49 alſo eine Willensmeinung der Stadtverordneten⸗ der doch keineswegs ohne Bedeutung und ohne verſammlung vor, daß eine hauſierende Zählung erfolgt. Ich kann doch nicht annehmen, daß Sie nur deswegen ohne Debatte für den Antrag ge⸗ ſtimmt haben, weil Sie fürchteten, daß Ihnen das Eſſen kalt würde; (Heiterkeit) ich nehme an, daß Sie aus voller Überzeugng für den Antrag geſtimmt haben. Sollte das nicht der Fall ſein, dann würde ich die Verſammlung aller⸗ dings vollkommen überſchätzt haben. (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Das hat Herr Kollege Stadthagen vergeſſen, daß ein Beſchluß der Stadtverordnetenverſammlung da⸗ zwiſchen liegt. Wenn man nun auf dem Standpunkt ſteht, daß dieſe Zählungen keinen Zweck haben, dann ſoll man von ihnen Abſtand nehmen. Es würde weiter nichts herauskommen, als daß man einen Vergleich ziehen kann zwiſchen den Ergebniſſen der vorigen und dieſer Zählung. Aber dieſer Ver⸗ gleich würde vollkommen hinken; denn jeder, der mit den Zählungen zu tun hat, wird zugeben, daß ſie ohne Mithilfe der organiſierten Arbeiter⸗ ſchaft nicht vorgenommen werden können. Wenn Sie jetzt die Zählung vornehmen, würden Sie das Geld hinauswerfen; Sie würden Reſultate be⸗ kommen, die wahrſcheinlich von dem Statiſtiſchen Amt ſelber als unrichtig bezeichnet werden dürfen. Deshalb ſparen Sie das Geld! Es kommt nicht auf die paar Mark an — denn die bringen die Ar⸗ beiter, wenn es not tut, doppelt und dreifach allein auf —, ſondern es kommt darauf an, zu dokumen⸗ tieren, daß die Stadtverordnetenverſammlung einen Beſchluß, den ſie — nehmen wir an — in voller Erkenntnis ſeiner Tragweite gefaßt hat, auch aus⸗ führt und konſequent auf dem einmal betretenen Wege fortſchreitet. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, ich wollte bloß eine kurze Bemerkung machen — oder vielmehr zwei kurze Bemerkungen. (Heiterkeit — Zuruf: Oder drei!) Herr Kollege Dr Stadthagen widerſprach der Behauptung des Herrn Kollegen Hirſch, daß der Beſchluß, um den es ſich hier handelt, einſtimmig gefaßt iſt. Meine Herren, mir liegt der ſteno⸗ graphiſche Bericht im Moment nicht vor, und ich weiß daher nicht, ob die Einſtimmigkeit konſtatiert worden iſt. Aber ganz gleichgültig, ob einſtimmig oder nicht, das iſt zweifellos, daß der Beſchluß mit einer überwältigenden Mehrheit gefaßt iſt, und Herr Kollege Dr Stadthagen erlaubt ſich da den Zwiſchen⸗ ruf zu machen: „Aus Verſehen!“ Meine Herren, Herr Kollege Stadthagen beſtreitet die Einſtimmig⸗ keit. Danach kann ich wohl annehmen, daß er ſelbſt gegen den Antrag damals geſtimmt hat, vielleicht war er der einzige, vielleicht waren auch noch einige Kollegen dabei. Aber, wenn Herr Kollege Stadt⸗ hagen dagegen geſtimmt hat, ſo hat er doch mit wohlerwogener Abſicht dagegen geſtimmt. Wie kommt er denn dazu, den andern Herren, die dafür geſtimmt haben, unterzuſchieben, ſie haben aus Verſehen dafür geſtimmt? Ich kann Herrn Kollegen Stadthagen verſichern, daß zum mindeſten bei mei⸗ nen Freunden es ſich nicht um irgendein Verſehen gehandelt hat, und daß ich auch gar nicht annehme, daß irgendeiner der andern Herren es mit der Pflicht ſeiner Abſtimmung derartig lax nimmt, daß er ſo aus Verſehen Ja ſagt bei einem