Brücke in dieſer opulenten Breite aus⸗ geſprochen, dann wäre das vielleicht von Erfolg geweſen. (Stadtv. Hirſch: Das iſt ja geſchehen!) Ich möchte aber dem Ausdruck: „unkontrollierbare Einflüſſe“ gegenüber feſtſtellen, daß die Stadtver⸗ ordenetenverſammlung, wenn ſie Beſchlüſſe faßt, jedenfalls weiß, daß ſie verantwortlich für ihre Beſchlüſſe iſt, und deshalb nicht durch fremde Ein⸗ flüſſe ſich irgendwie beſtimmen läßt. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Wolffenſtein (Schluß⸗ wort): Daß der Waſſerlauf, wie Herr Kollege Zietſch geſagt hat, ſehr unbedeutend iſt im Verhält⸗ nis zur Ausdehnung des Bauwerks, kann man vollſtändig unterſchreiben. (Sehr wahr!) Aber dieſes ſollte ja hauptſächlich, wie ich vorhin ſchon erwähnt habe, gleichſam ein Portal für Char⸗ lottenburg ſein und die lange Straßenlinie an⸗ gemeſſen unterbrechen. Ich habe auch ſchon geſagt, ich wünſchte, in der Döberitzer Heerſtraße würde das auch geſchehen. Herr Kollege Zietſch hat auch Recht, wenn er ſagt: über Geſchmack läßt ſich ſtreiten. Ich ſpreche hier gar nicht als Architekt, ſondern ich bin der Mei⸗ nung, daß die Brücke auf jeden Unbefangenen den guten Eindruck machen muß, den ſie auf mich macht. Ich gebe ja zu, daß man am einzelnen etwas ausſetzen kann, aber man muß nicht wie Herr Kollege Zietſch ein Kunſtwerk mit dem Verſtand anſehen, ſondern mit dem Gemüt. (Die Verſammlung beſ chließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: 0 8