—— 48 — der Hoffnung hinzugeben, daß die amtliche Arbeits⸗ loſenzählung von Groß⸗Berlin einen unantaſtbaren Wert hat. Wenn Sie etwas für die Arbeitsloſen tun wollen, müßte es Ihnen in erſter Linie darauf ankommen, die wirklich e Zahl der Arbeitsloſen zu erfahren. Hier bietet ſich Ihnen die Gelegenheit dazu. Es kommt Ihnen billig genug! Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, die Angelegenheit iſt durch die Herren Vorredner auf Gebiete getrieben worden, die wir hier gar nicht näher hätten zu erörtern brauchen. Die Sache liegt eben einfach ſo: am 17. Februar findet eine Arbeits⸗ loſenzählung ſtatt nach einem Prinzip, das durch das Einvernehmen von verſchiedenen Kommunen Groß⸗Berlins feſtgeſtellt worden iſt. Ob dieſes Prinzip richtig iſt oder nicht, das können wir heute ganz beiſeite laſſen. Die Sache iſt nun einmal für Groß⸗Berlin geregelt: es wird nach einem einheit⸗ lichen Verfahren gehandelt, nach demſelben Ver⸗ fahren, nach dem bei der Arbeitsloſenzählung im November verfahren worden iſt. Nun trauen die Gewerkſchaften dieſem Ver⸗ fahren nicht, ſie wollen ihrerſeits ein anderes Ver⸗ fahren einſchlagen und dafür eine Unterſtützung von der Stadt haben. Meine Herren, wir würden aber in unſer eigenes Fleiſch ſchneiden, wenn wir für eine neben der offiziellen Arbeitsloſenzählung ein⸗ hergehende Zählung eine Unterſtützung gewähren wollten. (Stadtv. Dr Rothholz: Ganz recht!) Wir haben alles Intereſſe daran, daß die Zählung der Arbeitsloſen ein möglichſt vollkommenes Bild gibt. Auch die Gewerkſchaften haben — das ſage ich den Herren Kollegen Hirſch und Zietſch — alles Intereſſe daran, daß bei dieſer Zählung wirklich alle Arbeitsloſen erſcheinen, und ich bitte Sie, in Ihren Kreiſen dahin zu wirken, daß die wirklichen Arbeitsloſen an die Zählſtellen hingehen und ſich melden. Wenn Sie wirklich eine klare Arbeits⸗ loſenzählung haben wollen, dann haben Sie die Pflicht, dafür zu ſorgen. Wenn Sie Ihrerſeits auch noch eine Arbeits⸗ loſenzählung veranſtalten wollen, dann können Sie g das tun; machen Sie ſie aber an einem andern Tage, zu einer andern Zeit! Ob dann die Stadt noch in die Lage kommt, eine Unterſtützung zu gewähren, das ſei dahingeſtellt. Eine Zählung an demſelben Tage und zu gleicher Zeit iſt direkt eine Kontre⸗ karrierung der ſtädtiſchen Zählung. Ich möchte erſtens die Stadtverordnetenverſammlung bitten, den Antrag abzulehnen, und zweitens die Herren von der äußerſten Linken bitten, ihren Einfluß geltend zu machen, daß die Arbeitsloſenzählung am 17. Februar ein möglichſt klares Bild gibt. Stadtv. Dr. Rothholz: Meine Herren, ich wundere mich nicht, daß Herr Zietſch die Stadt⸗ verordneten von Charlottenburg für rückſtändig anſieht, wenn ſie einem von ihm geſtellten Antrage nicht ſtattgeben. Das gehört zur Kampfesweiſe der Herren der äußerſten Linken. Aber ich möchte doch die Herren fragen, ob ſie genau wiſſen, welche Reſultate die hauſierende Zählung zeitigt. Es iſt ja noch gar nicht ausgemacht, ob auch eine ſolche Zählung zu denſelben Ergebniſſen kommt wie eine nach dem Meldeſyſtem. Man kann ſich doch, wenn eine Zählung vorgenommen iſt, deren