Beſchluß, Tragweite iſt. — Ich möchte noch aus dem Steno⸗ gramm der vorigen Sitzung, das mir inzwiſchen überreicht worden iſt, konſtatieren, daß auch von dem Herrn Vorſteher feſtgeſtellt iſt, daß an⸗ ſcheinend einſtimmig der Beſchluß an⸗ genommen iſt, ſo daß es ſich alſo nur um ſehr wenige handeln kann, die nicht dafür geſtimmt haben. Dieſe eine Bemerkung wollte ich gegenüber dem Zwiſchenruf des Herrn Kollegen Stadthagen machen, daß hier ein Beſchluß wohl nur „aus Ver⸗ ſehen“ gefaßt worden iſt, obwohl ich allerdings erwartet hatte, daß von der Mehrheitspartei, die damals dafür geſtimmt hat, irgend jemend dieſen Zwiſchenruf zurückgewieſen hätte. Wenn das nicht geſchieht, dann könnte man ja beinahe ſogar annehmen, daß Herr Kollege Stadthagen recht hat, was ich bisher eben nicht annehmen kann. Und zweitens, meine Herren, wollte ich mir noch eine Bemerkung geſtatten. Herrn Kollegen Dr Rothholz entfuhr die Wendung: „die Reſultate der nach dem Meldeſyſtem vorgenommenen Zählun⸗ gen gefallen Ihnen nicht“, ſo daß das dann ein Grund ſein ſollte, weswegen nun von den Gewerk⸗ ſchaften eine Zählung nach einem andern Syſtem vorgenommen wird. Meine Herren, ſoweit es ſich um die Begründung handelt, daß eine andere Zählung von den Gewerkſchaften jetzt vorgenommen wird, hat Herr Kollege Hirſch vorhin auf dieſe Ausführungen des Herrn Kollegen Rothholz er⸗ widert. Ich möchte dieſe Wendung des Herrn Kollegen Rothholz nur unterſtreichen, weil aus ihr hervorzugehen ſcheint, daß Herr Kollege Rothholz die Reſultate der nach dem Meldeſyſtem erhaltenen Zählungen als vollwertige Reſultate anſieht, die ein Bild von der Arbeitsloſigkeit geben; ſonſt könnte Herr Kollege Rothholz doch nicht zu dem Ausſpruch kommen: Ihnen gefallen die Reſultate nicht. Zum mindeſten klingt das genau ſo, als ob derjenige, der dieſen Ausdruck gebraucht, ſelbſt die Überzeu⸗ gung hat: „hier haben wir ein Reſultat, das ein Bild der Arbeitsloſigkeit gibt, und weil dieſes Bild derartig iſt, daß die Arbeitsloſigkeit außerordentlich gering iſt, deshalb ſind wir ſogar außerordentlich zufrieden.“ Und das, meine Herren, iſt einer der Gründe mit, die die Gewerkſchaften dazu bewogen haben, auf der wirklichen Zählung zu beſtehen. Das Re⸗ ſultat, das nach dem Meldeſyſtem nur zuſtande kommen kann, wird eben benutzt — ich will nicht ſagen: in böswilliger Abſicht, ſondern: wird benutzt von Leuten, die glauben, daß dieſes Reſultat auch das wirkliche Bild der Arbeitsloſigkeit bietet, um ſich dann der Verpflichtung zu entziehen, gegen die Arbeitsloſigkeit etwas zu tun, indem ſie darauf hinweiſen: „ſeht, wir haben ja gar keine ſo große Arbeitsloſigkeit!“ Daß auch Herr Kollege Roth⸗ holz zu dieſen Leuten gehört, das bedaure ich. Herr Kollege Rotholz ſollte doch ſehr wohl wiſſen, daß dieſes Syſtem eben ein wirkliches Bild der Arbeitsloſigkeit gar nicht ergeben hat und gar nicht ergeben konnte; er ſollte es um ſo mehr wiſſen, als, wenn ich nicht irre, Herr Kollege Rothholz in der früheren Sitzung zu denen gehört hat, die f ür das hauſierende Syſtem geſtimmt haben. Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Es iſt der Antrag auf Schluß der Beratung geſtellt; er bedarf der Unterſtützung von zehn Mitgliedern.