—— 146 lung von Schöneberg geſtellt worden. In Schöne⸗ berg hat die Stadtverordnetenverſammlung dieſen Antrag angenommen. Soviel ich weiß, hat in der Diskuſſion auch der Herr Oberbürgermeiſter von Schöneberg ſich für dieſen Antrag meiner Freunde ausgeſprochen, ſo daß anzunehmen iſt, daß auch der Magiſtrat von Schöneberg dieſem Antrage beitritt, und wir alſo auch in Schöneberg eine Gemeinde haben, welche für dieſe Zählung den Gewerkſchaften ſtädtiſche Mittel zur Verfügung ſtellt. Sie ſehen alſo, Sie würden damit ebenfalls nicht allein ſtehen. Alle dieſe Gründe zeigen Ihnen, daß die event. Einwände nicht kräftig genug ſein können, um gegen den Antrag zu ſtimmen. Ich bitte Sie daher: nehmen Sie den Antrag an. Stadtv. Dr. Rothholz: Meine Herren, Herr Kollege Dr Borchardt hat mit Recht angenommen, daß der von Herrn Zietſch und ſeinen Kollegen geſtellte Antrag nicht widerſpruchslos Zuſtimmung finden wird. Hier kommt hauptſächlich in Frage, ob der Magiſtrat als ſolcher bzw. die Kommune Berlin und die Vororte die Zählung unternehmen, oder ob es Privatgenoſſenſchaften überlaſſen bleiben ſoll, die Zählung durchzuführen. Das iſt der Kern⸗ punkt der Frage. Sie werden mir recht geben, meine Herren, daß der Magiſtrat von Charlottenburg ſich der Notwendigkeit, Arbeitsloſenzählungen vorzu⸗ nehmen, nicht verſchloſſen hat; er will aber die Arbeitsloſenzählungen nicht bloß vornehmen laſſen beim Vorliegen kriſenhafter Zeiten, ſondern dieſe Zählungen als ſtändige Einrichtungen ein⸗ führen. Beſchreiten wir aber den Weg, den Herr Kollege Dr Borchardt vorgeſchlagen hat, dann werden wir wieder dahin kommen, daß die Zäh⸗ lungen je nach Befinden der Gewerkſchaften vor⸗ genommen werden oder unterbleiben. Sie haben es alle hier in der Stadtverordnetenverſammlung mit Freuden begrüßt, daß es endlich gelungen iſt, ein Zuſammengehen Berlins und der Vororte für die Arbeitsloſenzählungen zu erzielen. Offiziell haben wir keine Kenntnis davon bekommen, meine Herren, daß wegen der privaten Zählung der Gewerkſchaften die Stadt Berlin bzw. Charlotten⸗ burg und die andern Vororte die amtliche Zählung am 17. Februar nicht werden vornehmen laſſen. Ich glaube kaum, daß Charlottenburg von dem Standpunkt abgehen wird, ſeine Zählung am 17. Februar vorzunehmen, denn damit würde das Übereinkommen zwiſchen Berlin und den Vororten gebrochen ſein. Herr Kollege Dr Borchardt hat angeführt, daß das Meldeſyſtem zu vielen Irrtümern Ver⸗ anlaſſung gegeben habe. (Stadtv. Dr Borchardt: Das habe ich nicht!) — Jedenfalls wies er darauf hin, daß die Stadt⸗ verordnetenverſammlung einen Beſchluß gefaßt habe, die ſogenannte hauſierende Zählung vor⸗ nehmen zu laſſen. Meine Herren, dieſer Beſchluß kam in der erſten Verſammlung zuſtande. Ich glaube, wenn damals der Magiſtrat zu Worte gekommen und außerdem der Antrag hier dis⸗ kutiert worden wäre — daß das nicht geſchehen iſt, hat ja auch die ſozialdemokratiſche Partei moniert —, dann wäre es nicht zu einer Annahme des Antrags Hirſch gekommen, zumal wir die Stellungnahme Berlins nicht kannten. Das iſt doch nicht angängig, daß wir uns nun, nachdem wir Vereinbarungen mit Berlin über den Zählungsmodus getroffen haben, abſondern, weil Berlin beſchloſſen hat, für die neue Zählung das