Reſultat den Herren von den Gewerkſchaften mißfällt, ihrer Forderung nicht anſchließen: das alte Syſtem ſtoßen wir um, wir wollen nun ein neues einführen. Das eine iſt ſicher, ſowohl die Zählung nach dem Meldeſyſtem wie die nach dem hauſierenden Syſtem bleiben in der Hauptſache eine Enquete; wenn man die Arbeitsloſigkeit in einer Stadt feſt⸗ ſtellen will, muß man nicht nur die arbeitsloſen Arbeiter, ſondern alle Arbeiter zählen; dadurch erſt würde man ein richtiges Bild über den Grad der Arbeitsloſigkeit in einer Kommune bekommen. Ich kann nur meine Bitte wiederholen, den Antrag, 550 ℳ für die Gewerkſchaften zu bewilligen, ab⸗ zulehnen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, Herr Dr Roth⸗ holz hat gefragt, welche Reſultate die hauſierende Arbeitsloſenzählung zeitigt. Das wiſſen wir natür⸗ lich nicht. Wenn wir es wüßten, dann brauch⸗ ten wir ja überhaupt keine Zählung vorzunehmen. Solche Fragen wollen wir doch hier nicht auf⸗ werfen. Herr Dr Rothholz ſcheint überhaupt auf dem Standpunkt zu ſtehen, als ob wir die Zählungen nur vornehmen, weil wir mit dem Ergebnis der bisherigen Zählungen nicht zufrieden ſind, als ob es ſich lediglich um agitatoriſche Momente handelt. Meine Herren, wer auf dieſem Standpunkt ſteht, der hat die Bedeutung der Arbeitsloſenzählung überhaupt nicht begriffen und muß natürlich zu dem verkehrten Reſultat kommen, daß er unſern Antrag ablehnt. Wir nehmen die Zählung ja nicht deswegen vor, weil uns die vorigen Reſultate nicht gefallen haben, ſondern wir haben bereits damals im voraus geſagt, daß bei der Zählung nach dem Meldeſyſtem unmöglich etwas Richtiges heraus⸗ kommen kann. Wenn Sie ſo freundlich ſind, einen Vergleich zu ziehen zwiſchen den Summen, die von den verſchiedenen Gewerkſchaften an Arbeitsloſen⸗ unterſtützung ausgezahlt ſind, und der Zahl der Arbeitsloſen an dem Tage, an dem die letzte Zählung ſtattfand, auf der einen Seite und der Zahl der Arbeitsloſen, die durch die Zählung nach dem Meldeſyſtem ermittelt ſind, auf der andern Seite, dann werden Sie zugeben müſſen, daß die Zählun⸗ en nach dem Meldeſyſtem abſolut keinen Zweck haben. Das iſt der Grund, warum wir vorſchlagen, einen andern Weg zu wählen. Nun macht ſich Herr Kollege Stadthagen die Sache allerdings furchtbar leicht und ſagt: die Sache liegt einfach ſo, daß am 17. eine Zählung nach einem beſtimmten Syſtem ſtattfindet, und daß wir uns daran beteiligen müſſen. So liegt eben die Sache nicht. Sie haben dazwiſchen etwas ver⸗ geſſen: nämlich daß wir in der Stadtverordneten⸗ verſammlung einſtimmig (Stadtv. Stadthagen: Nicht einſtimmig!) — einſtimmig! — (Zuruf: Gegen eine Stimme!) — na, alſo gegen die Stimme des Herrn Stadthagen, das iſt möglich; (Heiterkeit und Zuruf) ich gebe ja zu, daß Ihre Stimme ſoviel wiegt wie viele andere — (Heiterkeit) — jedenfalls mit überwiegender Mehrheit den Antrag angenommen haben, der dahin geht, daß die nächſte Zählung nach dem hauſierenden Syſtem erfolgen ſoll. Der Magiſtrat iſt dieſem ziemlich einſtimmig gefaßten Beſchluß der Stadtverordneten⸗ verſammlung nicht beigetreten. Das hat nun Herr Kollege Stadthagen vergeſſen. Hier liegt