47 würden, wenn den Arbeitern vom Magiſtrat und verordnetenverhandlungen in Schöneberg ver⸗ der Stadtverwaltung nur die Gewißheit gegeben werden könnte und würde, daß bei dieſen Arbeits⸗ loſenzählungen überhaupt etwas Praktiſches für die Arbeitsloſen herauskommt. Bisher iſt das nicht der Fall geweſen. Wie geſagt, ein Spielen mit den Arbeitsloſenzählungen liegt den Gewerk⸗ ſchaften völlig fern. Ich kann da ohne weiteres im Namen der Charlottenburger Gewerkſchaften ſprechen, weil ich mitten im gewerkſchaftlichen Leben ſtehe. Wenn wir insbeſondere jetzt gegen dieſes Meldeſyſtem bei den Arbeitsloſenzählungen ſind, ſo ſind wir das aus der einfachen Erwägung heraus, weil dieſes Meldeſyſtem bei den Arbeitsloſen⸗ zählungen, die bis jetzt ſtattgefunden haben — die übrigens auch keine periodiſchen Zählungen geweſen ſind, ſondern es ſind erſt zwei Zählungen vor⸗ genommen worden, und wir wiſſen gar nicht, ob noch weitere auf Grund des Meldeſyſtems folgen werden —, ein richtiges Ergebnis nicht ergeben hat. Wir haben uns in der gemiſchten Deputation über den Zweck der Arbeitsloſenzählungen meiner Anſicht nach zur Genüge unterhalten, und ich ſtimmte auch da Herrn Stadtrat Jaſtrow bei, daß es ſich in erſter Linie darum handeln müſſe, periodiſche Arbeitsloſenzählungen vorzunehmen; ſie müßten aber einen 3weck und ein Ziel ins Auge faſſen und einen greifbaren Nutzen für die Arbeitsloſen haben. Wenn wir jetzt nicht mehr für das Meldeſyſtem ſind, wenn die Gewerkſchaften ſagen: wir ver⸗ ſprechen uns von Arbeitsloſenzählungen auf Grund des Meldeſyſtems nichts, denn es handelt ſich jetzt nicht um periodiſche Arbeitsloſenzählungen, ſondern um Zählungen, die vorgenommen werden zuzeiten gewerblicher Kriſen, und die nur denZweck haben, die außerordentliche Arbeitsloſigkeit feſtzuſtellen —, ſo iſt das klar. Auf Grund des Meldeſyſtems iſt der Umfang der Arbeitsloſigkeit gar nicht zu erfaſſen, weil gegen dieſes Verfahren die Arbeiter gewiſſe Bedenken haben, die vielleicht nicht immer gerechtfertigt ſind; ſie glauben, irgendwelcher Kontrolle unterworfen zu ſein, die irgendwelche Schädigung für ſie mit ſich bringen könnte. überhaupt einmal in einwandfreier Weiſe den Umfang der Arbeitsloſigkeit feſtzuſtellen, wünſchen wir, daß das Hausliſtenzählungsverfahren An⸗ wendung findet, damit einmal wirklich in einwand⸗ freier Weiſe der große Umfang der Arbeitsloſigkeit feſtgeſtellt wird. Die Arbeiter haben zu dieſem Zählverfahren, wie ich vorhin ſchon ſagte, das meiſte Vertrauen, und es beſteht gar kein Zweifel daran, daß, wenn auf Grund des Hausliſten⸗ ſyſtems gezählt wird — was ja ohne weiteres der Fall ſein wird; ob mit Ihrer Hilfe oder ohne Ihre Hilfe, das iſt eine Frage, die in zweiter Linie kommt, namentlich für uns in zweiter Linie kommt — daß dann ein anderes Ergebnis erzielt wird, als die Zählung im November ergab. Sie haben wiederholt betont, etwas für die Arbeitsloſen tun zu wollen. Sie werden um ſo mehr für die Arbeitsloſen etwas zu tun bereit ſein, wenn Ihnen die volle Zahl der Arbeitsloſen zur Gewißheit geworden iſt. Auf