44 Dadurch werden die betreffenden Perſonen durch⸗ aus nicht herabgedrückt. Inſofern aber glaube ich Herrn Kollegen Zietſch unter allen Umſtänden entgegenkommen zu müſſen: wenn ein Weg ge⸗ funden werden kann, unſere Ehrenbeamten ſo zu ſtellen, daß ſie bei derartigen Unglücksfällen von jeder Sorge befreit werden, ſo müſſen wir auf dieſe Brücke treten und müſſen auch die Klinke der Geſetzgebung in die Hand nehmen. Das Gebiet, das Herr Kollege Zietſch be⸗ ſchritten hat — er iſt ſelbſt etwas näher darauf eingegangen, indem er den Unterſchied zwiſchen Beamten und Ehrenbeamten machte —, iſt un⸗ geheuer ſchwierig. Wird denn ein Beamter, wenn ihm ein Unglücksfall zuſtößt, ſo entſchädigt, wie Herr Kollege Zietſch die Entſchädigung für den Ehrenbeamten herbeiführen will? Wenn ein Beamter, der vielleicht 10 Jahre im Amte iſt, einen ſchweren Unfall erleidet, ſo bekommt er höchſtens ſeine Penſion, ausnahmsweiſe vielleicht im Wege der Gnade die volle Penſion. Den Antrag, ſämtliche Ehrenbeamte in eine Unfallverſicherung aufzunehmen, könnte ich, wenn er durchführbar wäre, ſofort unterſchreiben. Aber wie auch der Herr Oberbürgermeiſter mit Recht hervorgehoben hat, ich glaube nicht, daß das ſo ohne weiteres gehen wird. Ich glaube nicht, daß eine Verſicherungsgeſellſchaft, heiße ſie wie ſie wolle, ſich ohne weiteres bereit finden wird — wenn Sie ſich dabei nur die Unterſchiede in dem Ver⸗ mögen bei den einzelnen Perſonen vorſtellen wollen! —, ſofort darauf einzugehen und etwa einer ſtaffelförmig abgeſtuften Verſicherung zuzu⸗ ſtimmen. Deshalb glaube ich mit Recht, daß es notwendig ſein wird, in einem Ausſchuſſe von dem Magiſtrat auf Grund der Erkundigungen, die er einziehen muß, darüber belehrt zu werden: wie ſieht es in der Welt aus, gibt es in Preußen oder im Deutſchen Reiche bereits eine Kommune, die nach der Richtung Erfahrungen gemacht hat? Ich bitte Sie, meine Herren, dem Antrage zuzuſtimmen, die Sache einem Ausſchuſſe zu über⸗ weiſen, aus dem hoffentlich etwas Gutes heraus⸗ kommen wird. „(Die Beratung wird geſchloſfen.) Antragſteller Stadtv. Zietſch (Schlußwort): Ich möchte nur noch wenige Worte ſagen, weil ich mich im großen und ganzen dem Antrage des Herrn Kollegen Holz anſchließe und meine Freunde darin derſelben Meinung mit mir ſind. Daß ich einen Vorwurf aus dem Zwiſchenruf des Herrn Kollegen Jolenberg herleiten mußte, davon können mich auch die Ausführungen des Herrn Kollegen Holz nicht abwendig machen. Es iſt ja richtig, juriſtiſch genommen bedeutet das Armenrecht keine Entwürdigung für denjenigen, der nicht in der Lage iſt, einen notwendigen Prozeß aus eigenen Mitteln führen zu können. Aber im Volke denkt man im allgemeinen anders über das Armenrecht, da hat man nicht ein ſo feines Unterſcheidungs vermögen. Zum andern ſind ja auch die Aus⸗ führungen des Herrn Oberbürgermeiſters, der ausdrücklich betont hat, daß das Armenrecht hierfür nicht da iſt und nicht da ſein kann, mit beweiſend dafür, daß ich mit meinem Empfinden auf dem richtigen Wege war. Nicht