alte Meldeſyſtem beizu⸗ behalten. Daß wegen einer beſſern Vergleichbarkeit der Ergebniſſe bei den Zählungen dem Meldeſyſtem vor dem von den Gewerkſchaften vorgeſchlagenen der Vorzug zu geben iſt, dürfte wohl kaum zu leugnen ſein. Wenn Herr Stadtv. Dr Borchardt uns noch mitgeteilt hat, daß event. Schöneberg ſich mit der Zählung der Gewerkſchaften einverſtanden erklärt hat, ſo kann das für uns nicht maßgebend ſein. Für uns handelt es ſich nicht bloß um eine Zählung, ſondern um die Inſtitution der Arbeitsloſen⸗ zählungen. Das iſt für mich ſicher, daß, wenn zwei Zählungen in unmittelbarer Nähe vorgenommen werden, beide ſich gegenſeitig ſchädigen. Deshalb glaube ich nicht, daß es im Intereſſe der Stadt liegt, wenn wir nach dem ſozialdemokratiſchen Antrage den Gewerkſchaften die 550 ℳ bewilligen; vielmehr beantrage ich im Auftrage meiner Fraktion, den Antrag abzulehnen. Stadtv. Zietſch: Es nimmt mich ja nicht wunder, daß Herr Kollege Rothholz in erſter Linie deswegen unſern Antrag ablehnen will, weil dieſer event. eine Unterſtützung der Gewerkſchaften in ſich ſchließt. Herr Kollege Dr Rothholz hat, wie viele ſeiner politiſchen Freunde, ein gewiſſes Vor⸗ urteil gegen die Gewerkſchaften, und er hat das inſofern hier dadurch bekundet, als er ſagte, daß die von den Gewerkſchaften vorgenommene Zählung der Stadt nicht die Möglichkeit der Kontrolle gebe, daß vielleicht die Zählung der Gewerkſchaften nicht ſo zuverläſſig ſei wie eine von der Stadt vor⸗ genommene. — Herr Kollege Dr Rothholz wider⸗ ſpricht mir. Wenn ich mich in meiner Auffaſſung über die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr Roth⸗ holz geirrt habe, ſo ſollte es mich freuen. — Herr Kollege Rothholz hätte auch gar nicht zu dieſer Auffaſſung kommen können, wenn er gewußt hätte — was er doch wiſſen konnte —, daß mit Hilfe der Gewerkſchaften ſchon früher in Char⸗ lottenburg Zählungen von Haus zu Haus vor⸗ genommen worden ſind. Die Zuverläſſigkeit der Gewerkſchaften iſt in dieſer Beziehung ohne weiteres anerkannt worden Selbſt innerhalb des Charlotten⸗ burger Magiſtrats befindet ſich beſtimmt ein Herr, der die Korrektheit der Zählungen durch die Ge⸗ werkſchaft, den Fleiß und die Gewiſſenhaftigkeit der letzteren bei dieſen Arbeiten anerkannt hat. Herr Kollege Dr Rothholz irrt auch darin, wenn er meint, daß dadurch, daß ſich die Stadt auf die Arbeitsloſenzählung der Gewerkſchaften ver⸗ läßt, von dem Wege der ſyſtematiſchen Arbeits⸗ loſenzählung, alſo der periodiſch vorzunehmenden Zählung abgegangen werden könnte, weil die Vor⸗ nahme der Arbeitsloſenzählungen dann mehr oder weniger in den guten Willen der Gewerkſchaften geſtellt ſein würde. Herr Kollege Rothholz unterſchätzt da zweifellos den Ernſt der Gewerk⸗ ſchaften den Arbeitsloſenzählungen gegen⸗ über. Die Gewerkſchaften würden ſich ſchwer hüten und ſich auch dagegen verwahren, in den Verruf zu kommen, mit den Arbeitsloſen⸗ zählungen irgendwelches parteipolitiſche oder ſonſtige — wie ſoll ich ſagen? — Prinzipienſpiel treiben zu wollen. Die Gewerkſchaften würden auch dann an den Arbeitsloſenzählungen teil⸗ nehmen, wenn dieſelben erſt einmal periodiſch vor⸗ genommen werden, wenn dieſelben auch nicht nach dem von ihnen gewünſchten Modus ſtattfinden