Grund des Melde⸗ ſyſtems geht das unſerer Auffaſſung nach nicht, das Hausliſtenſyſtem iſt das geeignetere dafür. Daß man unſere Auffaſſung darüber durchaus nicht als eine ſpezielle ſozialdemokratiſche Partei⸗ ſache zu betrachten braucht, hat Ihnen mein Freund Borchardt ſchon angeführt, indem er auf die Stadt⸗ Weil uns aber daran liegt, Erwägungen, wieſen hat. Herr Kollege Borchardt hat auch geſagt, daß der Oberbürgermeiſter von Schöneberg einen für die Gewerkſchaften ſehr günſtigen Standpunkt eingenommen hat; dieſer Herr hat nicht nur für die Gewerkſchaften plädiert, ſondern auch für das Hausliſtenzählſyſtem, und er hat ſich gegen das Meldeſyſtem überhaupt gewendet. Er hat nach dem Berichte der Parteipreſſe geſagt: Nach den uns zugegangenen Berichten hat die Zählung nach dem Meldeſyſtem abſolut keinen Wert, die Zahlen bieten uns keinen An⸗ halt uſw., und er iſt dafür, daß das Meldeſyſtem⸗ verfahren in Schöneberg überhaupt nicht mehr an⸗ gewendet wird. Dann ſagte der Schöneberger Oberbürgermeiſter: Wir können eine Zählung von Haus zu Haus nur mit Hilfe der Gewerk⸗ ſchaften vornehmen. Die ge⸗ werkſchaftlichen Organiſatio⸗ nen ſind uns anſcheinend ziem⸗ lich fremd, aber wir dürfen dieſelben nicht unterſchätzen. (Stadtv. Hirſch: Hört, hört!) ſagte ferner: In Wahrheit ſind die Ge⸗ werkſchaften der Mittelpunkt des wirtſchaftlichen Lebens, ſie haben eine große Bedeu⸗ tung, (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten) ohne ſie oder gegen ſie kann et was Durchgreifendes in den Arbeiterfragen nicht unter⸗ nommen werden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) In Charlottenburg ſtehen Sie ja auf dem Stand⸗ punkt, daß Charlottenburg, ſo gut wie Deutſchland das erſte Land iſt, das in bezug auf ſoziale Re⸗ formen an der Spitze aller Länder marſchiert, die Stadt in Deutſchland iſt, die in ſozialpolitiſcher Betätigung in der Reihe der Städte an der Spitze marſchiert. Schöneberg hat Charlottenburg in dieſer Frage und auch in andern Fällen bei weitem überholt, (ſehr gut! bei den Sozialdemokraten) und durch dieſe Rede des Oberbürgermeiſters von Schöneberg ſind Sie mit Ihrer ſelbſtgerühmten ſozialen Fürſorge und Ihrem anſcheinenden Ver⸗ ſtändnis für Arbeiterfragen tief in den Schatten geſtellt worden. (Widerſpruch bei den Liberalen.) — Auch Sie, Herr Dr Rothholz! Schöneberg iſt ja auch auf andern Gebieten fortſchrittlicher geweſen als Charlottenburg. Dadurch, daß Schöneberg den Kordon von Groß⸗Berlin ohne weiteres durchbricht, hat die Arbeitsloſenzählung für Groß⸗Berlin nicht mehr die Bedeutung, die Sie vielleicht darin ſuchen, daß Groß⸗Berlin dieſe Zählung in einheitlicher Weiſe ausführt. Außer Schöneberg werden auch noch andere Gemeinden, die die erſte Zählung mit⸗ gemacht haben, ſich nicht an der zweiten Zählung beteiligen — nicht aus den weitſichtigen die der Oberbürgermeiſter von Schöneberg zum Ausdruck gebracht hat, ſondern aus Betrachtungen mehr reaktionärer Natur heraus. Aber nachdem der Ring von Groß⸗Berlin durch Schöneberg durchbrochen iſt, brauchen Sie ſich nicht Und er