deswegen war, weil der Herr Oberbürgermeiſter derſelben Anſicht iſt, 147 (Heiterkeit) ſondern wir ſind hier einmal zuf älliger⸗ weiſe zuſammengekommen. Wenn es ſich darum handelt, daß der Wort⸗ laut unſeres Antrags nach der Anſicht des Herrn Oberbürgermeiſters noch eine Undeutlichkeit auf⸗ weiſt, weil das Wörtchen Haftpflicht darin vor⸗ kommt, ſo bin ich gern bereit, das im Ausſchuß durch weitere Ausführungen näher zu erläutern, wie ja überhaupt der Ausſchuß die geeignete Stelle ſein wird, über die Angelegenheit weiter zu ſprechen. Wie der Entwurf aufgebaut und in welche Form nachher der Gedanke gegoſſen werden kann, darüber will ich nicht ſtreiten. Wir verbeißen uns auf nichts, legen uns auch in keiner Beziehung feſt, ſondern wir ſind damit zufrieden, wenn Sie damit einverſtanden ſind, daß überhaupt durch eine Aus⸗ ſchußberatung dieſe Angelegenheit, die eine Lücke auszufüllen berufen iſt, ins Rollen kommt. (Die Verſammlung beſchließt die Uberweiſung des Antrags an einen Ausſchuß von 9 Mitgliedern und wählt zu Außſchußmitgliedern die Stadtver⸗ ordneten Bollmann, Holz, Meyer, Protze, Dr Roth⸗ holz, Schwarz, Dr Stadthagen, Wilt und Zietſch.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 16 der Tages⸗ ordnung: Antrag der Stadtv. Zietſch und Gen. betr. Arbeitsloſenzählung. — Druckſache 46. Der Antrag lautet: Zur Ausführung der am 13. Februar 1909 von den Charlottenburger Gewerkſchaften ge⸗ planten Arbeitsloſenzählung wird an die Ge⸗ werkſchaften Charlottenburgs ein Beitrag von 550 ℳ gewährt. Antragſteller Stadtv. Zietſch: Meine Herren, auch hier kann ich mich ſehr kurz faſſen, und ich will mich um ſo kürzer faſſen, weil ich eben erſt geſprochen und den vorhergehenden Antrag be⸗ gründet habe. Es liegt nur ein Verſehen in der Vollziehung der Unterſchriften vor; ſonſt würde ich überhaupt nicht den Antrag begründen. Der Antrag ſelbſt dürfte ſich ohne weiteres bei Ihnen begründen, da er nur die Konſe⸗ quenz von dem Antrag iſt, welchen Sie in der erſten Sitzung dieſes Jahres einſtimmig angenommen haben. Sie haben in dieſer erſten Sitzung ein⸗ ſtimmig dafür votiert, daß an Stelle des Melde⸗ ſyſtems bei der Arbeitsloſenzählung am 15. Februar das Hausliſtenſyſtem angewendet werden ſoll. Der Magiſtrat, der bei einer andern Gelegenheit — ich kann mich momentan nicht darauf beſinnen, bei welcher es war — es ſchmerzlich empfunden hat, daß die Stadtverordnetenverſammlung einem Be⸗ ſchluſſe, der von ihm einſtimmig gefaßt worden iſt, nicht beigetreten iſt, hat es doch übers Herz gebracht, einem einſtimmig gefaßten Beſchluß der Stadt⸗ verordnetenverſammlung nicht beizutreten. Be⸗ dauerlicherweiſe ſind wir durch einen beſonderen Umſtand in der letzten Sitzung, in der uns dieſe Mitteilung des Magiſtrats gemacht worden iſt, nicht in der Lage geweſen, dazu ſofort das Wort zu ergreifen. Wir würden ſonſt ohne weiteres auf dieſe Stellungnahme des Magiſtrats zu unſerem Antrage eingegangen ſein. Ich erwarte das von der Diskuſſion und bitte Sie, unſern Antrag an⸗ zunehmen. t 7